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Fast fertig 2. Band der Oschersleber Chronik

Der zweite Band der Oschersleber Chronik ist fast fertig. Autor Günther Blume beleuchtet darin die Zeit zwischen 1700 und 1806.

Von Sebastian Pötzsch 05.09.2015, 01:01

Oschersleben l Erst vor wenigen Tagen ist Günther Blume 80 Jahre alt geworden. Hauptberuflich arbeitete er als Architekt. So verweist er beispielsweise auf die Berufsschule in Oschersleben, die er in einem Gemeinschaftsprojekt mit geplant habe. Auch die Pläne für das Haus in der Halberstädter Straße/Ecke Steinstraße entstammen seiner Feder genauso wie die zu den Umbauarbeiten des Schlosses Trautenburg in Ottleben, in dem heute eine Kita untergebracht ist. Ein Großauftrag waren auch die Umbau- und Sanierungsarbeiten des Oschersleber Rathauses in den Jahren 1992 bis 1994.

„Und das Rathaus läuft mir nun wieder über den Weg, denn es kommt in dem zweiten Band der Oschersleber Chronik vor“, erzählt Günther Blume. Denn das Gebäude sei Ende des 17. Jahrhunderts erbaut worden. „Doch gibt es keine bildlichen Nachweise, wie es damals ausgesehen hat. Durch mehrere Umbauarbeiten vor allem Anfang des 19. Jahrhunderts verlor es seine für den Barock typischen symmetrischen Elemente“, sagt der promovierte Architekt, der auch Bauhistorie lehrte. „Nun bin ich dabei, eine Zeichnung anzufertigen, die zeigt, wie das Rathaus kurz nach seiner Fertigstellung ausgesehen haben musste. Diese Abbildung findet dann Eingang in den zweiten Band der Chronik“, erklärt Blume weiter.

Die Arbeiten für die Mammutaufgabe, einen wissenschaftlich fundierten geschichtlichen Abriss über Oschersleben zu erstellen, begannen bereits im Jahr 2003. „Jene Chroniken, die es bisher gab, fußten leider nur auf unzureichende Quellen, ja hatten sogar teilweise gar keine Quellenangaben. So schlug ich dem damaligen Bürgermeister vor, eine neue, wissenschaftlich fundiere Chronik zu erstellen. Daraufhin händigte er mir ein Schreiben aus, dass mir die Tore in sämtliche Archive und Museen öffnete“, erinnert sich der Wissenschaftler. Trotz vieler Unkenrufe, über die Bodestadt könne nicht viel existieren, sei das Gegenteil eingetreten. „Ich fand so viele Dokumente, dass ein ganzes Leben nicht ausreicht, um alle zu studieren“, betont Blume und ergänzt: „Mit Sicherheit habe ich bisher rund 40 000 Seiten komprimiert.“

So habe er viel Zeit beispielsweise im Landesarchiv Sachsen-Anhalt in Magdeburg und seinen Außenstellen verbracht oder im Geheimen Staatsarchiv Berlin, in der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel sowie in Museen und Archiven der Umgebung wie in Halberstadt, Ummendorf, Ditfurt, Schlanstedt und Osterwiek.

Fasziniert hätten ihn beispielsweise Funde über die Knabenschule von Oschersleben, der er ein ganzes Kapitel widmete. Die Einrichtung existierte bereits seit dem 14. Jahrhundert. „Im 16. Jahrhundert schlossen die Jungs mit einer Reife ab, die sie berechtigte, eine Universität zu besuchen“, fand der Wissenschaftler heraus. Als Besonderheit hebt er hervor, dass Knaben aller Gesellschaftsschichten diese Einrichtung besuchten und viele anschließend tatsächlich zum Beispiel in Jena studierten hätten. „Bis 1698 war es eine reine Knabenschule, aber bereits ab jenem Jahr konnten auch Mädchen diese Schule besuchen. Dabei hatten die Eltern ein Schulgeld allerdings nur für die weiblichen Schüler zu entrichten“, schmunzelt Blume.

Während seiner Recherchen sei er auch mit dem Rochow-Museum im brandenburgischen Reckhan in Berührung gekommen. „Friedrich Eberhard von Rochow ist offenbar im siebenjährigen Krieg verwundet worden. So erhielt er vom Vater vier Dörfer geschenkt. Jedoch ärgerte sich der Adlige darüber, dass seine Untertanen nicht lesen konnten“, berichtet der Bauhistoriker.

So habe er nicht nur die Prügelstrafe abgeschafft, sondern auch ein Lesebuch verfasst, dass Ende des 17. Jahrhunderts verbindlich in die Oschersleber Schulen kam. „Außerdem war er der Mitbegründer des Halberstädter Lehrerseminars. Damit war es ihm möglich, die besten Leute zu gewinnen, die den reformatorischen Grundgedanken mit umgesetzt haben, so auch Menschen aus Oschersleben“, weiß Blume.

Das Manuskript für den zweiten Chronikband hat der Autor mittlerweile beim Verlag abgegeben. „Doch noch ist viel zu tun und der Zeitplan eng gestrickt“, betont er. So müssten die Quellenangaben aufbereitet sowie Bildbeiträge hinzugefügt werden. „Das erfordert einen unheimlichen Aufwand und ist genauso umfänglich wie der schriftliche Teil meiner Arbeit. Alles ist mit Rechtsproblemen verbunden“, schüttelt der Bauhistoriker den Kopf. Am Ende werde das Werk rund 400 Seiten haben, also etwa so viele wie der erste Band. Im Dezember soll der zweite Band im „Dr. Ziethen Verlag“ erscheinen.

Der dritte Band ist übrigens bereits in Arbeit, sogar bis zu 60 Prozent seien fertiggestellt. Doch ein Fazit seiner Arbeit kann er heute schon ziehen: „Die Oschersleber können stolz sein auf ihre Heimat. So war die Bodestadt einst gleichbedeutend mit Halberstadt. Erst aufgrund der Verlegung der Bode verlor Oschersleben an Wichtigkeit“, stellt der Wissenschaftler klar.