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Kommunalpolitik Stadtrat stimmt gegen Bebauungspläne

In Oschersleben zieht sich die Beschlussfassung für ein Baugebiet an der Magdeburger Straße in die Länge.

Von Yvonne Heyer 08.03.2017, 00:17

Oschersleben l Im vergangenen Jahr sorgte die Tatsache, dass auf dem Oschersleber Gelände des sogenannten Alten Zoll kein Discounter gebaut werden darf, für heftige Diskussionen. Während der Stadtrat diesen Bau eines neuen Netto-Marktes verweigerte, genehmigte der Bauausschuss allerdings den Bau eines neuen Lidl-Marktes am Rande der Stadt.

Die CDU-Stadtratsfraktion wollte mit einer Sondersitzung das Thema aus der Welt schaffen. Andererseits hatte die Fraktion Freie Unabhängige Wählergemeinschaft (FUWG) bereits im November den Antrag eingebracht, das Areal zu überplanen und ein Sondergebiet Einzelhandel zu schaffen. Darauf verwies FUWG-Fraktionsvorsitzender Jörg Gildemeister während der jüngsten Stadtratssitzung. Besagter Antrag kam zu spät für die Dezember-Sitzung und wurde nun mit verhandelt.

Zur Sondersitzung war es nicht gekommen, da die Stadträte sich noch im alten Jahr darauf geeinigt hatten, über den Bauausschuss, den Hauptausschuss und schließlich mit der ersten Stadtratssitzung im neuen Jahr die Überplanung des Alten Zoll  erneut in Angriff zu nehmen.

Im Januar-Bauausschuss bekam Investor Dietrich Brauckmann, dem eine große Fläche des Areals gehört, die Gelegenheit, seine Vorstellungen einer Bebauung vorzutragen. Er hatte im Januar deutlich gesagt: Die Aufstellung eines Bebauungsplanes für das mehr als 17.500 Quadratmeter große Areal entlang der genannten Straßen funktioniere nur als Gesamtpaket.

Sprich: Auf einem Bereich bringe Brauckmann den geplanten Wohnungsbau voran, auf der anderen Fläche könnte Investor Detlef Mispelbaum einen Einkaufsmarkt bauen.

Doch die Beschlussvorlage, die jetzt den Stadträten vorlag, gliederte den zu überplanenden Bereich zwischen der Lüneburger Straße, Fabrikstraße und Magdeburger Straße in zwei Geltungsbereiche. Im Beschlussentwurf war der Geltungsbereich 1 mit Wohnungsbau festgeschrieben, der Geltungsbereich 2, dort wo eigentlich der Netto gebaut werden sollte, war nicht näher definiert.

Was bei einigen Stadträten, vor allem bei der FUWG, auf Unverständnis stieß. Sie sahen ihren Antrag, aus dem Geltungsbereich 2 ein Sondergebiet Einzelhandel zu machen, nicht beachtet.

Edith Sander von der Planungabteilung der Stadtverwaltung erläuterte, welche Möglichkeiten es gäbe, den Geltungsbereich 2 näher zu definieren. Möglich wäre neben dem Sondergebiet Einzelhandel auch  ein Mischgebiet. Dieses lässt eine Wohnbebauung, aber auch Einzelhandel bis 800 Quadratmeter zu.

Edith Sander machte in der Sitzung ebenso deutlich, dass es wichtig wäre, dass der Stadtrat endlich eine Entscheidung zu beiden Geltungsbereichen trifft, da diese Entscheidung Auswirkungen auf die weiteren Planungen angrenzender Areale habe. Bekanntlich wolle die Stadt am Bahnhof eine Schwimmhalle bauen.

„Vor fünf, sechs Jahren haben wir einen Beschluss zur Bebauung des Areals gefasst. Und uns fällt nichts anderes ein, als hier noch einen Supermarkt hinzusetzen?“, fragte Manfred Nörthen, Chef der Linken-Stadtratsfraktion. „Warum entwickeln wir die Flächen nicht selber?“, fragte Nörthen.

