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Fachkräftemangel Oschersleben fehlen Kinderärzte

Manche Eltern wurden von Ärzten schon abgewiesen. Warum für die Kassenärztliche Vereinigung aber alles in Ordnung ist.

23.09.2019, 23:01

Oschersleben l Was unternimmt die Stadt Oschersleben, um Kinderärzte in die Stadt zu locken? Mit dieser Frage sah sich Bürgermeister Benjamin Kanngießer während der ersten Stadtratssitzung der neuen Legislaturperiode seitens der AfD konfrontiert. Bauplätze, Unterstützung bei der Suche nach Praxisräumen oder Kita-Plätze, was unternimmt die Stadtverwaltung, um Ärzten die Bodestadt schmackhaft zu machen?

„Es ist ja nicht so, dass wir nichts tun, um Ärzte nach Oschersleben zu locken. Beispielsweise für Mediziner, die in der Bördeklinik Neindorf arbeiten, haben wir Bauplätze geschaffen. Andererseits gab es bislang keinerlei Anfragen von Kinderärzten an die Stadt, um sich hier niederzulassen“, teilt Stadtsprecher Mathias Schulte mit.

Rainer Kabelitz, Neu-Stadtrat für die CDU und selbst Arzt, hatte es in der konstituierenden Sitzung des Gremiums Anfang Juli deutlich gemacht: „Es gibt keine Kinderärzte.“

Die Volksstimme hakte bei der Kassenärztlichen Vereinigung nach, wie sie die Situation der kinderärztlichen Versorgung in Oschersleben einschätzt.

Zunächst wird dargestellt, dass es seit Anfang der 1990er Jahre zwei Kinderarztpraxen in Oschersleben gibt, die im Umfang von 2,0 Versorgungsaufträgen die vertragsärztliche Versorgung sichern. Wobei ein Versorgungsauftrag von 1,0 einer vollen Arztstelle entspricht. Im Jahr 2018 eröffnete eine Ärztin eine dritte Kinderarztpraxis in Oschersleben. Dafür gab Kinderärztin Sabine Gummert eine halbe Stelle ab, um die Praxiseröffnung in Emmeringen zu ermöglichen. Da Sabine Gummert trotz ihrer 77 Jahre noch immer viel Freude am Praktizieren hat, behielt sie die andere halbe Stelle.

„Zusätzlich hat das zuständige Zulassungsgremium in der Zwischenzeit eine halbe Zulassung im Rahmen eines Sonderbedarfs vergeben, so dass bis zum 30. Juni dieses Jahres insgesamt 2,5 Kinderärzte praktizierten. Für die zum 30. Juni dieses Jahres geschlossene Kinderarztpraxis läuft derzeit noch ein Ausschreibungsverfahren, auf das sich interessierte Ärzte bewerben können. Wir bitten um Verständnis, dass wir aktuell aus Gründen des Datenschutzes keine Auskunft geben, wann die offene Stelle vergeben werden kann. Es bleibt also zunächst abzuwarten, ob Kinderärzte ‚auf dem Markt‘ zu finden sind“, heißt es in der Pressemitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung (KV). Werde nur die Situation in der Stadt Oschersleben betrachtet, versorgen demnach aktuell 1,5 Kinderärzte etwa 3000 Kinder- und Jugendliche. Daraus errechnet die KV, dass auf einen Kinderarzt (1,0) 2000 Kinder und Jugendliche kommen. „In der Bedarfsplanung wird von einer angemessenen Versorgung ausgegangen, wenn dieses Verhältnis bei 2862 liegt. Werden diese Zahlen zu Grunde gelegt, ist also eine ausreichende Versorgung vorhanden“, teilt die KV mit. Ihr würden zudem nur sehr wenige Anfragen zur Vermittlung von Terminen an Kinderärzte im Landkreis Börde vorliegen.

Kinderärztin Sabine Gummert spricht von einer komplizierten und nicht stabilen Situation in Oschersleben. Nach dem die Kinderarztpraxis von Martina Brandt zum 30. Juni geschlossen wurde, seien Eltern, die bislang dort mit ihren Kindern betreut wurden, auf der Suche. Hinzu würden Zuzüge junger Familien kommen. Sabine Gummert bemühe sich, den Eltern gerecht zu werden und hoffe, dass sich für die geschlossene Kinderarztpraxis bald ein Nachfolger findet.

Die Kassenärztliche Vereinigung verweist in ihrer Stellungnahme auf die nächstgelegenen Kinderarztpraxen in der Umgebung von Oschersleben. Diese befinden sich in Wanzleben und Westeregeln, Entfernung etwa je 18 Kilometer, sowie Egeln, das etwa 21 Kilometer entfernt liegt.

In Wanzleben sei Anfang dieses Jahres eine zusätzliche Stelle hinzugekommen, da hier ein Sonderbedarf festgestellt worden sei. In Westeregeln kann durch das MZV Börde die Stelle einer längerfristig ausgefallenen Kinderärztin nachbesetzt werden. Egeln und Westeregeln arbeiten künftig zusammen, besetzen gemeinsam 1,5 Kinderarztstellen.

„Wir gehen also davon aus, dass durch die Verbesserung der Situation in der Umgebung keine gravierende neue Nachfrage aus diesen Bereichen an Oschersleber Kinderärzte herangetragen wird“, so KV-Sprecher Bernd Franke.