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Coronavirus Die Paddel bleiben im Trockendock

Das touristische Konzept ist in den vergangenen Jahren für Hans-Peter Lemgau mit Bootsverleih und Camping in Gröningen gut aufgegangen.

Von Yvonne Heyer 05.05.2020, 12:20

Gröningen l Mit Spannung hat Hans-Peter Lemgau auf die neuen Lockerungen hinsichtlich der Corona-Pandemie gewartet. Normalerweise öffnet der Besitzer und Betreiber des Gröninger Bode Bootsverleihs und Camping Mitte April das direkt an der Bode gelegene Areal für Freizeitsportler und Erholungssuchende. Aber in Zeiten der Corona-Pandemie muss auch Hans-Peter Lemgaus Unternehmen geschlossen bleiben.

Doch zumindest die Kanutouren und der Bootsverleih sollten geöffnet werden. Ein entsprechender Antrag an den Landkreis Börde zur Öffnung mit Ausnahmegenehmigung wurde abgelehnt. Auf Volksstimme-Nachfrage teilt Landkreis-Sprecher Uwe Baumgart mit: „Dem Landkreis Börde war es nicht möglich, eine Ausnahmegenehmigung zu erteilen, da es sich nicht um einen Sportbetrieb im Sinne der Covid-19-Eindämmungsverordnung handelt, sondern um eine Vergnügungsstätte.“ Und genau das sieht Hans-Peter Lemgau anders. „Ich betreibe keine Vergnügungsstätte.“

Laut Auffassung des Landkreises bestünde in Vergnügungsstätten, wie der Bootsverleih, aufgrund der Nähe und Begegnung der Menschen zueinander sowie aufgrund der durchschnittlichen Verweildauer ein hohes Infektionsrisiko. Zudem würden Gegenstände wie Ruder oder Paddel, Rettungswesten, Seile, Boote oder Bargeld von diversen Menschen im Betrieb genutzt und berührt, sie wechseln teils von Hand zu Hand. Selbst bei der Desinfektion von Booten, Paddeln usw. sind die Übertragungswege nicht vollständig auszuschließen.

Inzwischen wurde am 2. Mai die 5. Eindämmungsverordnung von der Landesregierung beschlossen. Jetzt treten weitere Lockerungen in Kraft. Auch darauf verweist das Schreiben des Landkreises.

Hans-Peter Lemgau hätte die Entscheidung des Landkreises nicht einfach hingenommen, doch ein Widerspruch wurde ihm verwehrt. „Ich habe die Entscheidung nicht verstanden, zumal in anderen Gegenden wie an der Unstrut oder in Leipzig der Bootsverleih ermöglicht wurde“, erklärt Lemgau. Er werde, da nun weitere Lockerungen in Kraft getreten sind, in jedem Fall einen neuen Antrag stellen, um zumindest den Bootsverleih öffnen zu können. Wann er grünes Licht für die Öffnung des Campingplatzes bekommt, ist völlig offen.

Seit neun Jahren gibt es den Gröninger Bootsverleih mit Campingplatz. Jahr für Jahr sind die Angebote gewachsen und damit die Besucherzahlen. Selbst Leute aus Bayern wissen den idyllischen Wasserweg auf der Bode zu schätzen. „Zu uns kommen Leute, die hier auf dem Weg nach Schweden trainieren. Es kommen viele Schulklassen, Harztouristen, selbst Betriebsfeiern werden veranstaltet“, berichtet Hans-Peter Lemgau.

Zum Zeltplatz gesellen sich Schlafhütten und Stellplätze für Wohnmobile und Caravane. Es gibt Dauercampingplätze. „Der Platz bietet inzwischen auch verschiedene Freizeitangebote wie einen Bolzplatz, Badminton, Volleyball. Ich wollte noch Tischtennisplatten kaufen, aber die sind aktuell nicht zu bekommen“, weiß Hans-Peter Lemgau zu berichten. Auch die vergangenen Wintermonate hat Hans-Peter Lemgau genutzt, um sich viele neue Gedanken zu machen, neue Ideen zu entwickeln. „Ich könnte mir vorstellen, an der Bode, konkret in Egeln-Nord und in Quedlinburg, zwei neue Standort für einen Campingplatz mit Bootsverleih zu eröffnen. Andererseits ist es schwierig, geeignete Flächen zu finden, da es sich in vielen Fällen um Überflutungsgebiete handelt, für die kein Baurecht zu bekommen ist“, sagt Hans-Peter Lemgau.

