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Goldener Meisterbief Meisterlich und bodenständig

Der Oebisfelder Günter Meinel ist ein Goldener Meister. Diese Ehrung hat er für seine 50-jährigen Verdienste bekommen.

Von Harald Schulz 20.07.2020, 22:00

Oebisfelde l Der Tradition und Familie verpflichtet. Mit diesem Anspruch hat Günter Meinel den Handwerksbetrieb von seinem Vater Erich im Jahr 1972 übernommen. Der leitete das ehemalige Oebisfelder Elektrizitätswerk an der Schulstraße. Außerdem hatte Erich Meinel bereits 1946 eine Elektrofachfirma gegründet. Dass die Söhne Horst und Frank nach der Schule im Betrieb mithelfen mussten, verstand sich zu damaliger Zeit von selbst.

Und die Brüder wurden auch im väterlichen Betrieb zu Elektroinstallateuren ausgebildet. Die Firmennachfolge, schon damals existenziell für die Zukunft eines Handwerksbetriebs, wurde im familiären Kreis bestimmt. In der Familie Meinel sollte es der Horst sein. Doch es kam anders, was Bruder Günter im Nachhinein den zweiten Meister bescherte. Er schulte zum Elektromaschinenbauer in Sangerhausen um. Als sein Bruder überraschend das Angebot vom Rat des Kreises annahm, sich mit einer Förderung in Mieste selbstständig zu machen, war die Firmennachfolge geklärt.

Bereits im Jahr 1963 legte Günter Meinel sein spezielles Meisterstück im Elektrohandwerk ab. „Ich war für die gesamte Schaltverteilung des Klötzer Wasserwerks zuständig. Das war mein Meisterstück“, erinnert er sich noch heute mit Stolz.

Dass er vor 50 Jahren dann auch noch seinen Handwerksmeister im Elektromaschinenbau ablegte, brachte ihm insbesondere zu DDR-Zeiten spezielle Vorteile, die zu damaliger Zeit wertvoll wie der sprichwörtliche Goldstaub waren. „Mit diesen meisterlichen Kenntnissen und Fähigkeiten hätte ich Staubsauger, Bohrmaschinen, ja selbst Elektromotoren mit einer Leistung von bis zu 1000 Kilowattstunden bauen können“, verdeutlichte Meinel den Wert dieses Berufes. Im elterlichen Betrieb und später als Firmeninhaber war die Fähigkeit, reparieren zu können, von großem Vorteil. „Es wurde so gut wie nichts weggeworfen. Die Leute kamen zu mir, um selbst Elektroanker von Kleingeräten wieder neu wickeln zu lassen“, kann sich Meinel noch an so einige Elektrofeinarbeiten erinnern.

Günter Meinel blieb Oebisfelder, weil ihm Familie, Beruf und der Heimatort ans Herz gewachsen waren. Im Jahr 1972 übernahm er den väterlichen Betrieb, führte ihn bis 2002. „18 Jahre Selbstständigkeit zu DDR-Zeiten und zwölf Jahre Bundesrepublik mit einer turbulenten Wendezeit, da erlebt man viel“, lautet sein Vergleich.

Die Zeiten hätten sich im Vergleich zu damals drastisch geändert. „Zu DDR-Zeiten fehlte es an allen Ecken und Enden an Material, aber wir haben uns mit den Verhältnissen arrangiert. Damals wurden vorrangig Aluminiumleiterteile verwendet. Die standen dem Kupfer eigentlich in nichts nach, aber man musste sie erstmal haben“, berichtet Günter Meinel von den Zeiten vor 1989. Hatte der Familienbetrieb Meinel einen staatlichen Auftrag, gab es keine Material-Probleme. Private Kunden mussten sich hingegen gedulden, bis ihnen Material von der zuständigen Abteilung beim Rat des Kreises zugeteilt wurde. Wie in so vielen Lebensbereichen machte zu DDR-Zeiten die Not generell im Handwerk erfinderisch. „Wir haben uns viel einfallen lassen“, erinnert sich schmunzelnd Günter Meinel.

Auch über die Arbeit in Grenznähe gibt es Geschichten. So arbeitete Meinel an der Grenzbeleuchtung oder wurde nachts aus dem Bett geklingelt, weil ein Sperrkörper im Kanal, der Republikflüchtlinge aufhalten sollte, defekt war.

Während Günter Meinel für seine Firma mit zehn Angestellten ständig irgendwo unterwegs war, stand Ehefrau Renate im Laden. Vor allem Lampen seien dort zu DDR-Zeiten verkauft worden, später waren es dann Geräte wie Kühlschränke und Waschmaschinen.

Heute ist Günter Meinel Rentner und schaut vor allem im Geschäft vorbei, das seit vielen Jahren sein Sohn Frank führt, um alte Kupferabfälle zusammenzusuchen. Aus denen fertigt er Dekorationen, wie etwa imposante Türme.

Die Frauen im Familienbetrieb Meinel haben immer mitgearbeitet. Wie Günter Meinels „bessere Hälfte“ Renate steht auch Frank Meinels Frau Heide im Geschäft und kümmert sich um den Verkauf und den kompletten Service. Und es zeichnet sich ab, dass die vierte Generation Meinel komplett in Frauenpower übergeht. Tochter Stefanie ist bereits Gesellin im Elektrotechnikerhandwerk und strebt nun dem Meister entgegen.

Was Günter Meinel in Verbindung mit der Auszeichnung ein wenig bedauert, ist der Umstand, dass aufgrund der Corona-Pandemie die feierliche Vergabe der Meisterbriefe nicht wie üblich im Hause der Handwerkskammer Magdeburg stattfinden konnte. Glückwünsche und Meisterbrief kamen per Post. „Doch diese Wertschätzung und Auszeichnung im Kreise der Familie zu feiern, habe ich schon genossen“, hieß es vom zweifachen Handwerksmeister Günter Meinel.