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Telemannjahr Kammerspiele zeigen Komponisten ganz privat

Die Magdeburger Kammerspiele zeigen im Telemannjahr ein Stück über das Leben des Komponisten. Darin wird Telemann auch mal ganz privat.

Von Christina Bendigs 26.05.2017, 01:01

Magdeburg l „Ja, willst du denn ein Gaukler werden und über die Jahrmärkte ziehen?!?“ Telemanns Leidenschaft zur Musik fand bei seiner Familie keinen Anklang. Heimlich lernte er Instrumente spielen, und auch das Komponieren brachte er sich autodidaktisch bei – statt als Gaukler auf Jahrmärkten zu enden, wurde das musikalisch begabte Magdeburger Kind auf diese Weise jedoch einer der angesehensten Komponisten des Barock. Ein steiniger Weg, der Telemann viel Durchsetzungsvermögen gegenüber seinem Elternhaus abforderte.

Die Geschichte des Sohnes der Stadt Magdeburg haben die Mitglieder der Magdeburger Kammerspiele nun für die Bühne inszeniert. In „Das Glück des Gauklers“ ist Telemann bereits ein alter Mann, der seinen Enkel auf dem Weg zur Musik begleitet, indem er aus seiner Kindheit und Jugend in Magdeburg erzählt und einzelne Szenen mit seinem Enkel und seiner Schwiegertochter nachstellt. Das führt zu witzigen Situationen auf der Bühne, etwa wenn Susanne Bard, die die Schwiegertochter gibt, in die Rolle von Chorknaben, Telemanns Mutter und anderer Wegbegleiter schlüpft. Klassisch inszeniert, mit vielen altertümlich anmutenden Requisiten im Bühnenbild, gelingt den Kammerspielen ein einfühlsamer, humorvoller und aufschlussreicher Blick auf Telemanns frühe Jahre, den das Publikum in der persönlichen Rückschau Telemanns erlebt.

Hausautor Dirk Heidicke hat das Stück für die Kammerschauspieler geschrieben. Er recherchierte im Telemann-Zentrum, las die Autobiografien, die Telemann hinterlassen hat, und erdachte sich auf dieser Basis neben den historisch belegten Fakten über den Werdegang des Magdeburger Musikers auch eine ganz private Seite des Komponisten, was das Stück umso reizvoller macht.

„Ich wusste vorher, wer mitspielen wird“, berichtet Dirk Heidicke. Schon beim Schreiben habe er die Stimmen von Susanne Bard als Schwiegertochter, von Michael Magel als Telemanns Enkel und Matthias Engel in der Hauptrolle des Telemanns in seinem inneren Ohr gehört. Aus der Inszenierung hält sich der Autor aber meistens heraus und überließ auch hier das Zepter ganz dem Regisseur Michael Bard, der bei der Probe im Gesellschaftshaus mit den Schauspielern am Feinschliff für einzelne Passagen arbeitete.

Bei der Arbeit am Stück entdeckte Dirk Heidicke in seiner und in Telemanns Biografie sogar Parallelen. Schon als kleiner Junge wollte Heidicke nur eines: schreiben. Wie Telemann bekam auch er ein Verbot. „Bei mir war es aber bald noch schlimmer“, sagt er. Am Ende hat auch er seinen Traum verwirklicht, „viel später als Telemann zwar“, wie Heidicke sagt, aber er erreichte sein Ziel. „Bis 30 wollte ich freischaffend sein, mit 28 hatte ich es geschafft“, erzählt der Autor. Klar, dass sich Heidicke besonders gut in den Komponisten hineindenken konnte.

Aber auch Matthias Engel scheint in der Rolle des Telemanns voll aufzugehen. „Es ist wirklich eine schöne, fröhliche Rolle“, sagt er. Als Magdeburger habe er Telemann natürlich immer im Hinterkopf gehabt. Aber erst für das Stück habe er sich intensiv mit dessen Leben auseinandergesetzt und dabei immer wieder über ihn gestaunt, angesichts seines Schaffensdrangs und seiner Begabung.

„Ich wäre auch gern Musiker“, gesteht der Schauspieler, „aber dafür fehlen mir die Begabungen“, sagt er: „Meine Begabungen liegen anderswo.“ Telemann sei sich seines Talents früh bewusst geworden und ihm gefolgt, während Engel seinen Wunsch, auf der Bühne zu stehen, erst später, mit Anfang  30, entdeckte, „fast schon zu spät“. Aber auch er schaffte den Sprung von einem Job als Krankenpfleger auf die Bühne. „Und ich hoffe, dass ich noch lange die Freiheit haben werde, meine Begabungen auszuleben und zu nutzen“, sagt er. Sich mit Telemann zu vergleichen, will sich Engel allerdings nicht anmaßen. „Gegen Telemann bin ich der Schmied, der den Gaul beschlägt“, sagt er.

Susanne Bard spielt in der Inszenierung das Spinett. Mit Telemann sei sie durch ihre musikalische Ausbildung auch früher schon in Berührung gekommen. Nun freut sie sich, Teil der Inszenierung seines Lebens zu sein.

Alle, die wissen wollen, wie der Gaukler sein Glück macht, sind zur Uraufführung am 2.  Juni oder zu einer der drei weiteren Aufführungen im Gesellschaftshaus willkommen.