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Azubis 2019 Notstand: Zu wenig Auszubildende

Die Handwerks- und Produktionsbetriebe in Oebisfelde suchen händeringend nach Auszubildenden. Es herrscht Notstand an Azubis.

Von Harald Schulz 02.08.2019, 06:00

Oebisfelde l Am 1. August hat das neue Ausbildungsjahr begonnen. Landesweit der Start in einen neuen Lebensabschnitt für 907 junge Menschen, informiert Nicole Rumpf von der Handwerkskammer (HWK)Magdeburg. Im Landkreis Börde starteten insgesamt 133 Auszubildende in ihre Lehrzeit.

Von einem Notstand an Auszubildenden (Azubis) sprechen in der Stadt Oebisfelde allerdings gleich mehrere Arbeitgeber. Dazu zählt auch Unternehmer Thomas Brüsch, der Inhaber und Geschäftsführer von SLM-Kunststofftechnik. Einem Produktionsbetrieb für die Kfz-Industrie, der aktuell 250 Mitarbeiter beschäftigt. Am gestrigen Donnerstag begrüßten Firmenchef Brüsch und Ausbildungsleiter Frank Markert sechs neue Auszubildende. Insgesamt werden 14 Azubis in kaufmännischen und technischen Bereichen ausgebildet.

Die Zahl an Facharbeitern und Auszubildenden hat sich in den vergangenen Jahren weiter deutlich nachteilig entwickelt, resümiert Brüsch. Er stellt für sein Unternehmen fest, dass selbst Anreize, wie das Bezahlen von Materialien für die Berufsausbildung, Fahrkostenübernahmen oder finanzielle Anreize als Honorierung von Leistung nicht in dem Maße fruchten, wie es erhofft wird.

„Wir agieren auf einem Markt, der von uns als Unternehmen höchste Qualität bei den Produkten und größtmögliche Effizienz abverlangt, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Das gilt ständig, um volle Auftragsbücher zu garantieren“, so die Brüsch-Erklärung zu den wirtschaftlichen Erfordernissen.

Was der Unternehmer aber ebenso betont, ist, dass zum Fleiß und einer präzisen Arbeitsleistung auch Kenntnisse benötigt werden, die auf einen bestimmten Wissensstand aufbauen. Und da muss Brüsch nach eigenen Aussagen schon öfter als früher durchprusten, wenn er die Abschlusszeugnisse der Bewerber vorgelegt bekommt. Nicht zuletzt stellt er fest, dass die Bereitschaft einen Beruf zu erlernen, der körperliche Arbeit verlangt, immer weiter abnimmt. „Eine Leistungsbereitschaft scheint nur durch massiven Geldeinsatz geheilt zu werden. Es drängt sich die Annahme auf, dass hier lokal nur VW zählt, sonst gar nichts“, meint Brüsch.

Mit der Auffassung ist der Unternehmer nicht allein unterwegs. Auch Marianne Jonas, die vier Filialen in der Region betreibt und von der Handwerkskammer erst vor Kurzem erneut als vorzüglicher Ausbildungsbetrieb ausgezeichnet wurde, beklagt: „Für dieses Ausbildungsjahr lag nicht eine Bewerbung vor.“ Die Gründe dafür sieht die Unternehmerin auch in der Arbeitsbelastung, die von jungen Menschen wohl als zu hoch eingeschätzt wird. Für die 18-jährige Azubine Alina Michelle Borchert aus Oebisfelde ist es allerdings der Traumberuf, den sie nun im dritten Ausbildungsjahr zum Abschluss bringen möchte.

Für erschreckend schwach stuft Holger Brauns die schulischen Leistungen ein, wenn er sich die Bewerbungsunterlagen ansieht. Brauns ist Ausbildungsleiter beim Autohaus Isensee in Oebisfelde. Dieses Manko ist immer häufiger zu bemerken, meint Brauns. Und er meint, dass Jugendlichen der Weg in Berufe bereits früh aufgezeigt werden muss. „Nur wenn dem Schüler deutlich und unverblümt aufgezeigt wird, worin seine Stärken liegen, erhält der wichtige Entscheidungshilfen für die Berufswahl“, ist Brauns überzeugt.

Ein wesentliches Moment ist und bleibt die innere Einstellung zum Beruf, wissen die Arbeitgeber Brauns, Brüsch und Jonas. Und da scheint es ein gesellschaftliches Problem zu geben, dass sich für Handwerk und Produktion negativ auswirkt: Immer weniger junge Menschen möchten sich mit Arbeit die Hände schmutzig machen.