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Coronavirus Hausärzte sind Corona-Krise gewachsen

Bei der Bekämpfung von Corona stehen auch Hausärzte in der ersten Reihe. Ein Beispiel ist eine Gemeinschaftspraxis in Oschersleben.

Von André Ziegenmeyer 05.06.2020, 01:01

Oschersleben l „Die Corona-Krise hat uns überrumpelt. Es gab keine Erfahrung, wie man mit einer solchen Situation umgeht“, erklärt Dr. Joachim Klinsmann. Zusammen mit Dr. Michaela Fuchs und Doreen Steinke leitet er die Praxis in der Gartenstraße. Dort sind insgesamt acht Ärzte tätig. Darüber hinaus handelt es sich um eine akademische Lehrpraxis der Universität Magdeburg. Dadurch sind in der Gartenstraße auch oft Medizinstudenten oder Assistenzärzte in Ausbildung tätig. Joachim Klinsmann betont jedoch, dass Corona nicht nur für sein Team, sondern für alle niedergelassenen Ärzte einen Kraftakt bedeutet habe.

Eine erste Folge der Pandemie war, dass abrupt deutlich weniger Patienten in die Praxis kamen, berichtet Joachim Klinsmann. Das habe zum einen mit der staatlichen Anordnung zusammengehangen, die eigene Wohnung nur in wichtigen Fällen zu verlassen. Außerdem hätten viele Menschen Angst gehabt, durch einen Praxis-Besuch womöglich ein höheres Infektionsrisiko einzugehen. „Gerade die Angehörigen der Risikogruppe scheuten sich sehr“, berichtet Doreen Steinke. Doch laut Joachim Klinsmann sind die Bedenken unbegründet: „Kein Patient muss Sorgen davor haben, hierher zu kommen. Das gilt auch für andere Praxen. Die Versorgung ist in vollem Umfang sichergestellt.“

Statt direkter Kontakte habe es viele Krankschreibungen und Beratungsgespräche am Telefon gegeben. Auch die Zahl der Menschen, die zu Hause behandelt werden, stieg deutlich. „Ältere Menschen haben in vielen Fällen auch zusätzliche Beschwerden entwickelt, weil sie die Wohnung kaum verlassen und dadurch zu wenig Bewegung haben“, so Doreen Steinke.

Anfang April hörte der Besucherrückgang in der Praxis auf. Das neue Quartal hatte begonnen. Viele Patienten brauchten neue Rezepte für ihre Medikamente. „Mit dem Shutdown haben wir die Zugangsmöglichkeiten für die Praxis geändert“, erläutert Joachim Klinsmann. Statt durch die Vordertür zu gehen, wurden die Patienten auf dem Hinterhof empfangen. „Wir haben sortiert, wer sofort drankommen muss und wer eventuell warten kann“, so Joachim Klinsmann. Vorsorgeuntersuchungen und Routinebehandlungen habe man nach Möglichkeit verschoben. Für kühle Tage wurde auf dem Hof ein Heizstrahler aufgestellt. Die Mitarbeiter arbeiteten aus offenen Fenstern heraus.

Nach einer Weile installierte IT-Fachmann Christian Bauer eine Ampel, damit sich nicht zu viele Menschen auf einmal im Gebäude aufhalten. Dabei hat die Praxis in der Gartenstraße den Vorteil, dass es zwei Etagen und vier getrennte Wartebereiche gibt. Intensive Hygienemaßnahmen wurden ergriffen. Dabei sei Ausrüstung wie zum Beispiel Schutzmasken oder Desinfektionsmittel anfangs schwer zu bekommen gewesen. Diese Situation habe sich gebessert. Doch noch immer spiele die Organisation des benötigten Materials eine Rolle. „Die kassenärztliche Vereinigung beliefert uns spärlich“, so Doreen Steinke.

Aber Material allein ist nicht alles. „Wir haben das Personal in zwei Teams aufgeteilt, die getrennt voneinander arbeiten“, informiert Joachim Klinsmann. Auf diese Weise wurde sichergestellt, dass der Praxisbetrieb selbst dann hätte weitergehen können, wenn es in einem der Teams einen Verdachtsfall oder einen bestätigten Corona-Fall gegeben hätte.

Tatsächlich habe es in den letzten Wochen gar keinen Krankheitsausfall gegeben - ob durch Covid-19 oder eine andere Erkrankung. Jeden Tage habe das Team in voller Besetzung bereitgestanden, so Joachim Klinsmann. Dabei würden einige Mitarbeiter selbst zur Risikogruppe gehören. Für dieses Engagement möchten sich Joachim Klinsmann, Michaela Fuchs und Doreen Steinke bedanken. „Selbst die jungen Mütter, die hier arbeiten, haben es geschafft, alles so zu organisieren, dass sie weiterarbeiten konnten, als ihre Kinder nicht mehr die Kita oder die Schule besuchen konnten“, hebt Michaela Fuchs hervor. Gleichzeitig bedanken sich die drei auch bei den Patienten. Sie hätten viel Verständnis gezeigt, diszipliniert gewartet und Abstand gehalten.

Tatsächlich wurde das Personal der Praxis in der Pandemie noch verstärkt. Denn die achte Ärztin, Nelli Klinsmann, fing mitten in der Krise an. Die Sprechzeiten wurden ausgeweitet, um die Besuche durch Patienten besser über den Tag zu verteilten. Für Menschen mit Symptomen wie Husten oder Fieber wurde ein spezielles Zimmer eingerichtet. „Sie werden zu bestimmten Zeit einbestellt, damit sie nicht in Kontakt mit anderen Patienten kommen“, führt Joachim Klinsmann aus.

Alles in allem seien in der Praxis in der Gartenstraße gleich mehrere Verdachtsfälle behandelt worden. Unter anderem nahmen die Mitarbeiter Abstriche. Doch in keinem einzigen Fall wurde tatsächlich eine Corona-Infektion festgestellt.