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Social Media Magdeburger als Blogger im Internet aktiv

Auch in Magdeburg leben Frauen und Männer, die seit Jahren als Blogger aktiv im Internet unterwegs sind. Ein Besuch:

Von Franziska Ellrich 09.09.2017, 01:01

Magdeburg l In ihrem berühmtesten Video spricht Susan Nowaczyk vom Stechen im Unterleib und unzähligen Toilettengängen an dem Tag, an dem ihre Wehen einsetzten. Die 26-Jährige beschreibt darin ganz ehrlich und ungeschönt, wie die Geburt ihres Sohnes Elias ablief, wie viel Schmerz und wie viel stundenlange Ausdauer mit einem der schönsten Momente ihres Lebens verbunden war.

Mehr als 8900 Mal wurde dieses Video im Internet aufgerufen. Im April 2016 hat die junge Mutter ihren Blog auf dem Videoportal Youtube gestartet. Seitdem lässt sie die Welt dabei sein, wenn sie Geburtstagsgeschenke für ihre beiden Kinder aussucht oder die Küche ihres eigenen Hauses plant.

Es sind bewegende Momente, wenn Susan Nowaczyk in die Kamera blickt und mit strahlenden Augen vom positiven Ergebnis ihres Schwangerschaftstests berichtet oder erklärt, warum sie ihren Sohn einfach nicht stillen kann. Der Name ihres Blogs: „Nichtnocheinmamiblog“.

Als Susan Nowaczyk vor zwei Jahren ihr Fernstudium zur Social Media Managerin beginnt, steht für sie fest: „Ich wollte mich mit einem Blog selbst ausprobieren.“ Unter Social Media versteht man all die digitalen Medien, mit denen sich heute Nutzer im Internet austauschen und vernetzen. Ein Internet-Blog ist eine Art öffentliches Tagebuch, in dem sich die Verfasser den verschiedensten Themen widmen.

Dass es in Susan Nowaczyks Blog um ihre eigene Familie, ihren Alltag als Zweifach-Mama gehen soll, war sofort klar. Die wichtigste Voraussetzung für ihr Video-Tagebuch: „Ich erzähle einfach unglaublich gerne“, sagt Susan Nowaczyk. Und wenn sie heute Aufnahmen zu einem bestimmten Thema wie dem neuen Lieblingsbuch ihrer Kinder online stellt, gibt es 1456 Abonnenten ihres Kanals, die sofort darüber informiert werden wollen.

Doch es gehen nicht nur Themenvideos von der 26-Jährigen online, sondern auch Szenen aus ihrem Alltag, bei denen sie die Kamera einfach mitlaufen lässt. Jeder der will, kann beim Wocheneinkauf der Familie Nowaczyk dabei sein oder beim Füttern von Sohn Elias.

Doch was so leicht aussieht, verlangt eine Menge Arbeit. Für eine Stunde, in der die Bloggerin die Kamera laufen lässt, muss sie das Vierfache an Zeit rechnen, um das Video zu schneiden, zu bearbeiten, zu gestalten.

Was Susan Nowaczyk heute beim Dreh anders macht: Ihre fünf Jahre alte Tochter Emmi ist nur noch nebenher zu sehen. Emmi soll nicht mehr wie anfangs direkt in die Kamera sprechen, erklärt ihre Mama, nicht der „Star des Videos“ sein. Die kleine Emmi hatte anfangs gesehen, wie ihre Mama sich filmt und wollte dabei sein, einmal hat sie sogar selbst ihr aktuelles Lieblingsbuch den Nutzern vorgestellt. Solche Videos hat Susan Nowaczyk mittlerweile gelöscht. „Danke Youtube, dass das möglich ist“, erklärt die studierte Kulturwissenschaftlerin mit einem Schmunzeln.

Für die Zweifach-Mama steht fest: „Sollten Emmi oder Elias eines Tages zu mir kommen und mir erklären, dass sie nicht wollen, dass die Videos im Netz bleiben, dann lösche ich sie sofort.“

Doch dass Susan Nowaczyk nie mehr ganz aus dem Internet verschwinden kann, ist ihr bewusst. Die 26-Jährige erzählt von einer Fan-Seite auf der Foto-Plattform Instagram. Von einem komischen Gefühl, als plötzlich ein junges, fremdes Mädchen ihr schrieb, wie lieb sie Susan Nowaczyk habe. „Da habe ich gesehen, wie schnell Fotos von mir durch andere gespeichert werden können“, sagt die Bloggerin und macht deutlich: „Aber das ist unsere Generation, wir gehen einfach anders damit um.“

Auf Instagram ist die Bloggerin auch aktiv. Viele, die sich auf ihrem Youtube-Kanal ein Video ansehen, „kommen von Instagram“. Das heißt, sie klicken dort neben den Fotos von Susan auf den entsprechenden Link – um mehr zu erfahren. Ihre ganz persönlichen Daten behält Susan Nowaczyk allerdings für sich – Adresse und Co. würden niemanden etwas angehen. Welche Fliesen sich Susan und ihr Mann dieser Tage für ihr eigenes Haus aussuchen, darf jeder hautnah miterleben.

