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Zoo Magdeburg Auf Tuchfühlung mit Totengeistern

Der Magdeburger Zoo wird heimgesucht von den Geistern Verstorbener, denn von diesen leitet sich die Bezeichnung „Lemuren“ ab.

Von Julia Stegmann 05.09.2016, 23:01

Magdeburg l An warmen Sommertagen, an denen so mancher Zoobesucher unter den Temperaturen ächzt, toben die knuffigen Rotstirnmakis ausgelassen über Wiesen und Bäume der Madagaskar-Anlage. Neben ihnen bevölkern Varis und Kattas das Gehege, letztere räkeln sich gerne in der Sonne und geben mit ihren auffällig geringelten Schwänzen beliebte Fotomotive ab.

Ganz nah kommt man ihnen hier, denn innerhalb des Zaunes können sich Mensch und Halbaffe frei bewegen. Anfassen ist selbstverständlich verboten, auch die Tierpfleger streicheln die Tiere nicht. „Den direkten Kontakt zu den Menschen sollen sie meiden“, sagt Keven Kuthe, der zusammen mit einigen Kollegen die Lemuren betreut und einmal täglich um 11 Uhr die Tiere vorstellt.

Er kennt die Persönlichkeiten und Marotten seiner Schützlinge genau, was hilfreich ist, um zu erkennen, ob sich ein Tier normal verhält. So gibt es ängstliche und dominante Gesellen, Ronja hört nur auf ihren Namen, wenn es ihr passt und Sophie springt ihn ständig an, um an das ersehnte Futter zu gelangen.

Beim Füttern kommt in alle Tiere Bewegung – selbst die Varis, die zuvor einen eher behäbigen Eindruck erweckten, werden plötzlich agil und springen zwischen den Zuschauern auf der Tribüne hin und her. „Sie sind alle gleich verfressen“, stellt Keven Kuthe klar. Umso wichtiger ist es, dass Besucher kein Essen mit in die Anlage hineinnehmen oder gar absichtlich die Äffchen füttern. „Sie schaden den Tieren mehr damit, als sie ihnen etwas Gutes tun.“

Das Füttern obliegt den Tierpflegern – ebenso wie das Reinigen der Anlagen, welches den Großteil des Arbeitstages in Anspruch nimmt. Und wenn man dann als Tierpfleger häufig mit den Lemuren zu tun hat, passieren auch schon mal Missgeschicke. „Ab und zu wird man mal angepullert“, lächelt Kuthe. Das Betreten einer begehbaren Anlage birgt auch so seine Risiken. Der Besucher sei an dieser Stelle gewarnt.

Dennoch bereut Keven Kuthe seine Berufswahl nicht. „Das war keine groß überlegte Entscheidung, sondern mehr aus dem Bauch heraus. Ich habe die richtige Entscheidung getroffen.“

2009 begann er die dreijährige Ausbildung im Tierpark Berlin, in welchem er bis März 2015 arbeitete. Dann wechselte er zum Magdeburger Zoo. Hier kümmert er sich, außer um die Lemuren, noch um Schimpansen, Löwen und Pinguine. Am liebsten jedoch sind ihm Affen und Elefanten, Letztere betreute er im Tierpark Berlin.

Was er an dem Beruf des Tierpflegers besonders schätzt? „Dass man an der frischen Luft arbeitet. Die ganze Zeit drinnen zu hocken, das wäre nichts für mich“, so Kuthe.

Der Kontakt mit den Lemuren war von Anfang an kein Problem, denn die Tiere gewöhnen sich schnell an neue Pfleger. Sie erkennen sie vor allem an der gleichen Kleidung – grünes Shirt und beige Hose – und daran, dass sie bestimmte Zugänge zum Gehege benutzen. Außerdem bringen sie ihnen das Futter mit – Liebe geht bekanntlich durch den Magen.