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Wiesenpark Schafherde von Hunden attackiert

Im Wiesenpark nördlich vom Herrenkrug weiden derzeit rund 1000 Schafe bis an den Elberadweg heran. Dabei geht es nicht immer friedlich zu.

Von Jana Heute 15.07.2016, 01:01

Magdeburg l Es ist ein schöner, fast wildromantischer Anblick am Rande der Großstadt. Zottelige Schafe laben sich genüsslich am Grün des Wiesenparks. Ein älterer Schäfer mit sonnengegerbter Haut lässt, auf den Hütestock gestützt, seinen wachsamen Blick über die Herde schweifen. Hütehund Zitta, ein Schafspudel, geht sichtbar in seiner Rolle auf. Er ist sofort zur Stelle, wenn ein paar Tiere auf den angrenzenden Elberadweg laufen. Er holt sie zurück auf die Wiese, zurück zur Herde. Alles ohne lautes Gebell oder Geschrei. Ein paar Radfahrer oder Jogger kreuzen die Szenerie. Die meisten grüßen freundlich und fahren ruhig vorbei. Einige zücken die Kamera, um Schnappschüsse zu machen.

„In 98 Prozent der Fälle läuft das alles friedlich ab. Viele Passanten freuen sich, wenn sie die Herde sehen, sind neugierig, fragen. Wollen manchmal sogar den Hund streicheln“, berichtet Schäfer Andreas Karwath, der den Auftrag zur Beweidung des Wiesenparks nördlich vom Herrenkrug hat. Der 57-Jährige und sein angestellter Schäfer Siegfried Häßler (62) verdienen damit ihr Brot. Von April bis Oktober sind Karwaths Tiere draußen. Tagsüber werden sie auf offenem Gelände vom Schäfer und Hütehunden betreut. Nachts wird die Herde auf der Koppel von speziellen Herdenschutzhunden bewacht. Vor allem vor Wölfen, Greifvögeln und streunenden Hunden.

Eigentlich gibt es ein einfaches Rezept, um Konflikten mit der nahen Herde und ihren Bewachern aus dem Weg zu gehen. „Am besten ist es, ruhig zu bleiben und einen großen Bogen um Hund und Herde zu machen“, sagt Schäfer Karwath. Aber wenn doch mal ein paar Schafe auf den gut besuchten Radweg laufen, ist das mit dem großen Bogen so eine Sache. Das weiß auch Karwath. Die Hunde tun eigentlich nichts – außer ihre Arbeit, betont er. Die Schafe hätten eh anderes im Sinn. So gebe es zumeist auch keine Probleme.

Doch am Sonntag vor einer Woche spitzte sich die Lage zu. Zwei Pärchen seien vorbeigekommen mit drei Hunden. Alle Hunde seien nicht angeleint gewesen, obwohl das die Stadt-ordnung auch für die Grünflächen in Magdeburg so vorsieht (siehe Infokasten). „Damit habe ich aber nicht mal ein großes Problem. Die fremden Hunde dürfen nur nicht in die Herde gehen oder sie angreifen“, sagt Karwath. Doch genau das sei an besagtem Sonntag geschehen, als sein Angestellter Siegfried Häßler gerade die Schafe hütete. Zwei der Hunde seien immer wieder in die Herde gelaufen, um die Tiere zu jagen. „Ich hab ein paarmal geschrien. Da ist ein Hund auch zurückgekommen“, berichtet Schäfer Häßler der Volksstimme. Der zweite Hund aber sei nicht zu bändigen gewesen. Da habe er sich nicht mehr anders zu helfen gewusst, als ihn „mit dem Hütestock zu bestrafen“, berichten die Schäfer.

Daraufhin sei der Besitzer ausgerastet, habe den 62-jährigen Siegfried Häßler bedroht. Die Polizei sei hinzugezogen worden, doch eine Anzeige wurde nicht erstattet, so bestätigt die Polizei auf Nachfrage der Volksstimme. Man habe die Hundehalter belehrt, sagte ein Sprecher.

Doch Schäfer Häßler berichtet, dass der erboste Hundehalter ihn danach noch wüst bedroht und beim Wegdrehen mit der Faust ins Gesicht geschlagen habe. Auch nach anderthalb Wochen ist noch Schorf auf den Wangenknochen des 62-Jährigen zu sehen. Siegfried Häßler kann es immer noch nicht fassen: „In 40 Jahren als Schäfer habe ich das nicht erlebt“, sagt er knapp. Viel Aufhebens wollen die Schäfer dennoch nicht um diesen Zwischenfall machen. „Wir haben kein Interesse an Konflikten“, beteuert Karwath. Besser sei es doch, mit gegenseitigem Verständnis aufeinander zuzugehen. Für Hundehalter heißt das, darauf zu achten, dass die Hunde der Herde fernbleiben. „Bei den Herdenschutzhunden greift natürlich auch der Beschützer-instinkt“, so die Schäfer.

Sie wünschen sich rücksichtsvolle und aufmerksame Passanten. „Wenn zum Beispiel doch mal Schafe ausrücken oder ein fremdes Tier in der Herde für Unruhe sorgt, bitte die Magdeburger Feuerwehr anrufen“, sagt Andreas Karwath.

Die Feuerwehr habe seine Telefonnummer und informiere ihn umgehend. Die Zusammenarbeit klappe reibungslos.