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Volksstimme-TestTagesfrische Milch aus dem Zapfhahn

Ein Familienbetrieb vertreibt seine Milch jetzt direkt - und das mitten in Magdeburg. Ein Volksstimme-Test am Milchautomaten.

Von Elena Kuss 15.06.2017, 12:01

Magdeburg l Die Schiebetür des Kauflands Stadtfeld öffnet sich und ein Plakat wird sichtbar: „Tagesfrische Milch vom Bauern“ steht auf der Nase einer besonders schönen Kuh. Kaum ist die nächste Schiebetür passiert, fällt der Milchautomat sofort ins Auge. Eine schwarz-rot-goldene Plastikkuh in Lebensgröße macht es unmöglich, die Tankstelle, die taktisch klug direkt neben der Pfandflaschenrückgabe positioniert ist, zu übersehen.

Um sich Milch abzuzapfen, benötigt man eine Flasche, die man praktischerweise für einen Euro im Automaten neben der Milchtankstelle bekommt. Das spart Abfall und schont die Umwelt, verkündet der Flyer, der sauber gestapelt gleich neben dem Automaten liegt. Alternativ dürfe man auch sein eigenes Gefäß mitbringen. Die erhaltene Glasflasche einfach in den Milchautomaten stellen, 1,50 Euro einwerfen und schon fließt die weiße Flüssigkeit in das Gefäß. „Es geht super einfach“, findet Paula Giese, Studentin der Uni Magdeburg.

Einige Kunden beobachten den Vorgang interessiert. Ab und an ist aber auch ein verständnisloser Ausruf zu hören: „1,50 Euro für einen Liter Milch?!“ Wie ist der Preis zu erklären? „Letzten Endes bestimmen Angebot und Nachfrage“, erklärt Christian Apprecht vom Bauernverband Sachsen-Anhalt ohne Umschweife. Die zweite und längste Milchkrise innerhalb von fünf Jahren zwang Landwirte und ihre Kollegen zum Handeln, so viel steht fest.

Allein in Sachsen-Anhalt trennten sich mehr als 60 Betriebe von der Milcherzeugung. Nur noch eine Molkerei konnte sich im Bundesland halten. „Da wo mal der große Käse-, Butter- und Quarkbetrieb stand, steht ab diesem Sommer Ikea“, scherzt Apprecht. Dabei sind Molkereien als Vertragspartner für die Bauern sehr wichtig. „Nur Milch zu vermarkten ist sehr schwierig“, so der Pressesprecher. Viele Bauern seien deshalb froh, wenn sie da noch eine Molkerei in der Hinterhand haben.

Liegt es also am Russland-Embargo oder daran, dass der Markt in China gedeckt ist, dass die Milchpreise im Supermarkt so günstig sind? „Das ist nicht so einfach zu beantworten und somit auch nicht so leicht zu ändern“, gibt Apprecht zu denken. Statt aufzugeben, begannen andere die preislich attraktivere Bio-Schiene zu bedienen. Der dritte Weg scheint die Direktvermarktung zu sein. Allein drei Hof-Milchtankstellen entstanden 2016 und 2017 im Landkreis Stendal.

Die Milchtankstelle im Kaufland-Markt auf dem einstigen Schlachthofgelände ist die erste ihrer Art in Magdeburg. Sie wird täglich frisch von einer Bauernfamilie aus dem Dörfchen Gohre mit Milch beliefert. Dieses Angebot von „Güldenpfennig & Wollert“ ist der Versuch, die eigene Position zu stärken, die Milchvermarktung selbst in die Hand zu nehmen und das nicht draußen auf dem Land, sondern mitten in der Stadt.

„Ich finde es nicht zu teuer“, stellt Giese klar. Sonst zahle die Studentin für Bio-Milch aus dem Supermarkt 1,09 Euro. Viel teurer sei die Milch aus dem Milchautomaten nicht. Trotzdem gönnt sich die 24-Jährige die Milch von „Güldenpfennig und Wollert“ eher zu besonderen Gelegenheiten. Das scheint für viele Kunden der Tankstelle zu gelten, denn auch die Pressestelle von Kaufland bestätigt: „Wir sehen die Milchtankstelle als zusätzlichen Service für unsere Kunden und eine sinnvolle Abrundung unseres umfangreichen Angebots.“ Eine Veränderung beim Abverkauf der Milch in der Filiale in Stadtfeld könne nicht festgestellt werden, da das Interesse nicht an eine Kundengruppe gebunden sei.

 „Kann man die Milch denn bedenkenlos trinken?“, fragt eine Kaufland-Kundin. Die Flyer neben dem Milchautomaten geben darauf eine Antwort. Paula Giese hat das kleine Heftchen bereits genau studiert: „Die Kühlkette wird bis zum Verbraucher nicht unterbrochen“, weiß die Studentin. Neben dem Stallgebäude gibt es eine Hygieneschleuse. Dort wird die frisch gemolkene Milch schonend pasteurisiert, erneut auf sechs Grad heruntergekühlt, in je 200 Liter fassende Verkaufstanks gefüllt und mit einem Kühlfahrzeug ausgeliefert. „Diese Frische schmeckt man auch!“, so Giese. „Die Milchtankstelle wird von unseren Kunden sehr gut angenommen“, teilt Kaufland mit. Aufgrund der Nachfrage sind für Magdeburg noch weitere Automaten geplant.