Beim Treffen auf seinem idyllisch gelegenen Campingplatz an der Bode bei Gröningen ist auch Verbandsgemeindebürgermeister Fabian Stankewitz dabei, der den Aufwind des sanften Tourismus in der Gemeinde mit Wohlwollen betrachtet. Andererseits: „Das größte Problem sehen wir hinsichtlich der Freizeitgestaltung auf dem Wasser in der Tatsache, dass die Bode weitere Querverbauungen bekommen soll. Nur 300 bis 400 Meter vom Campingplatz flussabwärts soll eine Wasserkraftanlage errichtet werden. Trotz aller Widerstände und der Tatsache, dass es sich hier um ein FFH-Gebiet handelt, ist das Thema noch immer nicht vom Tisch. Für den Wassertourismus wünschen wir uns einen durchgängigen Wasserweg, mit der Wasserkraftanlage wird dieser verbaut“, meint der Bürgermeister.

Lemgau und auch Stankewitz würden sich zudem wünschen, dass das Projekt Boderadweg mehr Fahrt bekommt, das Projekt schneller konkrete Formen annimmt. Der Campingplatz könnte für Fahrradtouristen ein Zwischenstopp sein, von hier könnten andere Ziele wie Kloster Gröningen, das Große Bruch oder in Oschersleben erkundet werden. Aber das Thema Boderadweg können die Gemeinde Westliche Börde, die Stadt Gröningen nicht allein stemmen. Hier muss ein gemeinsamer Nenner mit dem Landkreis gefunden werden.

„Die Entwicklung des sanften Tourismus habe auch für den Landkreis Börde, seinen Bekanntheitsgrad und für die beteiligten Akteure eine besondere Bedeutung. Insbesondere soll die Wertschöpfung dieser Branche als wirtschaftlicher Faktor gefördert werden. Deshalb wurde 2019 das Radwegekonzept für den Landkreis Börde neu erstellt. Im Augenblick evaluiert das Land Sachsen-Anhalt den Landesradverkehrswegeplan“, heißt es in einer Stellungnahme der Pressestelle des Landkreises.

Marion Scharf, amtierende Amtsleiterin Kreisplanung, konkretisiert die Informationen zum Bereich Gröningen und den kompletten Bodeverlauf. „Nach dem Landesradwegeverkehrsplan wird der Bereich durch zwei überregionale touristische Radwege tangiert. Zum einen durch den Aller-Harz-Radweg (Klasse 2) und zum anderen durch den Boderadweg (Klasse 3 / in Planung). Dadurch ist der Boderadweg im Augenblick noch nicht ausgeschildert. Auch zur Infrastruktur der geplanten Trasse gibt es offene Fragen.“

In Gröningen sei für die Gestaltung des Radweges eine alte Bahntrasse ins Visier genommen worden. Laut Landkreis sei dieser Bereich, der als Radweg ausgebaut werden soll, nicht vorhanden. Im kreislichen Radwegekonzept ist nur die Bahntrasse von Eilsleben nach Haldensleben benannt. Die Bedeutung des Tourismus an der Bode sei ein wichtiges Thema. Durch das Amt für Wirtschaft des Landkreises Börde wurde Ende Februar 2020 ein Treffen organisiert, bei dem Kommunen, die Lokale Arbeitsgruppe „Börde“, Vertreter der Wirtschaft, Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft Sachsen-Anhalt und angrenzende Landkreise über die Zukunft des Tourismus an der Bode wie beispielsweise Wasser-, Camping- und Radtourismus beraten haben.

„Einer der zentralen Punkte war“, so Regionalmanager Jan Braunsberger vom Amt für Wirtschaft des Landkreises Börde, „ein durchgängig befahrbarer Radweg entlang der Bode.“ Geprüft werde aktuell, ob dieser mit Fördermitteln umgesetzt werden kann.