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Wetter Freud und Leid mit Magdeburger Elbe-Ebbe

Steine statt Strömung. Die Elbe in Magdeburg sinkt auf 70 Zentimeter. Die Elbkapitäne sind sauer. Manch Magdeburger freut sich.

Von Rainer Schweingel 04.07.2018, 01:30

Magdeburg l Stephanie Csiki sitzt entspannt auf dem Domfelsen in Magdeburg und blättert in Lernunterlagen. Die Medizinstudentin aus Merseburg verbindet am 3. Juli 2018 Pauken fürs Studium mit dem ganz besonderen Elbflair, das es nur bei Niedrigwasser wie jetzt zu erleben gibt. Nur dann kann man auf Magdeburgs berühmtestem Felsen sitzen und praktisch mitten in der Elbe chillen.

Und so bekommt die Studentin auch kaum mit, wie sich kurz vor Mittag die 35 Meter lange „Sachsen-Anhalt“ stromaufwärts am engen Domfelsen vorbeiquält. Noch weniger als Schrittgeschwindigkeit ist hier für das Motorschiff möglich. Eng ist es hier immer, jetzt aber noch mehr bei so niedrigem Wasserstand.

Dass der Dampfer der Weißen Flotte überhaupt zur offiziellen Stadtfahrt starten konnte, ist nur dem Können der Kapitäne zu verdanken. „Wir müssen gerade jetzt bei dem Niedrigwasser genau aufpassen“, verrät Peter Höhne. Der Schiffsführer und Technische Leiter der Weißen Flotte Magdeburg ist sichtlich genervt vom nun schon wochenlangen Niedrigwasser in der Elbe. „Ob wir fahren können, entscheiden wir ab sofort von Tag zu Tag“, gibt er zu Protokoll.

Schon jetzt müssen neben der besonderen Vorsicht Gewichte auf den Schiffen verlagert werden. Große Belastungen auf dem Heck des Schiffes sind nicht mehr möglich. Denn das würde den „Hintern“ des Dampfers noch tiefer ins Wasser drücken, als es die Schiffsschrauben mit ihrer Saugkraft ohnehin schon tun. Der Tiefgang würde sich daher noch verstärken.

Jetzt aber zählt jeder Zentimeter. Deshalb sind in den Schiffen auch schon Tanks am Bug mit Wasser geflutet worden, um eine möglichst waagerechte Position des Schiffes zu erreichen. Nur so ist es dann möglich, gefährliche Passagen wie am Domfelsen, in Westerhüsen oder in Rothensee auch bei Niedrigwasser zu überstehen.

Wichtig ist, die Fahrrinne immer genau unter dem Kiel zu haben. Alles andere als einfach, auch wenn die 70 Zentimeter Pegelstand nicht die ganze Wahrheit sind. Denn dieser Wert gibt nicht die Wassertiefe für die Schiffe an. Für die Dampfer kommen noch einmal 40 bis 60 Zentimeter zum jeweiligen Pegelstand in der Fahrrinne hinzu. Bei einem Tiefgang von rund 90 Zentimetern bleibt aber trotzdem gerade so nur die berühmte Handbreit Elbwasser unterm Kiel.

Der Ärger über die Ebbe in der Elbe kommt auch daher, weil das Geschäft richtig gut läuft. „Es könnte immer besser sein. Aber wir sind zurzeit zufrieden mit den Fahrgastzahlen“, so Peter Höhne weiter, der wegen der Ferien auf noch mehr Zuspruch hofft. Sollte in den nächsten Tagen nicht oder nur eingeschränkt gefahren werden können, schlage das natürlich sofort zu Buche. Ein Landregen im Einzugsgebiet der Elbe gehört deshalb derzeit zu seinen größten beruflichen Wünschen.

Etwas anders sieht der Magdeburger Hafen das Niedrigwasser. Die Anlieger dort gehören seit Dezember 2013 zu den „Gewinnern“, wenn die Pegel fallen. Denn seit fünf Jahren schottet die Niedrigwasserschleuse den Hafen wie ein Stöpsel in der Badewanne vom Wasserstand der Elbe ab. Schiffe können den Hafen über den Mittellandkanal oder aus Richtung Norden über die Elbe ansteuern und Ladung aufnehmen oder löschen, egal wie wenig Wasser die Elbe führt. „Wir rechnen mit bis zu 20 Prozent mehr Umschlag bei solchen Niedrigwasserständen“, sagt Magdeburgs Hafen-Geschäftsführer Karl-Heinz Ehrhardt.

Die Schleuse mache sich bezahlt und den Magdeburger Hafen zum einzigen, der elbwasserunabhängig genutzt werden könne. Der Logistikstandort Magdeburg werde damit extrem aufgewertet.

Erste Sorgenfalten gibt es dagegen bei der Stadtverwaltung Magdeburg. An der Elbe „hängt“ nämlich auch der Adolf-Mittag-See. Frischwasser erhält der Teich normalerweise über ein Rohrsystem aus der Stromelbe - allerdings nur bei normalem Wasserstand. Mittlerweile ist der See aber schon seit Wochen von der Elbe abgekoppelt und damit längst kein Fließgewässer mehr.

Was bedeutet das für den See? Stadtsprecher Michael Reif: „Normalerweise sorgt Frischwasser über den Zulauf und den Ablauf für eine Regulierung der Nährstoffe und des Sauerstoffhaushalts des Seewassers, wodurch die Wasserqualität gesichert wird. Diese ist derzeit noch nicht in Gefahr, da eine vor Jahren eigens hierfür installierte Fontäne durch Wasserbewegung für die nötige Sauerstoffversorgung des Sees sorgt.“ Eine Entschlammung des Sees sei aber geplant. Einschränkungen gebe es nur beim Bootsverleih. Nutzer sollten aufpassen, im Uferbereich nicht auf Grund zu laufen.

Studentin Stephanie Csiki vom Domfelsen ist inzwischen ein paar Seiten weiter. „Schön ist es hier auf dem Domfelsen“, sagt sie. Nun ja, Elbschiffer mögen das derzeit anders sehen.

Freud und Leid mit der Ebbe in der Elbe liegen eben dicht beieinander.