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Klaviermusik Seit 50 Jahren Chormusiker

Noch heute leitet der Warsleber Hartmut Sievert zwei Gesangsensemble.

Von René Döring 20.02.2016, 00:00

Warsleben l Hartmut Sievert sitzt am Klavier, vor ihm die Noten eines Liedes von Andreas Bourani. Ich denke mir, dass er diesen Song „Auf uns“ sicherlich manchmal für seine Enkelin Karla spielt, die derzeit zu Besuch bei ihren Großeltern und schon im Popmusik-Alter ist. „Aber nein“, ruiniert mir Hartmut Sievert sofort meine Vermutung und erklärt: „Ich bereite mich damit auf die nächste Chorprobe vor.“

Ja, die Singgemeinschaft Warsleben hat diesen Bourani-Titel drauf. Jedenfalls demnächst. Denn das ist das Lied, das Chorchef Sievert derzeit mit den 26 Sängerinnen bei den donnerstäglichen Proben neu einstudiert und damit das aktuelle Repertoire auf 44 Lieder erweitert. „Das sind zum einen Lieder, die zum Chor-Standard gehören, aber inzwischen auch etliche Titel aus der populären Musik“, sagt der 66-jährige Sievert.

Und genauso verändert sich mit der Zeit auch der Liedbestand des zweiten Chores, dem der Warsleber Hartmut Sievert den Takt vorgibt, also beim Männerchor „Glück auf“ Sommersdorf. Auch hier werden fortlaufend frühere Titel gestrichen und neue ins Programm genommen. Dienstag für Dienstag wird bei den Proben daran gearbeitet.

Soweit die Gegenwart. Jetzt ein Blick in die Vergangenheit. Beispielsweise in das Jahr 1966. Hartmut Sievert ist 16, Schüler der EOS Oschersleben und sammelt bei seinem Musiklehrer Herbert Schlame die ersten Chorerfahrungen. Einige Jahre später ist er selbst Musiklehrer und hatte noch im letzten Studienjahr während eines Praktikums von seinem Mentor „sehr viel“ über die Chorarbeit mit verschiedenen Altersgruppen gelernt.

So dass es nicht verwunderlich ist, dass Sievert auch an seiner ersten Lehrer-Station, also an der POS Völpke, den Schulchor übernimmt. Wie auch später an der Oschersleber Puschkin-Schule, die sein zweiter Arbeitsplatz wird. Und als sich 1976 der Oschersleber Chor der Gewerkschaft Unterricht und Erziehung gründet, übernimmt Hartmut Sievert auch dort den Taktstock.

Als 1990 vieles anders wird, verlässt Hartmut Sievert die Puschkin-Schule und übernimmt die Leitung der Kreismusikschule Oschersleben. Damit ist zwar auch der Abschied vom Puschkin-Schulchor verbunden, aber kein Abschied von der Chorarbeit an sich. Denn Sievert bleibt Leiter des nun in Lehrerchor umgetauften Gewerkschaftschores und übernimmt zudem den Sommersdorfer Männerchor „Glück auf“. Und 2005 kommt gar noch ein dritter Chor hinzu. Denn Hartmut Sievert, der 1993 mit seiner Familie von Oschersleben zurück in seinen Geburtsort Warsleben gezogen ist, kann nicht nein sagen, als Sangesfreudige die in den 80er Jahren zu Ende gegangene Warsleber Chorgeschichte wiederbeleben möchten.

Doch drei Chöre sind irgendwann doch zu viel und Sievert gibt 2007 den Lehrerchor in Nachfolger-Hände. Den beiden anderen Chören bleibt Hartmut Sievert allerdings auch über den Ruhestand hinaus treu, in den er 2012 geht.

Allerdings wissen inzwischen sowohl die Singgemeinschaft als auch der „Glück auf“-Chor, dass sie nur noch gut drei Jahre auf Hartmut Sievert bauen können. Denn der möchte festentschlossen in seinem 70. Lebensjahr seine Chorarbeit beenden.

Was er gemeinsam mit seiner Ehefrau Ulrike entschieden hat, die in all den Jahren die Chorarbeit ihres Mannes nicht nur intensiv unterstützt, sondern die auch wo immer es möglich war mitgesungen hat. Also früher im Lehrerchor genauso wie heute in der Warsleber Singgemeinschaft.

Nachdem Hartmut Sievert all das und noch reichlich mehr über sein bisheriges sowie künftiges Musik-Leben erzählt und dabei den Kaffee ausgetrunken hat, höre ich beim hinausgehen den 60er-Jahre-Kult-Poptitel „California Dreamin“ von The Mamas and the Papas. Und wieder gehe ich fest davon aus, dass Enkelin Karla diesen Titel deshalb auf dem Tablet abspielt, weil er ihr besonders gut gefällt. Doch abermals liege ich falsch. Denn Hartmut Sievert kennt den wahren Beweggrund seiner Enkelin, mich mit diesem Song zu verabschieden: „Auch dieses Lied singt der Warsleber Chor und sorgt damit bei den Zuhörern für Begeisterung.“