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Tierschutz Ohne Haustier ins Pflegeheim

Mit ausgesetzten Tieren zur Urlaubszeit hat das Magdeburger Tierheim weniger zu tun. Immer öfter müssen alte Menschen ihre Tiere abgeben.

Von Vanessa Plentinger 16.07.2018, 23:01

Magdeburg l Nur wenige Schritte am Eingangstor vorbei ertönt schon das laute Gebell der Tierheimhunde, die neugierig, schwanzwedelnd in den Außengehegen ihrer Zwinger stehen. Wartend, dass ihre Besitzer sie wieder abholen oder einfach nur jemand mit ihnen Gassi geht. Ist da etwa auch einer dabei, der wegen fehlender Ferienbetreuung abgegeben oder gar ausgesetzt wurde?

„Nein, zum Glück nicht“, erklärt Tierheimleiter Andreas Reichardt. „Schon seit längerer Zeit haben wir mit diesem Problem kaum noch zu kämpfen. Natürlich gibt es immer schwarze Schafe, die ihre Tiere lieblos vor die Tür setzen. Aber die richten sich nicht nach der Saison, sondern werden ihr Tier genau dann los, wenn sie es nicht mehr wollen.“

Als Grund für diese überaus positive Entwicklung, was gesunkene Abgabe- und Fundtierzahlen zur Urlaubszeit angeht, nennt Andreas Reichardt die wesentlich bessere Aufklärung: „Die Menschen kennen sich mittlerweile nicht nur mit der generellen Haltung und Pflege der Haustiere aus, sie wissen auch über die vielen Betreuungsmöglichkeiten wie etwa Tierpensionen Bescheid. Allein im Raum Magdeburg gibt es sechs bis sieben solcher Einrichtungen. Vor 20  Jahren war das natürlich noch etwas anderes. Aber heutzutage kann man beispielsweise seinen Hund in viele Hotels oder Ferienunterkünfte sogar mitnehmen.“

Im Gegensatz zu anderen Tierheimen bietet das Magdeburger selbst keine Urlaubsbetreuung an, da die Kapazitäten für den eigentlichen Verantwortungsbereich, also für Tiere in Not und herrenlose Tiere, freigehalten werden sollen. „Aber natürlich unterstützen wir jeden, der Hilfe bei der Suche einer Pension benötigt, sehr gerne. Wir haben den direkten Draht zu den Unterkünften und rufen dort schon mal an, um nach einem Platz zu fragen“, meint Andreas Reichardt.

Plötzlich öffnet sich die Bürotür und ein kleiner schwarzer Hund streckt aufgeregt hechelnd die Nase ins Zimmer. Am anderen Ende der Leine steht Claudia Kün, eine der Tierpflegerinnen: „Das ist Lenny, ein Mischling aus Mops und Französischer Bulldogge, circa sechs Jahre alt und sehr freundlich. Leider mussten ihn seine Besitzer bei uns abgeben, da sie ihn nicht in ihr betreutes Wohnheim mitnehmen durften.“ Genau das ist laut Andreas Reichardt seit einigen Jahren ein wesentlich häufigerer Abgabegrund: „Immer mehr Menschen müssen ihre Tiere alters- oder krankheitsbedingt weggeben. Oft kann auch kein Angehöriger oder Bekannter das Tier übernehmen und so landen viele bei uns.“ Manchmal geht das Ganze aber auch gut aus, wie bei Katze Mia. Die durfte nach einem dreiwöchigen Krankenhausaufenthalt ihres Frauchens, wieder zu ihr zurück. „In dringenden Notfällen wie etwa stationärer Aufnahme im Krankenhaus nehmen wir die Tiere gegen eine vorgegebene Tagespauschale natürlich in unsere Obhut und freuen uns, sie dann hoffentlich wieder an die Besitzer übergeben zu können“, erklärt der Leiter.

Der nächste Halt des Tierheimbesuchs führt in einen kleinen Raum mit Katzenkäfigen. Ein junger schwarzer Kater schmiegt sich schnurrend am Gitter entlang und lässt sich sofort ausgiebig kraulen, als Andreas Burchadt das Türchen öffnet. In den nächsten Wochen erwarten ihn und seine Mitarbeiter, wie jedes Jahr, noch eine Menge Sommerkätzchen. Zu dieser Zeit werfen Katzen nämlich vermehrt und das oft ohne das Wissen ihrer Besitzer. „Katzen suchen sich zum Gebären ein ruhiges, verstecktes Örtchen und die Kätzchen bleiben die ersten 14 Tage im Nest. Erst wenn die Milch nicht mehr reicht, bringen sie die Kleinen mit zu den Besitzern. Die staunen dann nicht schlecht und haben meist keine Möglichkeit so viele Tiere zu pflegen“, weiß der Tierheimleiter. Das Beste sei ihm zufolge, die Katze samt Babys schnell einzusammeln und ins Tierheim zu bringen, damit die Kleinen nicht verwildern. Dort werden sie versorgt, kastriert sowie vermittelt. Und dadurch kann verhindert werden, dass die Zahl an Wildkatzen in Magdeburg steigt. Denn davon gibt es in der Stadt schließlich schon mehr als genug.

Der Kätzchen-Welle blickt Andreas Reichardt jedoch einigermaßen gelassen entgegen: „Allgemein sind wir momentan mit etwa je 35 Hunden und Katzen sowie 10 Kleintieren gut ausgelastet, aber nicht überlastet. Die Zeit, dass Tierheime die Menge an Fund- und Abgabetieren kaum bewältigen konnten, ist glücklicherweise derzeit vorbei. Und die süßen Kätzchen finden Gott sei Dank meistens schnell ein Zuhause.“