1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Magdeburg
  6. >
  7. Hauptmann übernimmt Magdeburger Festung

EIL

Theater Hauptmann übernimmt Magdeburger Festung

Die Magdeburger Kammerspiele präsentieren den "Hauptmann von Köpenick" vor historischer Kulisse der Festungsmauern vom Ravelin 2.

Von Stefan Harter 04.02.2018, 08:30

Magdeburg l „Stillgestanden! Haben Sie überhaupt gedient?“, brüllt Michael Günther Bard voller Inbrunst über den Innenhof des Ravelins 2 und geht bereits ganz in seiner neuesten Rolle auf. Denn die Kammerspiele Magdeburg haben als ihr aktuelles Stück den Klassiker „Der Hauptmann von Köpenick“ auserkoren. Und nicht nur das: Mit der historischen Festungsanlage an der Maybachstraße betreten sie auch künstlerisch Neuland.

Die Zuschauer werden die Vorstellung nicht wie sonst üblich sitzenderweise erleben, sondern wandern mit den Schauspielern von Szene zu Szene, wie Regisseur Oliver Breite erklärt. Er arbeitet mittlerweile zum vierten Mal mit dem Ensemble der Kammerspiele zusammen und steht selbst auch als Faust auf der Bühne des Forums Gestaltung. „In manchen Szenen teilen wir die Zuschauer in zwei Gruppen auf, weil die Räumlichkeiten es nicht anders zulassen“, erklärt er die Besonderheit.

„Das Stück ist aber so geschrieben, dass man diese Szenen auch in umgekehrter Reihenfolge sehen kann“, beschreibt Autor Dirk Heidicke, der die Texte nach der Version von Carl Zuckmayer aus dem Jahr 1931 liefert. Das Publikum wanderte zwar schon bei anderen Stücken des Ensembles mit, doch dass die Szenerie in der einst stärksten preußischen Festung so perfekt zum Stück passt, ist für alle Beteiligten ein Glücksgriff. „Wir nutzen den Ort mit der ganzen Vielfalt, die er bietet“, sagt Regisseur Breite.

„Das ist was ganz Neues“, pflichtet ihm Michael Günther Bard bei, dem die Vorfreude auf das Stück bei jedem Satz anzumerken ist. „Ich liebe den ‚Hauptmann‘“, liefert er gleich die Erklärung dafür mit. Die Geschichte des „kleinen Mannes“ Wilhelm Voigt, der mit einer Uniform und viel Chuzpe das Köpenicker Rathaus eroberte und kurzerhand den Bürgermeister festnahm, unterhält auch heute noch. Als bekanntester Hauptmann ging Heinz Rühmann in die Filmgeschichte ein.

Dass der Hauptmann in der Festung das Kommando übernimmt, ist den Mitgliedern des Sanierungsvereins Ravelin 2 zu verdanken. „Das Ravelin kam zu uns“, formuliert es denn auch Bard. „Wir wollten schon immer was mit den Kammerspielen machen“, erklärt Vereinsmitglied Josephine Kroneberg. Gemeinsam mit Kevin Schulz schlug sie schließlich die Kooperation vor, man traf sich im vergangenen Sommer in den historischen Gemäuern und die Ideen begannen zu sprießen. Dass es nun gerade der Hauptmann geworden ist, liegt bei der Kulisse natürlich nahe. Die Kasematte, der Innenhof, die Kaponniere, die Tore, selbst die Toilette werden als Szenenschauplätze bespielt. Bis zu 80 Zuschauer folgen auf Schritt und Tritt. Bereits jetzt, gut vier Monate vor der Premiere werden die Karten knapp. Kein Wunder, es sind auch nur acht Vorstellungen geplant. Doch die Kammerspieler sind zuversichtlich, dass der Ravelin-Besuch des Köpenicker Hauptmanns keine einmalige Sache bleibt. „‚Olvenstedt probiert's‘ ist auch Kult geworden“, spielt Bard auf die bekannte Reihe an.

Auf Ausstatterin Meyke Schirmer wartet noch viel Arbeit. Über 50 Rollen gibt es, die in zeitgenössische Kostüme gesteckt werden wollen. Einige Schauspieler werden zudem mehrere Figuren spielen, auf Wunsch des Regisseurs auch unterschiedliche Geschlechter. Schnelle Kostümwechsel sind also gefragt. Froh ist Meyke Schirmer, dass sie auf den großen Fundus des Sanierungsvereins zurückgreifen kann, der viele Uniformen aus Festungszeiten zur Verfügung stellt. „Es ist ein Geschenk des Himmels, dass sie so gut ausgestattet sind. Trotzdem wird es eine große Herausforderung, die aber viel Spaß macht“, sagt sie.

Rüdiger Stefanek, Vorsitzender des Sanierungsvereins, freut sich, dass mit dem Theaterstück das Ravelin wieder eine neue Facette neben der Dokumentation der Geschichte in der Dauerausstellung erhält. „Wir wollen den Ort nicht nur schön machen, sondern auch Schönes herbringen. Das Theater ist für uns ein Höhepunkt in der Vereinsarbeit“, sagt er stolz. Aufregend wird die Premiere für ihn auch aus einem anderen Grund. Der Ravelin-Retter tritt selbst als ein Schutzmann auf. Auch andere Vereinsmitglieder wirken im Stück als Komparsen mit. „Für uns als Laien ist das natürlich alles spannend“, erklärt er.

In weiteren Rollen treten u. a. Susanne Bard, Friederike Walter, Michael Magel, Eckhard Doblies, Geraldo Baiano, Thomas Mette und Jochen Gehle auf.

Die Premiere findet am 28. Juni statt. Weitere Vorstellungen sind am 29./30. Juni sowie am 1./5./6./7./8. Juli geplant. Karten gibt es bei Magdeburg Souvenir am Domplatz 10 sowie unter Tel. 0391/62029788.