„Wir haben genügend andere Brachflächen, die wir selbst gestalten können“, entgegnete ihm  CDU-Fraktionschef Torsten Schubert, der dafür plädierte, Investoren gleich zu behandeln: „Investoren, die sich in der Stadt engagieren möchten, sollten wir uns nicht verweigern.“

Für Wolfgang Zahn (SPD) ist das Konzept der künftigen Bebauung auf dem Areal nicht schlüssig. Auf der einen Fläche gleich neben dem Kaufland-Markt soll eine Wohnbebauung erfolgen, auf der anderen soll ein weiterer Einkaufsmarkt entstehen. „Wer baut denn zwischen zwei Märkten ein Haus? Soll doch der alte Netto-Markt abgerissen und an gleicher Stelle ein neuer hingesetzt werden, dann hätten wir nicht das Problem der Nachnutzung des alten“, so sein Vorschlag.

„Wir sollten uns nicht die Chance nehmen lassen, auf dem Areal in der Nähe des Stadtzentrums selbst etwas zu entwickeln“, so SPD-Fraktionschef Olaf Pankow, der in diesem Zusammenhang auf das Stadtentwicklungskonzept verwies, welches gerade erarbeitet wird.

„Seit 27 Jahren begleiten uns die Ruinen des Areals und es ist nichts passiert. Wir sind nicht in der Position uns die Investoren auszusuchen“, machte Andrea Hasselmann (fraktionslos) deutlich. „Wenn in den nächsten Jahren nichts passiert, bleibt dieser Schandfleck so“, befürchtet Lieselotte Drohberg (Die Grünen). Die Argumente gingen im Stadtrat hin und her, schließlich bat die SPD um eine Beratungspause.

Im Anschluss wurde über zwei Anträge abgestimmt. Mit Antrag 1 sollte der Teilbereich 2 als Sondergebiet Einzelhandel definiert werden. Dafür stimmte eine Mehrheit. Mit 16 Ja- und 17 Nein-Stimmen fiel allerdings der Gesamtbeschluss durch, damit wird es im Teilbereich 1 keine Wohnungbebauung und im Teilbereich 2 kein Sondergebiet Einzelhandel geben.

„Das bedeutet nun, dass der Investor für den Netto-Markt keinen Bauantrag stellen kann, da es kein B-Plan-Verfahren für ein Sondergebiet Einzelhandel geben wird. Für den nächsten Bauausschuss, der am 23. März stattfindet, bereite ich nun eine neue Beschlussvorlage vor. Die  solle dann vorsehen, dass der Teilbereich 1 für den Wohnungsbau überplant und der Teilbereich 2 als Mischgebiet deklariert wird“, sagte Edith Sander. 

„Was will die Stadt mit einem Mischgebiet, wenn mir das Gros der Flächen gehört?“, fragt sich Netto-Investor Bernd  Mispelbaum. Er habe auch schon Flächen in der Fabrikstraße gekauft. Das was jetzt in der Stadtratssitzung gelaufen ist, bezeichnet er als „Schmierentheater“. Für ihn sei die Sache noch nicht vom Tisch.

„Vor zwei Jahren ist die Stadt Oschersleben an mich herangetreten mit dem Ziel, das Areal zu überplanen. Und von der Stadtverwaltung selbst kam ursprünglich die Idee, in einem Teilbereich ein Sondergebiet Einzelhandel zu schaffen. Ich kann das alles, was jetzt passiert, nicht mehr nachvollziehen“, reagiert Investor Dietrich Brauckmann.

„Der Markt wäre der ideale Schallschutz zur Fabrikstraße. Außerdem hätte man doch eine Nachnutzung nach 15 Jahren im B-Plan festschreiben können. Das ist doch beinahe eine Innenstadtlage, da kriege ich doch eine Nachnutzung beispielsweise als altersgrechte Wohnungen hin. Ich weiß nicht, was die Stadtväter sich denken. Es ist ein Trauerspiel“, meint Brauckmann.