Während sich Susan Nowaczyks erste Videos vor allem um den Alltag mit zwei kleinen Kindern drehen, rückt jetzt der Hausbau in den Vordergrund. „Ich freue mich schon, wenn wir uns im neuen Haus angucken können, wie alles begann“, so die 26-Jährige. Die Videos sind für sie auch Erinnerungen. Erinnerungen, an denen alle teilhaben können.

Zwei bis drei Filme veröffentlicht die Bloggerin pro Monat, hinterlegt mit Musik, Grafiken, hübschen Schriftzügen und manchmal sogar extra vertont. Alles wirkt sehr professionell. „Ich achte sehr auf Optik und Qualität“, erklärt die Magdeburgerin. Ästhetik sei ihr entscheidender Maßstab.

Bei ihren Followern, also ihren Abonnenten und Fans, kommt das offensichtlich gut an. Einige sind wie gute Bekannte und Fragen jeglicher Art laufen bei der Bloggerin auf. Ihre Zuschauer wollen dann wissen, wie viel Eigenanteil sie und ihr Mann zum Beispiel beim Hausbau investiert haben. „Ich spreche dann offen von meinen Erfahrungen, aber gebe auch immer wieder mit auf den Weg: Ich bin kein Fachmann“, sagt Susan Nowaczyk. Vielleicht nicht in puncto Kredit, aber ganz sicher in Sachen Bloggen und Mediennutzung.

Die 26-Jährige findet, Kinder sollten von klein auf lernen, wie man mit Medien richtig umgeht, „um zu verstehen, was man ernst nehmen darf und was nicht“. Die Zweifach-Mama spricht von den glanzvollen Instagram-Fotos, auf denen immer alles perfekt aussehe. „Das ist aber nur ein kleiner Ausschnitt vom Leben und längst nicht die ganze Wahrheit.“

Auf vielen dieser Fotos tragen junge Menschen teure Taschen, hippe Schuhe und laufen durch die Straßen von New York oder Paris. Neben den Fotos sind die Marken und Modelle ihrer Kleidung vermerkt und mit einem Klick wird man direkt auf den Onlineshop des Anbieters weitergeleitet. Immer mehr Konzerne nutzen diesen Weg, um mit Hilfe der sogenannten Influencer für ihre Produkte zu werben.

Susan Nowaczyk will ihre Leidenschaft unbedingt zum Beruf machen – und Firmen in genau diesem Punkt beraten. Heute verdient die Bloggerin kaum Geld mit ihrem Auftritt im Internet. Je nach Anzahl der Klicks und der Werbespot-Plätze, die Susan Nowaczyk in ihren Videos einbaut, gibt es von Youtube ein paar Euro. Geld verdienen sei dabei auch nie ihr Ziel gewesen. „Das kann man nur aus Leidenschaft machen.“

Eine kleine Entschädigung für all die Mühe seien allerdings die Kooperationen. Hin und wieder bekommt die Bloggerin Produkte zur Verfügung gestellt, die sie testet – und geht es nach den Firmen, im besten Fall ihren Abonnenten weiterempfehlen kann. Für Susan Nowaczyk ist es wichtig, die Produkte als Werbung zu kennzeichnen. Dann taucht zum Beispiel der Hashtag (#) Werbung oder PR-sample auf. Unter den Videos der Bloggerin ist aufgelistet, was ihr kostenlos zur Verfügung gestellt wurde. Ihr Lieblingsteil: eine handgefertigte Bettschlange aus einem kleinen privaten Onlineshop.

„Ich lehne auch Angebote ab, zum Beispiel, wenn ich Putzmittel fürs Bad testen soll“, sagt Susan Nowaczyk. Welches Angebot sie liebend gern angenommen hat, war das von kilenda, einem Magdeburger Unternehmen, das Kindersachen vermietet. Die Bloggerin spricht von einer unkomplizierten Kooperation: Sie bekommt die Kleidung aus dem Verleih kostenlos zur Verfügung gestellt und weist dafür in ihren Videos oder Fotos darauf hin, woher die Sachen ihrer Kids kommen.

