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Oschersleben Auf und Ab des Kaufhaus O.

Das Kaufhaus O. in Oschersleben (Landkreis Börde) entstand als Nachfolger der Leinenhalle. Wirtschaftlich gab es Schwierigkeiten.

Von André Ziegenmeyer 23.11.2020, 09:58

Oschersleben l Das Kaufhaus O. in der Oschersleber Innenstadt erlebt gerade seinen zweiten Frühling. Die Sanierung durch die Wohnungsbau- und Verwaltungsgesellschaft Bewos ist auf der Zielgeraden. Mit der AOK ist bereits der erste neue Mieter eingezogen. Doch schon vor diesem Neubeginn hatte das Haus eine bewegte Geschichte.

Ehe das heutige Gebäude entstand, befand sich an seiner Stelle die sogenannte Leinenhalle. Dabei handelte es sich um ein Textilgeschäft, das von verschiedenen Eigentümern geführt wurde, unter anderem von Hans Engel. Zum Angebot gehörten unter anderem Bekleidung, Tisch- und Bettwäsche sowie Gardinen und Teppiche. Zeitungsberichten zufolge handelte es sich um ein stattliches Gebäude, das allerdings kleiner war als das heutige Kaufhaus O. In den 80er Jahren wurde es abgerissen. So entstand der Volksstimme zufolge „eine der größten Baulücken der Stadt“.

Das änderte sich 1994. Damals schrieb die Volksstimme: „Im Wonnemonat Mai wird sich das Stadtzentrum von Oschersleben, gegenüber dem Rathaus, in eine Großbaustelle verwandeln. ‚Kaufhaus O.‘ ist der Name des ehrgeizigen Vorhabens, das dann dort auf einer Fläche von etwa 1000 Quadratmetern Gestalt annehmen soll.“ Weiter wird berichtet, dass vier Bauherren hinter dem Projekt stünden. Die Eröffnung sei für den März 1995 geplant. Die Baukosten werden mit etwa sieben Millionen Mark beziffert. An anderer Stelle ist sogar von acht Millionen Mark die Rede.

Die Erwartungen waren groß: „Der Einkaufstempel sei ein Bekleidungshaus für alle Kundengruppen. Unter einem Dach werden sich Fachgeschäfte für Damen-, Herren-, und Kinderbekleidung befinden. Dazu kommt ein Laden für Sportartikel und –bekleidung“, war in der Zeitung zu lesen. Außerdem sollten eine Parfümerie, ein Café sowie ein Schmuck- und ein Schuhgeschäft entstehen. Für das Untergeschoss war ein Fitnessstudio mit Solarium und Sauna geplant. Schon zu diesem Zeitpunkt war außerdem vorgesehen, dass Teile der Stadtverwaltung im obersten Stockwerk einziehen.

Der Zeitplan verzögert sich jedoch. Im Mai 1995 wurde zunächst einmal das Richtfest gefeiert. Die Eröffnung folgte im Oktober. Im dazugehörigen Artikel hieß es: „Bisher bieten jedoch nur fünf Ladengeschäfte den Kunden ihre Waren feil. (…) Mehrere Geschäfte stehen allerdings noch leer.“ Damit nicht genug: Am 6. November 2008 schrieb die Volksstimme rückblickend, dass das Kaufhaus für zehn Geschäfte konzipiert war. Weiter war mit Blick auf die Eröffnung zu lesen: „Wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten brachen wenige Monate später fast alle Mieter der Anfangstage weg.“

Die Inhaber der einzelnen Geschäfte beklagten sich auch über Konkurrenz durch die Wochenmarkthändler, die ihre Stände teilweise direkt vor dem Kaufhaus aufbauten. In einem Leserbrief aus dem Jahr 1996 war dazu zu lesen: „Der Fehler im Kaufhaus O liegt wohl eher in der Preisgestaltung. Bei einer Arbeitslosenrate von über 17 Prozent in Oschersleben kann ich eben nicht nur Waren für gehobene Ansprüche verkaufen. In einem gut sortierten Kaufhaus sollte für jeden Geldbeutel etwas zu finden sein, was im Kaufhaus O sehr zu wünschen übrig lässt.“

Im Mai 1998 kündigte der damalige Bürgermeister Dieter Klenke an, dass die Stadtverwaltung wieder ausziehen werde - zumindest, sofern nicht mehrere Mängel abgestellt würden. Einige Büros hätten keine Fenster, was besonders im Sommer ein Problem sei. Alternativ sei eine Lüftungsanlage denkbar. Darüber hinaus ging es um mehrere weitere Punkte. „Wir haben dem Vermieter eine letzte Frist zum Abstellen der Mängel gestellt“, wurde Dieter Klenke zitiert. Am Ende blieb es beim Auszug.

Allerdings kam es im November 1998 zu einem anderen Umbruch. Das bisherige Nebeneinander von mehreren Geschäften im Kaufhaus, das sogenannte „Shop-in-Shop“-System, wurde weitgehend aufgelöst. An seine Stelle sollte das „größte Warenhaus der Innenstadt“ treten, war in der Volksstimme zu lesen. Nach Angaben der zuständigen beiden Kaufleute sollten „in Zukunft täglich bis zu 1000 Kunden die Kassen im Kaufhaus O. klingeln lassen“. Von der Zahnbürste bis zum Fernseher sollte es alle Waren des täglichen Bedarfs geben.

„Das Kaufhaus O. selbst wird also außer seinem Namen nichts weiter behalten. Außen über dem Haupteingang soll in den nächsten Tagen noch das Logo der Kaufring-Kette angebracht werden“, war zu lesen. Deutschlandweit gebe es etwa 1200 Kaufring-Häuser.

Doch auch das neue Konzept scheint nicht dauerhaft aufgegangen zu sein. In einem Artikel vom 2. Juli 2002 findet sich ein Hinweis, dass ein Zwangsvollstrecker Eigentümer des Gebäudes sei. Am 6. November 2008 titelte die Volksstimme: „Endgültig: ‚Kaufhaus O.‘ schließt zum Jahresende“. Der Räumungsverkauf habe bereits begonnen.

Kurios: In der Ausgabe vom 17. Januar 2009 stand: „Der im vergangenen Jahr angekündigte Schließungstermin sei ‚ein Versehen‘ gewesen.“ Die mit dem Räumungsverkauf betraute Firma gab bekannt, dass erst Ende März Schluss sein solle. Letztlich ging der Betrieb wohl bis 2013 weiter. Aber dann stand der größte Teil des Gebäudes über Jahre leer.

2018 wurde das frühere Kaufhaus für „einen sechsstelligen Betrag“ von der Bewos gekauft. Im November 2019 begannen im Inneren zunächst einige Rückbauarbeiten. Anschließend folgte eine umfassende Sanierung. Die Kosten dafür liegen laut Thomas Harborth, dem Geschäftsführer der Bewos, bei rund zweieinhalb Millionen Euro.

Im Dezember sollen Teile der Stadtverwaltung erneut im Obergeschoss einziehen. Die vom früheren Bürgermeister Dieter Klenke kritisierten Mängel wurden im Rahmen der Sanierung beseitigt. Ab Anfang 2021 sollen die weiteren Mieter Schritt für Schritt einziehen.