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Ein Neidkopf Steinerne Abwehr gegen das Böse

Der Eilsleber Franz Kulig hat einen aus einem Sandsteinblock herausgearbeiteten Neidkopf wiederentdeckt.

Von Hartmut Beyer 13.03.2016, 23:01

Eilsleben l Es passiert immer wieder, dass Fundstücke entdeckt werden, die Auskünfte über frühere Zeiten geben können. Oft kommen sie durch Arbeiten im Erdreich wieder ans Tageslicht. In diesem Fall aber befand sich die seltene Entdeckung in der Ortsmitte von Eilsleben hoch über den Köpfen der Passanten an einer Giebelwand aus Naturstein. Ein sogenannter Neidkopf.

Selbst der Vorsitzende des Heimatvereins Eilsleben und ehrenamtliche Denkmalpfleger Günter Wagener hatte davon keine Kenntnis. „Ich bin sicher, dass auch unser Heimatforscher Dr. Hansen und der ehemalige Leiter des Museums in Ummendorf, Heinz Nowak, von diesem Kopf aus Stein nichts gewusst hatten, denn er taucht in keiner Schrift, in keiner Notiz auf, sie hätten sonst gewiss darüber berichtet“, meint Wagener und erzählt von der Entdeckung: „Franz Kulig hatte mir mitgeteilt, dass bei Sanierungsarbeiten an einer Mauer seines Grundstücks eine eingemauerte Abbildung zum Vorschein gekommen ist – ein steinerner Kopf mit nach unten gelegten Hörnern. Diese Darstellung sollte einst zur Abwehr des Bösen dienen.“

Neidkopf wird eine solche in Mauern, Türen oder Giebeln eingelassene Fratze genannt. Der Begriff stammt vom althochdeutschen Wort „nid“ ab, das für Hass, Zorn oder Neid steht. „Neidköpfe aus alter Zeit sind sehr selten“, weiß Wagener, „in unserer Gegend ist mir nur der Neidkopf am Panneturm in Seehausen bekannt. Die beiden am ‚Hopfengarten‘ dort sollen späteren Datums sein.“ Zum Alter der Eilsleber Entdeckung könne allerdings noch keine genaue Angabe gemacht werden. Fest stehe nur, dass im Mittelalter immer wieder vernichtende Brände in Eilsleben wüteteten. Vermutlich sei das Haus erst danach wieder aufgebaut worden, spekuliert Wagener.

Zur Bedeutung eines Neidkopfes schreibt er nun: „Solange es die Menscheit gibt, solange gibt es auch die Angst vor dem Bösen, den Dämonen, dem Teufel oder anderen missgünstigen Gespenstern. Solange gibt es aber auch die Versuche, sich dagegen zu schützen. Im Mittelalter hatte man eine so große Angst vor dem Teufel, dass sie bis zur Hexenverbrennung führte. Nach dem Volksglauben wartete der Teufel nur darauf, dass ein Menschenwerk fertig wurde, um es dann zu zerstören. In naiver Weise sollte der Teufel getäuscht werden. Zum Beispiel mauerte man kugelförmige Steine in Mauern ein, die dem feindlichen Kugelgeist zeigen sollten, dass andere schon getroffen, aber keinen Erfolg dabei gehabt hatten. Eingemauerte steinerne Fratzen, Masken, Köpfe mit heraushängender Zunge oder mit Bockshörnern sollten entweder zeigen, dass schon ein Opfer gebracht worden war oder eine Abwehr gegen Dämonen sein.“