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Schulessen Empörung über kalte Küchen in Magdeburg

Der Magdeburger Stadtrat fordert die sofortige Versorgung von rund 8000 bedürftigen Kindern mit warmem Mittagessen.

Von Katja Tessnow 27.01.2021, 00:01

Magdeburg l Was Leipzig kann, muss auch Magdeburg hinbekommen. Kita-Kinder und Schüler, die Anspruch auf kostenloses Schulessen haben, sollen auch während der Pandemie mit einem warmen Mittagstisch versorgt werden. Das hat der Stadtrat in seiner Sitzung am 25. Januar 2021 beschlossen.

In vielen Großküchen, die außerhalb der Pandemie Schul- oder Kita-Kinder mit Essen versorgen, bleiben dieser Tage die Herde kalt. Das muss nicht sein, sagt die Linke im Rat und fordert von der Verwaltung, mindestens die Versorgung der rund 8000 Mädchen und Jungen aus Familien mit geringem Einkommen, die außerhalb der Pandemie Anspruch auf kostenlose Kita- und Schulspeisung haben, auch jetzt über Großküchen zu versorgen.

„Das Thema ist mir sehr wichtig“, appelliert Nadja Lösch (Linke) an den Rat, möglichst sofort einen positiven Beschluss zu fassen und die Sache nicht noch einmal zur Beratung in die Ausschüsse zu vertagen. „Wir haben Signale, dass viele Kinder im Moment kein warmes Mittagessen bekommen. Wir haben jetzt die Pandemie. Wir haben jetzt Kinder, die zu Hause nicht versorgt werden. Leipzig macht es vor. Warum soll es in Magdeburg nicht gehen?“

Die Sozialbeigeordnete Simone Borris (parteileilos) erkennt das Problem an, erachtet ihr Dezernat aber, „so sehr ich dafür wäre“, als überfordert mit der Aufgabe. Zwar hätten die 30 mit der Schul- und Kita-Versorgung befassten Großküchen ihre Bereitschaft zum Kochen erklärt, jedoch nicht die zur Lieferung bis in die Familien hinein. „Wie sollen wir das regeln? Dass das Essen in den Einrichtungen abgeholt wird, ist sicher nicht zuträglich in dieser pandemischen Lage“, so Borris.

Lösch akzeptiert das Argument nicht: „Es geht um 8000 Essen und wir haben sehr viele Lieferdienste in der Stadt.“ Auch auf ehrenamtliche Helfer könne zurückgegriffen werden. Löschs Fraktionskollegin Anke Jäger bringt noch einen anderen Punkt zur Sprache. „Es gibt Signale von Anbietern, die sehr gerne kochen würden, aber aktuell keine Abnehmer haben. Und die Kinder sitzen ohne Essen zu Hause, obwohl das Geld zu ihrer Versorgung vom Bund bereitgestellt wird. Diese Interessen müssen wir zusammenbringen.“

„Ich traue den Eltern durchaus zu, ihre Kinder zu Hause zu versorgen“, interveniert CDU-Fraktionschef Wigbert Schwenke und sieht sich – unabhängig vom Vertrauen in die Familien – viel Widerspruch ausgesetzt. Räte von SPD, Grünen, future!, Tierschutzlagern, Gartenpartei und FDP sprechen sich sämtlich für eine schnelle Lösung aus und verweisen neben Leipzig auf zahlreiche weitere Städte, die eine Versorgung sozial benachteiligter Kinder auch im Homeschooling schon längst in den Griff bekommen hätten.

„Ich bin sehr dafür, dass das gemacht wird. Vielleicht kann die Bundeswehr zur Hilfe angefordert werden“, regt Evelin Schulz (Tierschutzpartei) an. „Ich unterstütze das Anliegen total“, sagt auch Julia Mayer-Buch (Grüne) und dass für sie auch eine zeitlich gut sortierte Abholung an den Schulen durchaus denkbar wäre. „In Leipzig hat die Stadt einfach Anbieter gelistet. Die Eltern wenden sich direkt dahin, die Anbieter liefern und rechnen bei der Stadt ab“, erklärt Roland Zander (Gartenpartei). Das Kostenargument wolle er in dieser Debatte nicht hören, „wenn es ums Essen für Kinder geht“.

Auch Lydia Hüskens (FDP) empfiehlt der Verwaltung den Blick in andere Städte, verweist auf einfache Regelungen und sagt: „Wir brauchen keinen großen logistischen Aufwand zu befürchten. Vielleicht liefern nicht alle Anbieter, dann springen eben andere ein, vielleicht auch solche, die sonst keine Schulen versorgen.“

„Es ist eigentlich sehr traurig, dass wir das bis heute nicht hinbekommen haben und es dazu erst diesen Antrag braucht“, bringt Stephan Bublitz (future!) die Haltung vieler Stadträte auf den Punkt.

Bei einigen Gegenstimmen und Enthaltungen (CDU, AfD) beauftragt eine große Ratsmehrheit die Verwaltung, die Versorgung bedürftiger Kinder mit warmem Mittagessen möglichst umgehend zu organisieren. Die Umsetzung obliegt nun dem Sozialdezernat.