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Teilhabe Freud und Leid der Magdeburger Rollifahrer

In der MDCC-Arena können gehbehinderte Fußballfans jetzt besser sehen. In den Magdeburger Hallen ist das noch nicht der Fall.

Von Jana Heute 14.03.2018, 00:01

Magdeburg l Am 11. März 2018 durften Rollifahrer im Magdeburger Stadion das erste Mal in den gepflasterten Innenraum hinter die Bande – beste Sichtbedingungen aufs Spielfeld und somit ungetrübten Torjubel gab es dort für die treuen Fans.

Die Neuerung gilt, nachdem Betroffene Kritik an den regulären Rollistellplätzen weiter oben geübt hatten. Die Standplätze in der MDCC-Arena hinter dem Fluchtweg waren ungünstig, da der Weg vom Publikum permanent als Durchgang genutzt wird.

Ein bauliches Problem, das so einfach nicht zu beheben ist, weshalb die Rollifahrer jetzt die Sondergenehmigung für den Innenraum haben. In Kürze soll auch eine kleine Rampe angelegt werden, so dass die Rollstuhlfahrer problemlos zu ihren neuen Plätzen gelangen können.

Während sich die Rollifahrer im Magdeburger Stadion über die Lösung freuen können, haben andere gehandicapte Besucher städtischer Veranstaltungshallen nach wie vor arge Sichtprobleme. Egal ob Getec-Arena, Stadthalle oder Johanniskirche. Die Platzierung der Rollstuhlfahrer sei oft sehr ungünstig, erklärt z. B. unsere Leserin Ute Lücke.

Mehrmals besuchte sie mit einer Behinderten Veranstaltungen in der Getec-Arena und Stadthalle. Pro Stuhlreihe sei ein Rolli geplant, so würden die Karten verkauft. Der Platz sei aber überhaupt nicht ausreichend, da die Rollis viel größer seien als ein Stuhl.

Das gravierende Problem sieht Ute Lücke aber in der Platzierung am äußeren Rand. „Wenn die Zuschauer in den Reihen vor Begeisterung aufstehen – und das passiert in den Konzerten oft und auch über längere Zeit –, haben die Behinderten keine Chance, die Veranstaltung auf der Bühne zu verfolgen“, schildert sie. Ein Rollifahrer könne nun mal nicht aufstehen.

„Ich habe beobachtet, wie eine Frau ihre behinderte Tochter aus dem Rolli hob und krampfhaft festhielt, damit diese etwas sehen kann“, berichtet die Leserin. Ihrer Meinung nach gehören die Rollifahrer in die erste Reihe oder in den Mittelgang.

Das sieht Magdeburgs Behindertenbeauftragter Hans-Peter Pischner ähnlich. Bei der derzeit noch mobilen Bestuhlung der Stadthalle müsse es möglich sein, bessere Plätze für Rollifahrer zur Verfügung zu stellen und trotzdem die Bestimmungen für die Fluchtwege einzuhalten.

Das Sichtproblem in den städtischen Hallen sei ihm nicht neu, sagt Pischner. Kritik habe es auch schon zur Johanniskirche gegeben, wo die Rollifahrer ganz hinten platziert wurden – wohl auch aus Sicherheitsgründen. Doch die Sicht war so schlecht, dass viele einfach nach vorn gefahren seien, erzählt Pischner der Volksstimme.

Und in der Getec-Arena seien die Plätze im Ringfoyer angeordnet. Hier hätten viele Rollifahrer ein Geländer vor dem Sichtfeld. „Das ist auch nicht grad optimal“, sagt Pischner. Er sei zwar vor großen Bauvorhaben in solche Fragen eingebunden. Doch häufig werde die Platzierung später dann anders gehandhabt. „Und selbst bei Bauten aus den 90er Jahren wie der Getec-Arena ist das noch nicht richtig gelöst worden“, stellt er fest. So gebe es dort zu wenig Rollistandplätze.

Auch der Vorsitzende des Allgemeinen Behindertenverbandes Sachsen-Anhalt, Dr. Jürgen Hildebrand, kennt die Beschwerden. Er empfiehlt Veranstaltern einen Perspektivwechsel. „Man muss sich einfach mal in die Lage eines Rollstuhlfahrers versetzen. Das würde manchmal schon helfen“, sagt er. Hildebrand erinnert u. a. an das Behindertengleichstellungsgesetz, das Behinderten eine gleichberechtigte Teilhabe zusichert. In dieser Pflicht stünden gerade auch öffentliche Einrichtungen.

Stadion und Veranstaltungshallen werden von der städtischen Messe- und Veranstaltungsgesellschaft Magdeburg (MVGM) betrieben. Diese nahm zur Kritik Stellung. Auf die Frage nach der Regelung der Platzierung heißt es, es gebe für alle Hallen vom Bauordnungsamt bestätigte Bestuhlungspläne, die sowohl für Eigen- als auch Fremdveranstaltungen gelten.

Die Plätze für Menschen mit Behinderung befänden sich für etwaige Evakuierungen immer am Rand. „Zudem sind sie so angelegt, dass der Weg zum Fahrstuhl nicht weit ist und eine schnelle Räumung der Plätze in Gefahrensituationen erfolgen kann“, erklärt MVGM-Sprecherin Jana Bork.

Dennoch arbeite man an Lösungen. „In der Johanniskirche stehen unsere Techniker ganz aktuell im Austausch mit der Feuerwehr, um dort die Rollstuhlplätze etwas weiter nach vorn zu verlegen“, erklärt sie. In der Stadthalle werde sich mit dem geplanten Umbau gleichfalls etwas tun. Für Behinderte werde es dort „optimierte Bestuhlungsvarianten geben“, so Bork, die aber noch offen lässt, wie genau diese aussehen sollen.

Gleiches gelte für die Getec-Arena, wo ab Juni 2018 Umbauten geplant sind. Die Halle bekommt mehr Sitzplätze und eine neue Gastroecke. Auch die Stellplätze für Rollifahrer sollen verbessert werden, stellt die MVGM in Aussicht.