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Stadtrat Magdeburg Brandbrief nach Mobbing an Schulen

Der Elternrat in Magdeburg ist besorgt. Das Thema: Mobbing. Jetzt wurde ein Brandbrief an den Stadtrat geschickt.

Von Katja Tessnow 27.03.2019, 00:01

Magdeburg l Der Stadtelternrat in Magdeburg hat einen Brief an die Stadträte geschrieben. Der Tonfall pendelt zwischen Sorge und Empörung. Das Thema: Mobbing.
Was die Eltern umtreibt, sind widersprüchliche Informationen. Erst unlängst sei im Bildungsausschuss berichtet worden, dass dem Landesschulamt „keinerlei Erkenntnisse“ zu Fällen von Gewalt an Magdeburger Schulen bekannt seien „und es diesbezüglich keinen Handlungsbedarf gibt“, schreibt Stadtelternratschef Tim Liebe. Im Gespräch mit Eltern habe sich das Gegenteil erwiesen und obendrein, dass „nachweislich aufgrund von Schriftverkehr zwischen Eltern und Sachbearbeitern des Landesschulamtes das Land bzw. Schulleitungen davon Kenntnis haben“.
Konkret zählt der Elternrat zwei Grundschulen, eine Gemeinschafts- und eine Förderschule in Magdeburg auf, aus denen Fälle von Gewalt und Mobbing bekannt seien. Gegipfelt seien zwei davon im Selbstmordversuch eines Schülers auf der Strombrücke und im Sprung eines weiteren Schülers aus einem Fenster.
Während die Polizei vom Fall Strombrücke keine Kenntnis hat, bestätigt Sprecherin Heidi Winter den Fenstersturz. „Er hat sich in der Vorwoche ereignet.“ Ein 16-Jähriger sei vormittags bei laufendem Unterrichtsbetrieb aus einem Fenster im 1. Obergeschoss seiner Schule gesprungen und musste verletzt ins Krankenhaus gebracht werden. „Ob dem Mobbing zugrunde liegt, können wir nicht sagen. Es gibt keine Anzeige“, so Winter.
Der Stadtelternrat gibt zu Protokoll, Lehrer und Schulleitung hätten bereits vor der dramatischen Zuspitzung von Problemen gewusst. Sie seien nicht ernsthaft zur Kenntnis genommen worden.
Carola Wilhayn, Referatsleiterin Schulpsychologie beim Landesschulamt, ist seit Tagen mit dem Magdeburger Fenstersturz befasst. „Psychologen waren auch heute noch vor Ort und haben Mitschüler betreut“, berichtet Wilhayn am 26. März 2019 auf Nachfrage. Allerdings: Einen Fall von Mobbing schließen sie und ihre Kollegen aus.
„Alles spricht für eine andere Problemlage. Uns geht es jetzt vor allem um den Schutz des Schülers, der Gott sei Dank überlebt hat und zum Glück wohl auch keine bleibenden Schäden behält.“ Er solle wieder zur Schule gehen und in Ruhe seinen Abschluss machen.
Den Brandbrief der Magdeburger Eltern kenne sie selbst erst seit Wochenbeginn, so Schulpsychologin Wilhayn. „Wir haben die Eltern im April eingeladen und wollen berichten, wie wir vorgehen, wenn wir von Mobbing an Schulen erfahren. Das Problem: Wir müssen es erst einmal erfahren.“
Sowohl die Schulpsychologin als auch die Polizei ermuntern Schüler und Eltern, aber auch Schulleiter besser einmal mehr als zu wenig aktiv zu werden und schon Verdachtsmomente anzuzeigen. Die Polizei empfiehlt Beweismaterial (Beleidigungen oder Drohungen aus sozialen Netzwerken, E-Mails oder Nachricht auf dem Handy) zu sichern. Polizei und Schulpsychologie bieten auch Hilfe bei Aufklärung und Prävention in Sachen Mobbing an.
Stadtelternratschef Tim Liebe verweist auf schlechte Erfahrungen von Eltern, deren Kinder Mobbing in der Schule ausgesetzt seien. Sie würden berichten, „dass Schulleitungen derartige Probleme generell herunterspielen, um nach außen in einem positiven Licht dazustehen“. Der Elternrat fordert die Kommunalpolitik und das Landesschulamt gleichermaßen dringend auf, sich des Problems stärker als bisher anzunehmen.