„Für jedes Unternehmen, das heute gutes Online-Marketing machen will, sollte es normal sein, mit Bloggern zusammenzuarbeiten“, sagt Hendrik Scheuschner, Geschäftsführer bei kilenda. Er spricht von einem „wichtigen Vertrauensvorschuss“ für die eigenen Produkte durch die Zusammenarbeit mit den Bloggern. Denn Fakt ist: Viele der Abonnenten beziehungsweise Fans identifizieren sich mit den Internet-Stars und eifern ihnen nach.

Ob die Blogger nur das Angebot von kilenda kostenlos nutzen dürfen oder darüber hinaus sogar noch Lohn für ihre Arbeit vom Unternehmen bekommen, hänge von der „Größe der Blogger“ ab, erklärt Hendrik Scheuschner. Dafür sei jedoch nicht allein die Anzahl der Follower ausschlaggebend. Dass Blogger, um an Bekanntheit zu gewinnen, sich sogenannte „Gefällt mir“-Klicks kaufen, ist nämlich keine Seltenheit.

Da große Konzerne diesen Weg der Werbung aktuell extrem befeuern, treibe das laut dem kilenda-Geschäftsführer die Preise für Blogger aktuell in die Höhe. Die Arbeit der Influencer hat man bei kilenda im Blick, sie sollen zum Unternehmen passen. Der Erfolg wird nicht allein an den Klicks festgemacht. Von einem „Social-Media-One-Night-Stand“ nach dem Motto Summe X pro Post halte man bei kilenda nicht viel. Hendrik Scheuschner: „Für uns ist es wichtig, dass die Blogger das mit Herz und Seele machen und wirklich hinter unserem Produkt stehen.“

Fragt man den Geschäftsführer, ob der Wunsch vieler junger Menschen, hauptberuflich als Influencer zu arbeiten, weit weg von der Realität sei, macht Hendrik Scheuschner deutlich: „Ich denke schon, dass das möglich ist, aber dann muss man einen richtigen Plan haben.“ Wer seinen Lebensunterhalt als Influencer verdienen will, müsse sich auf einen Fulltime-Job und professionelle, redaktionelle Arbeit einstellen.

Einer, der seine Leidenschaft – den ganzen Tag im Internet unterwegs zu sein – zum Beruf gemacht hat, ist Torsten Maue. Der Magdeburger berät Firmen in Sachen Social Media und sorgt zum Beispiel dafür, dass Unternehmen und ihre Produkte besser bei der Internet-Suchmaschine Google zu finden sind.

Auf dem T-Shirt von Torsten Maue ist @tmmd abgedruckt. So lautet der Name seines Accounts beim Nachrichtendienst Twitter. Seit 2008 ist Torsten Maue dort angemeldet und hat seitdem fast 218.400 Beiträge veröffentlicht. Worauf Maue den ersten und den letzten Blick des Tages wirft, ist sein Handy. „Das Internet ist die einzige Sucht, mit der man in Deutschland legal Geld verdienen kann“, sagt Torsten Maue.

Der Magdeburger hat verschiedene Blogs im Internet, dazu gehört einer für Reisen und ein anderer für Finanzthemen. Zudem veröffentlicht Torsten Maue Testberichte, gerade erst hat er über eine Versuchsfahrt in einem ICE entlang einer Neubaustrecke geschrieben. Für Torsten Maue der perfekte Termin – Züge sind seine Leidenschaft.

Seit der Blogger im Internet unterwegs ist, wägt er ab, was in die Öffentlichkeit gehört und was nicht. „Natürlich haben weder Bankdaten noch Fotos, auf denen jemand betrunken in der Ecke liegt, was im Internet zu suchen.“ Geht es nach Maue sollte jeder einen „Internet-Führerschein“ ablegen.

Der Blogger macht deutlich: „Das Internet ist nicht nur böse“, sondern habe auch viele Vorteile. Torsten Maue macht das am Beispiel des vergangenen Hochwassers fest. Quasi in Echtzeit konnte er kommunizieren, wo noch Hilfe benötigt werde, wie die aktuellen Pegelstände lauten. Ein weiterer Riesen-Vorteil für Maue: Er könne Kontakt mit Leuten aufnehmen, die er vorher nie erreicht hätte. Und: Der Social Media Berater kann von überall auf der Welt aus arbeiten. Viele seiner Kunden habe er noch nie live gesehen.

Was seine privaten Beiträge betrifft, spiele es für Torsten Maue eigentlich keine Rolle, wie viele Leute „ihm folgen“. Was die Foto-Plattform Instagram angeht, freut sich der Blogger allerdings schon, wenn die Zahl der Klicks für eine seiner Aufnahmen vierstellig ist. Was am besten funktioniert und auf seinem Account weltweit für „Gefällt mir“ sorgt: eine Gasse mit Fachwerkhäusern im Harz-Ort Stolberg.