1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Oschersleben
  6. >
  7. 150 Bürger sitzen Schwindel auf

Asyl 150 Bürger sitzen Schwindel auf

In Hornhausen wollten etwa 150 Bürger an einem Info-Abend zur Unterbringung von Flüchtlingen teilnehmen. Die Einladung war ein Schwindel.

Von Sebastian Pötzsch 28.10.2015, 00:01

Hornhausen l Es ist Montagnachmittag in Hornhausen. In dem 1800-Seelen-Ortsteil von Oschersleben sind rund 150 Einwohner auf den Beinen, um sich über die Unterbringung von Flüchtlingen in der ehemaligen Bördelandschule inmitten des Dorfes unterrichten zu lassen. Treffpunkt ist laut einer Einladung vor dem Gemeindebüro.

Doch als auch 20 Minuten nach der vereinbarten Zeit noch niemand von den „Offiziellen“ zu sehen ist, wird die Masse unruhig. Auch die Polizei ist mittlerweile mit mehreren Streifenwagen vor Ort. Irgendwann dringt die Information durch die Masse, dass man sich gemeinsam auf dem Weg zum Wohnhaus des Ortsbürgermeisters Lothar Lortz machen wolle, um an Informationen zu kommen. Dort treffen immerhin rund 120 Bürger ein und skandieren Parolen wie „Lothar komm raus“. Doch der Ortsbürgermeister ist nicht Zuhause.

„Ich war auf der Sitzung meiner Stadtratsfraktion in Klein Oschersleben, als mich meine Frau anrief. Sie war völlig aufgelöst“, sagt Lothar Lortz am Dienstag in einem Volksstimme-Gespräch. Die Gattin habe ihm von der Menschenansammlung berichtet, „und dass die Polizei hier ist“, erzählt der Lokalpolitiker weiter und ergänzt: „Das war eine Tröglitzer Situation“.

Das Brisante: Die Einladung zu der vermeintlichen Informationsveranstaltung vor dem Gemeindebüro stamme nicht von ihm selbst, „sondern offenbar von Provokateuren“, ist sich Lortz sicher. „Das ist schon daran zu erkennen, dass die verteilten und ausgehängten Zettel nicht meine Unterschrift tragen. Diese Plakate waren anonym“, betont der Ortsbürgermeister. Es sei zwar ein Zettel in einen großen Schaukasten gegenüber des Gemeindebüros ausgehängt worden, doch komme da jeder ran. „Ich werde veranlassen, dass dies in Kürze nicht mehr möglich sein wird“, verspricht Lortz. Ein weiterer Zettel sei direkt auf die Glasscheibe eines zweiten Schaukastens direkt am Gemeindehaus geklebt worden. „Hier deutet also nichts darauf hin, dass es sich um eine offizielle Einladung handelt“, macht Lortz deutlich und ergänzt: „Ich lade doch nicht auf die Straße ein, wo ich keine hoheitlichen Rechte wahrnehmen kann.“

„Glücklicherweise ist es im weiteren Verlauf zu keinen Vorkommnissen gekommen“, sagt Polizeisprecher Joachim Albrecht auf Nachfrage. Jedoch kritisierte er die anonyme Einladung. „Wir kennen den Urheber nicht. Das hat nichts mit Demokratie zu tun“, hebt der Polizeibeamte hervor und fügt hinzu: „Jeder sollte gleichermaßen einen Beitrag leisten, fair miteinander umzugehen. Und wenn jemand demonstrieren möchte, so kann er das tun. Das ist sein Recht. Nur muss er dies bei der zuständigen Versammlungsbehörde anmelden.“ Außerdem stellte Albrecht an die Adresse der Provokateure gerichtet klar, dass es im Bereich Börde bisher keine besonderen Vorkommnisse mit Flüchtlingen gegeben habe, nur untereinander.

Unterdessen haben am Montagabend die ersten 17 Flüchtlinge die Notunterkunft in Hornhausen erreicht. Laut Iris Herzig, Fachbereichskoordinatorin für Soziales bei der Landkreisverwaltung, handelt es sich dabei um zwei Familien ohne Kinder, der Rest seien Männer. „Die Ankunft von Familien mit Kindern haben wir zunächst verschoben. Gründe sind die Vorkommnisse in Hornhausen, die sich auch auf Facebook äußern. Das wollen wir den Kindern nicht antun“, sagte Herzig der Volksstimme.

Am vergangenen Freitag hatte sie entgegen vorheriger Verlautbarungen mitgeteilt, dass ein ehemaliges Schulgelände in Hornhausen kurzfristig als Notunterkunft für Flüchtlinge ausgewählt worden ist. Als Begründung gab sie die ständig nach oben korrigierten Zuweisungszahlen an. „Alle Plätze in den Gemeinschaftsunterkünften des Landkreises sind belegt“, hatte Iris Herzig erklärt.

Unterdessen weist Lothar Lortz auf die offizielle Informationsveranstaltung zu diesem Thema hin. Sie findet am Donnerstag, 29. Oktober, ab 17 Uhr im Dorfgemeinschaftshaus in der Badstraße statt.