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Toleranz Bürger hinterfragt Städtpartnerschaft

Ein Oebisfelder stellt die Städtepartnerschaft zu Lidzbark infrage: Der Grund: eine mögliche Intoleranz gegenüber Homosexuellen

Von Harald Schulz 20.05.2020, 01:01

Oebisfelde l Die Forderung von Uwe Schulz gründet auf seine Beobachtung, dass sich in Polen mittlerweile immer mehr Städte politisch als sogenannte LGBT-freie Zonen bezeichnen. Was bedeutet, dass in solchen Zonen die Meinung vorherrscht, Menschen ihre Rechte abzuerkennen, die für eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft eintreten, oder auf solche Weise zusammenleben. Der Oebisfelder kritisierte, dass diese gesellschaftliche Orientierung von der polnischen Staatsregierung gestützt und zudem von der dortigen katholischen Kirche toleriert werde. Eine Entwicklung, die von der Europäischen Gemeinschaft bereits im Jahre 2019 mehrheitlich abgelehnt wurde, führte Schulz aus. Er befürchte, dass eine solche Haltung auch für die Partnerstadt Lidzbark in Betracht kommen könnte. Deshalb forderte er die Verwaltung zur Prüfung auf. Sollte sich seine Annahme bestätigen, sieht Schulz es unter solchen Umständen es nicht als gegeben an, diese Städtepartnerschaft aufrechtzuerhalten.

UWG-Stadträtin Bogumila Jacksch, sie ist zugleich Oebisfeldes Ortsbürgermeisterin und Sprecherin der Städtepartnerschaft, konnte an der Sitzung des Stadtrates nicht teilnehmen. Unmittelbar nachdem ihr die Schulz-Anfrage zu Ohren gekommen war, hat sie mit dem Lidzbarker Bürgermeister telefoniert und ihn informiert. Über die Anfrage hatte sie von Stadtratsmitgliedern Kenntnis erhalten.

Jacksch selbst kann die Schulz-Anfrage nicht nachvollziehen, wie sie es gegenüber der Volksstimme ausdrückte. Für die Oebisfelder Ortsbürgermeisterin steht die gesellschaftliche Weltoffenheit für beide Städte außer Frage. „Unsere Partnerschaft ruht auf einem 20-jährigen engen Miteinander, was allein schon die gegenseitigen wie regelmäßigen Besuche dokumentieren. Wir kennen und schätzen uns, haben eine enge Verbindung, die historische Grenzen überwunden hat. Völkerverständigung, Europäische Gemeinschaft und nachbarschaftliche Nähe stützen diese 20-jährige Freundschaft“, sieht Jacksch somit keinen Raum für Diskriminierung Einzelner oder Gruppen.

Was zum Unverständnis dieser Anfrage bei Jacksch ebenso beiträgt, ist, dass Stadtrat und Verwaltung die falschen Adressen waren. Wie sie erläutert, basiert die Städtepartnerschaft ausschließlich auf einer Vereinbarung zwischen dem Ortschaftsrat Oebisfelde und der Stadt Lidzbark. „Der Stadtrat und die Stadtverwaltung sind da außen vor“, klärte Jacksch auf. Die wohl bessere Lösung wäre gewesen, direkt mit der Arbeitsgemeinschaft Städtepartnerschaft oder mit ihr als Sprecherin über das Problem zu sprechen. Jacksch will auf alle Fälle aber für Schulz gesprächsbereit bleiben.

Im Rathaus der polnischen Partnerstadt Lidzbark löste die Information über die Schulz-Anfrage einige Irritationen aus, erfuhr Jacksch, nachdem sie Gestern nochmals mit Lidzbarks Bürgermeister Sitarek telefoniert hat. Der zeigte sich schockiert und empört über eine derartige Annahme. Gegenüber der Ortsbürgermeisterin bekräftigte Sitarek die Einladung einer Oebisfelder Delegation aus Anlass der 20-jährigen Partnerschaft, allerdings aufgrund der Corona-Pandemie statt im Juli nun voraussichtlich im September. Als unmittelbare Reaktion und zur Klarstellung sieht es Sitarek es als dringlich an, eine Erklärung über die humanistischen Werte namens der Stadt Lidzbark an die Freunde in der Partnerstadt Oebisfelde zu senden.