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Natur pur Einblicke in uralte Moorkultur

Das alte Schöpfwerk Buchhorst wird als Informationszentrum Drömling genutzt und dient demnächst als Eingangstor für das nahe Naturrefugium.

Von Harald Schulz 06.04.2018, 03:00

Oebisfelde/Buchhorst l Von der Naturparkverwaltung Drömling in Oebisfelde gaben die Mitarbeiter Wolfgang Sender und Sabine Wieter einen Einblick in das Vorhaben. Die Infostelle Buchhorst wurde im Jahr 2004 in einem bis 1991 betriebenen Schöpfwerk eingerichtet. Hauptgrund war das Fehlen eines Ausgangspunktes für Exkursionen im Norddrömling. Vor allem aufgrund der Lage der Infostelle mit den angrenzenden unterschiedlichen Schutzzonen des Naturschutzgebietes Ohre-Drömling, im Flora-Fauna-Habitat-Gebiet (FFH) und im Vogelschutzgebiet sowie im Verbreitungsschwerpunkt der Moordammkulturen weist der Standort eine besondere Eignung für die Wissensvermittlung zum Programm NATURA 2000 und zu den wertvollsten Lebensräumen und Arten im Drömling auf. Im Rahmen des aktuellen Entwicklungsprozesses des Naturparks zu einem länderübergreifenden Biosphärenreservat ist auch die geringe Entfernung zur Landesgrenze nach Niedersachsen von besonderer Bedeutung, weiß Wolfgang Sender.
Direkt neben dem Gebäude befindet sich auf dem 23 Hektar großen Landesflurstück ein typisches Beispiel für eine Moordammkultur. Moordammkulturen wurden vor allem im 19. Jahrhundert angelegt. Im Drömling werden sie als Rimpau'sche Moordammkulturen bezeichnet, da der Rittergutsbesitzer Rimpau sie ab 1862 im Drömling großflächig einführte. Die Moordammkulturen wurden durch Aushub von jeweils 25 voneinander entfernten Gräben angelegt. Der Aushub, zuerst der Torf und darüber der unterlagernde Sand, wurden auf die dazwischen liegende Fläche verteilt.
Die Gräben mussten aufgrund natürlicher Verlandungsprozesse periodisch grundgeräumt werden, was in den Jahrzehnten nach 1900 nur noch sporadisch und flächenmäßig nicht überall erfolgte. Die letzten Entschlammungen fanden vor etwa 30 bis 50 Jahren statt, danach wurden diese im Rahmen der Komplexmelioration vielfach zugeschüttet oder nach 1990 mit der Auflösung der Meliorationsgenossenschaften gar nicht mehr unterhalten. Heute sind noch etwa 2400 Hektar Moordammkulturen im Drömling vorhanden, ist bei der Naturparkverwaltung dokumentiert.
Die Kulturen stellen aufgrund ihrer engen Verzahnung der Land- und Wasserlebensräume für den Artenschutz besonders wertvolle Lebensräume dar. Der Pflege- und Entwicklungsplan listet über 30 Arten mit einer hohen Bindung an Moordammkulturen auf. Beispielhaft seien Schlammpeitzger, Kammmolch, Moor- und Laubfrosch sowie Tüpfelsumpfhuhn und Wachtelkönig genannt.
Bei Kartierungen der besonders geschützten Biotope und Lebensraumtypen 1994/95 und 2002/2004 konnten die Moordammgräben nur noch in erheblich geringerem Maße als wertvoll eingestuft werden als zu Beginn der 90er Jahre. Die Ergebnisse verdeutlichen den zunehmenden Verlandungs- und Verbuschungsgrad der Moordammgräben bis hin zum Verlust des Gewässerlebensraumes. Aufgrund dessen besteht eine hohe Gefährdung für diesen Lebensraumtyp, so dass großer Handlungsbedarf besteht. Derzeit werden Baumaßnahmen ausgeführt, die planmäßig bis Mitte Mai abgeschlossen sein sollen.
Die vorhandene Moordammkulturfläche soll als offene Wiesenfläche gestaltet werden. Die verlandeten Gräben mit einer Gesamtlänge von etwa 5500 Metern werden entkrautet und entschlammt. Nach der Grabenräumung wird aus den Gräben weiteres Material aus dem Sohlbereich entnommen, um die vorhandenen Senken, Wurzellöcher und Flächenunebenheiten auszugleichen. Entlang eines Grabens wird ein Wanderweg mit einer Länge von zirka 800 Metern am Rand der Kulturfläche hergestellt.
Mit der jetzt durchgeführten Maßnahme werden Wasserlebensräume geschaffen, die eng mit Grünlandstandorten verzahnt sind. Dies hat eine sehr hohe Bedeutung für alle vorkommenden Amphibienarten. In den wieder hergestellten Gräben werden sie ideale Laichgewässer vorfinden. In Verbindung mit dem angrenzenden Grünland als Sommerlebensraum der Amphibien und der im Umfeld vorhandenen Heckenstruktur, die als Winterlebensräume gelten, hat dieser Bereich eine große Bedeutung für diese Arten. Von diesen Maßnahmen profitiert auch eine ganze Reihe von gefährdeten seltenen Wasserinsekten, insbesondere Wasserkäfer und Libellen, nennt Sender einige Beispiele.
Am Anfang jeden Lebens steht das Wasser. Hier entwickeln sich Kleinorganismen, die dann von höheren Tiergruppen als Nahrung genutzt werden, so die Erläuterung. So dienen die Insekten den Vögeln als Nahrung. Aber auch eine Reihe von Fledermausarten sind im Umfeld nachgewiesen, die durch die Verbesserung der Lebensgrundlagen der Kleintiere und Pflanzen am Ende der Nahrungskette Vorteile haben.
"Letztendlich findet auch der vielerorts anzutreffende Weißstorch im Zeitraum seiner Anwesenheit bei uns im Brutgebiet auf derartig strukturierten Flächen ein überaus reiches Nahrungsangebot", ist Sender als Storchenbeauftragter hoch erfreut über dieses regional reiche Vorkommen dieser gern beobachteten Großvögel.