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WirtschaftBaustelle treibt Bäcker fast in den Ruin

Die Bäckerei Lüder in Magdeburg-Prester steht kurz vor dem Aus. Die Baustelle direkt vor der Haustür verursacht massive Umsatzeinbußen.

Von Michaela Schröder 24.10.2020, 01:01

Magdeburg l Seit März 2020 macht die Sperrung der Straße Alt Prester den anliegenden Gewerbetreibenden in Magdeburg zu schaffen. Sie alle haben mit Umsatzeinbußen zu kämpfen, einige plagen seit Monaten Existenzängste. Die Straße ist aufgerissen. Absperrgitter und Baumaterial blockieren immer wieder Fußwege und Hauseingänge. Die Städtischen Werke Magdeburg (SWM) führen in der Straße Alt Prester seit Anfang März Sanierungsarbeiten an der Trinkwasserleitung und am Kanalsystem durch.

„Diese Dauerbaustelle zerstört unsere Existenz. Wenn das so weitergeht, sind wir pleite“, klagt Oliver Lüder von der „Bäckerei & Konditorei Lüder“. Es sei ein Alptraum, eine Baustelle, eine gesperrte Hauptstraße direkt vor seinem Geschäft. „Unsere Kunden erreichen uns nur schwer, die Folge sind rasante Umsatzrückgänge“, erzählt der Bäckermeister.

Es kommt keine Laufkundschaft mehr. Weder zu Fuß noch mit dem Auto. Zwar wurde Oliver Lüder im Vorfeld über die geplante Baumaßnahme informiert, doch welche Ausmaße das Baugeschehen auf sein Geschäft hat, war ihm nicht bewusst.

Die Bäckerei Lüder ist eine Institution. Seit fünf Generationen wird in der Familie gebacken. 1937 erwarb Oliver Lüders Großvater die Bäckerei in Alt Prester 71/73. Durch den vorhandenen Familienbetrieb gab es bei Oliver Lüders Berufswahl kein langes Überlegen. „Es war eigentlich klar, dass ich wie auch mein Opa und Uropa einmal den Betrieb übernehmen werde“, erzählt der gelernte Konditor und Bäckermeister in fünfter Generation. Von Montag bis Sonntag steht Oliver Lüder von 2.30 bis 9.30 Uhr in der Backstube.

Nach einer Insolvenz 2009 startete das Familienunternehmen Lüder wieder neu durch. Die Familie betreibt heute drei Filialen in Magdeburg sowie eine Pension. Jetzt steht der Traditionsbetrieb wieder kurz vor dem Aus. „Uns ist seit März durch die Baustelle die Hälfte der Umsätze weggebrochen“, erzählt Oliver Lüder. Das bereitet dem 48-Jährigen schlaflose Nächte. Zwanzig Mitarbeiter müssen bezahlt werden, allein in der Filiale in Prester arbeiten drei Verkäuferinnen, drei Bäcker, zwei Konditoren. Auch Miete muss bezahlt werden, da seit der Insolvenz das Haus samt Bäckerei und Pension nicht mehr in Familienbesitz ist.

Dann kam der nächste Nackenschlag für Oliver Lüder. Durch die Corona-Pandemie blieben das Café und die Pension geschlossen. Nur noch Außer-Haus-Verkauf war möglich. Doch ohne Laufkundschaft blieben Brötchen und Kuchen hinter der Ladentheke liegen. „Hier gab es wenigstens Hilfe vom Staat, um die finanziellen Schäden im Rahmen zu halten“, so Oliver Lüder.

Eigentlich wollten die SWM bereits im Oktober mit den Arbeiten in der Straße Alt Prester fertig sein. Doch ein Baustopp durch die Corona-Pandemie verzögerte die Arbeiten. Hintergrund des Baustopps war das Verbot der baubegleitenden Kampfmittelsuche auf der Baustelle wegen der Corona-Schutzvorschriften. Für die weiteren Tiefbauarbeiten war eine solche notwendig, um eventuell vorhandene Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg aufzuspüren. „Warum wurde hier nicht für die anderthalb Monate der Verkehr an der Baustelle einspurig vorbeigeleitet?“, fragt sich Oliver Lüder.

Bei mehreren Vor-Ort-Terminen mit Vertretern der Straßenverkehrsbehörde und den SWM wurde bereits im Vorfeld festgelegt, dass zur Umsetzung dieser Baumaßnahme eine Vollsperrung notwendig sei. „Eine zwischenzeitliche Öffnung für den Anliegerverkehr während der ‚Corona-Ruhe‘ wurde durch die Straßenverkehrsbehörde nicht gestattet“, erklärt SWM-Sprecherin Cornelia Kolberg auf Volksstimme-Nachfrage.

Trotz aller Kritik ist sich Oliver Lüder bewusst, dass die Arbeiten vor Ort notwendig sind und auch gemacht werden müssen, dennoch findet er, dass bei der Planung der Baustelle nicht an die ortsansässigen Firmen gedacht wurde. „Ich fühle mich einfach hilflos und verstehe es nicht, dass es bei solchen Dauerbaustellen keine Unterstützung gibt, damit man nicht vor dem Existenzaus steht“, so Oliver Lüder.

Der 48-Jährige hatte sich im Vorfeld sogar Schilder anfertigen lassen, die den Kunden den Weg zu seinem Laden weisen sollten. Doch die Bürokratie machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Seine Schilder durfte er weder an einem Brückengeländer am Klusdamm anbringen noch an anderen Masten. „Das ärgert natürlich einen noch mehr, dass einem dann noch Steine in den Weg gelegt werden“, so Oliver Lüder.

Der Bäckermeister ist vor allem seinen Stammgästen dankbar, die ihm trotz der Bedingungen die Treue halten. Doch trotz Stammkunden hat die Bäckerei schwer zu kämpfen: „Es ist einfach tote Hose“, bringt es Oliver Lüder auf den Punkt.

Voraussichtlich noch bis 18. Dezember werden in der Straße Alt Prester die SWM bauen. Oliver Lüder hofft bis dahin, dass die Bürger trotz der schwierigen Lage den Weg zu ihm in Kauf nehmen. „Wir werden kämpfen. Wir haben weiterhin von Montag bis Sonntag geöffnet und auf dem Hof gibt es auch Parkmöglichkeiten für die Kunden“, so der Magdeburger.