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Kommunalwahl Kapitel ist noch nicht beendet

Die Kommunalwahl in Oschersleben ist vorbei, doch abgehakt ist sie noch lange nicht. An mehreren Punkten gibt es Probleme.

Von Sebastian Pötzsch 07.06.2019, 01:01

Oschersleben l Zur Erinnerung: Während der jüngsten Sitzung des Wahlausschusses zur Feststellung der Ergebnisse zur Stadtratswahl und den Ortschaftsratswahlen hatte es bereits Diskussionsbedarf gegeben. So meldete sich Stephan Junglas für die FUWG zu Wort, um gegen das Wahlergebnis Einspruch einzulegen. Begründung: Nach den Unregelmäßigkeiten bei den Briefwahlergebnissen – diese wurden in der Wahlnacht übrigens als letzte ausgezählt – forderte er die Neuauszählung. „Dabei sollte allen Parteien die Möglichkeit eingeräumt werden, die Zählung zu beobachten“, forderte Junglas.

Hintergrund ist, dass Einzelbewerber Björn Löffler laut Bekanntgabe auf der Internetseite der Stadt Oschersleben zunächst 668 Stimmen zugeordnet worden waren. „Wir wussten am Montagvormittag schon von der Unregelmäßigkeit. So hat Mitarbeiterin Cornelia Alsleben bereits am Morgen alle Listen noch einmal geprüft. Dabei ist ihr ein Übertragungsfehler von einer Liste auf die andere Liste aufgefallen“, erklärte Gerd Ludwig. Cornelia Alsleben bestätigt: „In einer Zeile waren die Zahlen 10 und 3 zu lesen, diese wurden in der Nacht zu 13 addiert. Tatsächlich handelte es sich jedoch um die Zahl 103, sprich um 103 Stimmen.“ Damit kommt Einzelbewerber Löffler also auf 758 Wählerstimmen.

Allerdings, so der Tenor der Ausschussmitglieder, könne erst Widerspruch gegen ein Wahlergebnis eingelegt werden, wenn es von Amts wegen veröffentlicht wurde. Mit dieser Erklärung wollte es Ex-Bürgermeister Dieter Klenke, als Gast im Ausschuss anwesend, nicht auf sich beruhen lassen. Er sagte, Löffler selbst habe die Ungereimtheiten festgestellt. „Da ist es doch klar, dass gewisses Misstrauen herrscht“, machte Klenke seinem Ärger Luft.

Daraufhin ließ Wahlleiter Ludwig die Sitzung für 20 Minuten unterbrechen, um sich mit den Ausschussmitgliedern hinter verschlossenen Türen zu beraten und infrage kommende Gesetzestexte zu wälzen. Ergebnis: Ein Widerspruch ist erst möglich, nachdem die Wahlergebnisse veröffentlicht wurden. Laut Wahlleiter wird das am Mittwoch, 12. Juni, im städtischen Amtsblatt passieren.

„Dann hat jeder Wahlberechtigte das Recht, binnen einer Frist von zwei Wochen Widerspruch einzulegen“, sagte Cornelia Alsleben auf Volksstimme-Nachfrage. Über die Einsprüche habe der Stadtrat zu entscheiden. „Das ist eine sehr komplexe Angelegenheit, so greifen hier das Kommunalverfassungsgesetz, das Kommunalwahlgesetz und die Kommunalwahlordnung“, ergänzte Gerd Ludwig.

„Ob wir von diesem Recht Gebrauch machen werden, weiß ich noch nicht“, sagte Fraktionschef Jörg Gildemeister am Donnerstag. Die Frage werde während einer Sitzung der neuen Fraktion am Abend geklärt. „Meine persönliche Meinung ist, dass wir nach einer Neuauszählung der Briefwahlstimmen kein gänzlich anderes Wahlergebnis bekommen. Ich würde es aber gerne sehen, wenn der Wahlausschuss offiziell eine Nachkontrolle anberaumt, damit Vorwürfe wie Manipulation nicht im Raume stehen bleiben.“ Das Ergebnis aus der Fraktionssitzung stand zum Redaktionsschluss noch nicht fest.

In Sachen Ortschaftsratswahlen wird die Verwaltung mit Sicherheit noch eine Menge zu tun haben. „Es wird zu weiteren Einsprüchen kommen, und zwar von Amts wegen“, verriet Wahlleiter Ludwig. So könnte die Wahl in Ampfurth sogar ein juristisches Nachspiel haben. So ist nämlich festgestellt worden, dass Sebastian Massel (Ampfurth 2014) seinen Wohnsitz nicht in Ampfurth, sondern in Wanzleben hat.

„Das ist unzulässig. Bewerber können sich bekanntermaßen nur dort zur Wahl stellen, wo sie auch wohnen“, hebt Ludwig hervor. Wenn der Stadtrat einem Einspruch des Wahlleiters folgt, dann müssen innerhalb von vier Monaten Neuwahlen für den Ortsteil durchgeführt werden – und zwar mit derselben Liste, bloß eben ohne Sebastian Massel. Sollte Massel auf sein Mandat verzichten, könnten die Ampfurther nach jetzigem Kenntisstand um eine Neuauflage der Wahl herumkommen. Ob in der widerrechtlichen Kandidatur eine strafbare Handlung vorliegt, konnte Gerd Ludwig noch nicht sagen. Zumindest aber sei es eine Ordnungswidrigkeit, die geahndet würde.

Auch in Kleinalsleben gibt es ein Problem. Laut Gesetz muss ein Ortschaftsrat durch mindestens drei Mitglieder besetzt sein. Mit Sven Goltz gab es jedoch nur einen Bewerber für das Gremium. „Selbst das Innenministerium ist mittlerweile in diese Fragestellung involviert, wie es jetzt weitergeht. Das ist sehr kompliziert“, sagte Gerd Ludwig. Nach aktuellem Stand müsse wohl neu gewählt werden, bis dahin bleibe der alte Ortschaftsrat vorläufig im Amt. „Das ist jedoch noch nicht abschließend geklärt“, ergänzt Cornelia Alsleben. So hat der Wahlausschuss die Wahl für Kleinalsleben zunächst als gescheitert erklärt. Der neue Stadtrat muss das nun noch formell nachvollziehen.

Auch für Altbrandsleben war es mit dem Stimmenzählen nicht einfach getan. So konnten Einzelbewerber Michael Kosub und Wolfram Arntz (Die Linke) die gleich hohe Stimmenzahl auf sich vereinigen, nämlich jeweils 56. „Deshalb kam das Losverfahren zum Einsatz“, klärte Alsleben weiter auf. Und das Los entschied für Wolfram Arntz. Michael Kosub wird also nicht im Altbrandsleber Ortschaftsrat vertreten sein.

„So eine Wahl haben wir die letzten 30 Jahre nicht gehabt“, resümierte Wahlleiter Gerd Ludwig. Oscherslebens Bürgermeister Benjamin Kanngießer (parteilos) zog ein Fazit: „Ohne die vielen freiwilligen Helfer hätten wir eine solche Mammutwahl mit drei, in unseren Ortsteilen sogar vier Wahlen, nicht bewältigen können. Ihre Arbeit – teilweise bis weit nach Mitternacht des Wahltages – hat wesentlich dazu beigetragen, dass wir die Wahlen am 26. Mai recht reibungsfrei bewältigen konnten.“