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Wobau-Wohnung Defekter Fahrstuhl: Magdeburgerin eingesperrt

Weihnachtsfeste hat die 87-jährige Inge Schiffke in Magdeburg schon einige erlebt. 2016 sticht allerdings heraus.

Von Rainer Schweingel 27.12.2016, 00:01

Magdeburg l Das Geschehen nahm am 24. November seinen Lauf. „Plötzlich war der Fahrstuhl defekt“, erinnert sich die Seniorin noch ganz genau und dachte sich dabei erst nicht viel. Denn ein paar Tage ohne den Lift würde sie schon überstehen.

Mittlerweile ist die Geduld der 87-Jährigen zu Ende. Zu Heiligabend waren es auf den Tag genau vier Wochen, in denen der Fahrstuhl außer Betrieb war. „Unten hängt ein Zettel, dass der Lift frühestens Anfang Januar repariert wird“, ärgert sich die Seniorin, die es in der liftfreien Zeit unter größter Kraftanstrengung ganze zwei Mal geschafft hat, aus dem sechsten Stock nach unten zu gehen, einzukaufen und die 99 Stufen wieder nach oben zu steigen. „Da war ich danach so fertig und habe geschwitzt, so dass ich mir auch noch eine dicke Erkältung eingefangen habe“, ist sich Inge Schiffke sicher, die auf einen Rollator angewiesen ist.

Tochter Georgia Sengstock, die wegen einer eigenen Erkrankung ihre Mutter nur bedingt versorgen kann, ist inzwischen ebenfalls der Kragen geplatzt. „Ein Fahrstuhl kann ja mal kaputtgehen, auch über eine längere Zeit. Aber dass mehrere betroffene Mieter einfach mit einem lapidaren Zettel der Fahrstuhlfirma abgespeist werden und auch bei Anrufen bei der Wobau als Vermieter nichts passiert, empfinde ich gelinde gesagt schon als Frechheit.“ In der Not startet sie einen Hilferuf bei der Volksstimme. Als sich die Zeitung einschaltet, kommt in die seit vier Wochen festgefahrene Fahrstuhl-Panne plötzlich Bewegung. Zunächst lässt ein Sprecher des zuständigen Vermieters Wobau ausrichten, dass sich die Reparatur wegen eines fehlenden Bauteiles aus der Schweiz verzögert, das noch beim Zoll liege. Außerdem kann die Volksstimme an die Tochter der Betroffenen eine Wobau-Notrufnummer zur Hilfe in Alltagsfragen weitergeben.

Als Oliver Müller einen Tag vor Heiligabend von der Volksstimme zeitgleich über die Fahrstuhlpanne informiert wird, lässt auch er nichts unversucht, der Frau zu helfen. In Personalunion als Linke-Stadtrat, Wobau-Aufsichtsratsmitglied und Vorsitzender des Arbeitersamariterbundes Magdeburg (ASB) setzt er alle Hebel in Bewegung, der Seniorin doch noch zu helfen, damit sie Weihnachten bei der Tochter in Nordwest feiern kann. Weil vom ASB aber weder Personal noch Technik für einen Transport der Frau so schnell zu organisieren sind, besorgt Müller privat einen Rollstuhl, sackt Wobau-Chef Peter Lackner ein und klingelt während des Volksstimme-Besuches überraschend bei der Rentnerin. So kommt es wenige Stunden vor der Bescherung zum Fahrstuhlpannen-Gipfel in der betroffenen Wohnung in der Hans-Grade-Straße.

Allerdings: Reparieren kann auch der Wobau-Chef den Lift nicht sofort. Dafür hat er Zusagen im Gepäck: Erstens eine Mietminderung und zweitens die Reparatur des Fahrstuhls am Tag nach Weihnachten. Lackner: „Wir entschuldigen uns für die Unannehmlichkeiten. Aber leider liegt alles an dem fehlenden Ersatzteil.“

Lackner überreicht der Seniorin als symbolisches Trostpflaster ein Wobau-Präsent und gibt das Versprechen, künftig in solchen Fällen besser und schneller mit Mietern zu sprechen und sie zu informieren. „Das ist hier leider nicht so gut gelaufen“, entschuldigt er sich noch einmal. Dass die Seniorin Inge Schiffke trotz des Transportangebotes von Lackner und Müller letztlich dann doch nicht bei ihrer Tochter feiern kann, liegt an der Erkältung, die sich über Nacht verschlimmert hatte und sie nicht verlegungsfähig machte.

Zum Schluss gibt‘s dann aber noch einen Versöhnungs-Handschlag zwischen Seniorin Inge Schiffke, deren Tochter Georgia Sengstock, Wobau-Chef Peter Lackner und Wobau-Aufsichtsrat Oliver Müller unter der Zusage, dass der Fahrstuhl heute repariert wird. Die Volksstimme bleibt dran und wird es überprüfen.