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Theater Magdeburger Puppenspieler werkelt gerne

Lennart Morgenstern ist nicht nur Puppenspieler am Magdeburger Puppentheater. In der ZDF-Sendereihe Siebenstein spielt er den Raben Rudi.

Von Christina Bendigs 29.10.2019, 10:01

Magdeburg l Wenn der Puppenspieler Lennart Morgenstern Zeit und Platz hätte, hätte er auch eine große Werkstatt, in der er neben der geistigen Arbeit am Magdeburger Puppentheater einfach mal werkeln könnte. Es ist noch nicht lange her, da hat er zum Beispiel ein altes Motorrad nach seinen Vorstellungen umgebaut. Auf zwei Rädern durch die Gegend zu cruisen, ist eine seiner Leidenschaften – auch wenn das selbst gebaute Motorrad inzwischen gegen ein Neueres eingetauscht wurde und das Hobby für ihn noch relativ neu ist. Den Motorradführerschein hat er seit drei Jahren.

Ursprünglich wollte Lennart Morgenstern gar nicht Puppenspieler, sondern Lehrer werden. Er studierte Theologie, Geschichte und Darstellendes Spiel in Rostock. Ein Workshop war es, der ihn schließlich an die Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ in Berlin führte, wo er das Puppenspiel von der Pieke auf erlernte. Das ursprüngliche Studium hätte er zum Zeitpunkt des Wechsels vermutlich schon nicht mehr in der Regelstudienzeit abschließen können. „Ich hatte Altgriechisch zu lange vor mir hergeschoben“, verrät er schmunzelnd. Trotzdem: Das Studium hilft ihm mit Hintergrundwissen zu einzelnen Stücken, und Fragen rund um das Thema Glaube findet Morgenstern noch heute interessant. Insofern war das Studium trotzdem sinnvoll.

Puppentheater bedeutet für Morgenstern, „sehr experimentell Welten erschaffen zu können, ein bisschen absurder werden als das im reinen Fleischtheater möglich ist“. Gemeint ist das damit das normale Schauspiel. „Puppen sterben besser“, nennt Morgenstern ein Beispiel, „so richtig pathetisch, da kann man auch Klischees auspacken und die Situationen überziehen und überzeichnen und es wirkt einfach gut“. Puppen könne man auch einfach die Köpfe abreißen, und wenn es gut aufgebaut worden sei, dann könne es sehr bedrückend sein. Und so bringt die Puppe für ihn momentan auf jeden Fall mehr Freiraum.

Ab Donnerstag ist Morgenstern in der Wiederaufnahme des Schimmelreiters zu sehen, der mit einer beeindruckenden, bedrückenden, beunruhigenden Atmosphäre auf der großen Bühne des Magdeburger Puppentheaters sehr mächtig wirke. „Der Schimmelreiter war schon zu Teenie-Zeiten eines meiner Lieblingsbücher“, erzählt Morgenstern. Und in Zeiten des Klimawandels hat die Geschichte heute wieder eine neu Aktualität: Die Macht der Natur, der der Mensch machtlos gegenübersteht und ein Visionär, der nicht gehört wird.

Dass er einmal so lange in Magdeburg bleiben würde, hätte Morgenstern nicht gedacht, als er zur Spielzeit 2013/14 ans Puppentheater der sachsen-anhaltischen Landeshauptstadt kam. Inzwischen kommt es ihm komisch vor, wenn er daran denkt, dass er vielleicht irgendwann mal nicht mehr hier ist. Schade findet Morgenstern, dass das Puppentheater oft als Kindertheater wahrgenommen wird, obwohl der Abendspielplan mittlerweile gut ausgebaut ist: „Da denkt man dann, kommt doch einfach mal vorbei und schaut’s euch an.“ Das Figurenfestival alle zwei Jahre in Magdeburg trage auf jeden Fall dazu bei, dass das Puppentheater anders wahrgenommen wird. Die Puppenspieler gehen selbst auch gern in Vorstellungen anderer Häuser, erzählt Morgenstern: „Dresden, Halle, Berlin, das bringt immer was für die Synapsen.“ Seine Hoffnung ist, dass das Puppentheater aus der gefühlten Nische herauskommt.

Das Schöne am Magdeburger Haus seien die vielen Möglichkeiten, sich auszuprobieren. So lernt Lennart Morgenstern aktuell Schlagzeug und frischt seine Klavierkenntnisse wieder auf. Außerdem schätzt er das Café Monaco, in dem sich die Puppenspieler alle paar Wochen völlig frei entfalten können. Und nicht nur das: Lennart Morgenstern ist aktuell auch im Fernsehen zu erleben. Am Sonntag wurde die erste Folge von „Siebenstein“ ausgestrahlt, in der er den Raben Rudi spielt, den er als Kind schon gern im Fernsehen sah. Die verdeckte Spielweise im Fernsehen sei etwas völlig anderes als auf der Bühne. Spaß macht es ihm trotzdem und sei eine tolle Erfahrung, so dass er nun schon Vorbereitungen für die nächste Staffel trifft und hofft, dass alles klappt, so dass er auch in der neuen Staffel den Raben Rudi geben kann. Große Fußstapfen seien es, in die er trete. Immerhin habe sein Vorgänger Werner Knoedgen der Puppe 30 Jahre lang seinen Charakter geliehen.