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Sanierung Spurensuche im alten Bahnhof

Im historischen Oschersleber Bahnhof läuft eine Spurensuche. Die Dokumentation des alten Zustands soll vor der Sanierung abgeschlossen sein.

Von Yvonne Heyer 21.04.2018, 01:01

Oschersleben l „Wir sind auf Gold gestoßen“, so die Begrüßung von Bewos-Geschäftsführer Dr. Thomas Haborth beim Vororttermin am historischen Bahnhofsgebäude von Oschersleben. Eine Goldader im alten Gemäuer? Nun, nicht gleich eine Ader, sondern Blattgold, welches einst bei der Deckenbemalung verwendet wurde.

Ehe die Bewos als Inhaber des 175 Jahre alten Bahnhofsgebäudes im Innern mit der Sanierung beginnen kann, hat der Denkmalschutz ein Wörtchen mitzureden, gehen Fachleute wie Restauratorin Denise Jura aus Gröningen und Ansgar Teschner vom Halberstädter Büro für Architektur und Denkmalpflege auf Spurensuche. „Vor dem Bauantrag, wollen wir herausfinden, welche ursprüngliche Farbfassung das Bahnhofsgebäude prägte“, erklärt Restauratorin Denise Jura. Doch welche Fassung ist die ursprüngliche? Wie eine Zwiebel seien die Wände des alten Bahnhofs. Farbschicht um Farbschicht hat Denise Jura bereits freigelegt undist dabei auf eine interessante Deckebemalung gestoßen. Die Striche einer Rosette konnten im Randbereich freigelegt werden. Dabei kam auch eine dunkle Schablonierung zum Vorschein. Abgesetzt mit roten und verschiedenen Grautönen. „Es handelt sich hierbei um eine illusionistische Deckenbemalung, die einer Stuckdecke nachempfunden ist. Diese Bemalung war zur Zeit der Erbauung des Bahnhofs 1843, also Mitte des 19. Jahrhunderts, eine gängige Methode, weil sie preiswerter als echter Stuck war. Nur noch wenige Leute könnten heute derartige Deckenmalereien herstellen“, erklärt Denise Jura.

Normalerweise werde von den verschiedenen Untermalungen eines Gebäudes eine sogenannte Farbtreppe angelegt. Dies war im OschersleberBahnhof nicht möglich. Allein auf 16 Schichten Ölfarbe sei man gestoßen.

Bei ihren Untersuchungen stießen die Restauratorin und Ansgar Teschner nicht nur in Sachen Farben auf einige Besonderheiten. „Hier muss einmal ein Torbogen gewesen und damit vermutlich der eigentliche Eingang gewesen sein“, zeigen die Fachleute.

An anderer Stelle verweisen sie auf ein hölzernes Paneel. Nur noch wenige Reste sind zu sehen, der überwiegende Teil verschwand hinter einer Wand, die es 1843 unter Garantie noch nicht gab. „Es gibt noch viele Bereiche, die wir uns genauer anschauen müssen“, fassen Denise Jura und Ansgar Teschner zusammen.

Der Eingangsbereich des Bahnhofs präsentiert sich noch immer so, wie ihn die meisten Bahnreisenden noch kennen, mit blauen, braunen und gelben Kacheln an den Wänden. Noch sei keine Einigung darüber erzielt, ob dieser „Charme“ der 1960er Jahre erhalten bleibt oder die Fliesen abgeschlagen werden. Für das Abschlagen spricht, dass beispielsweise hinter den gekachelten Säulen interessante Details an einer bereits freigelegten Stelle zum Vorschein kommen: eine geschwungene Gußstütze. „An den anderen Pfeilern werden wir sicher die gleichen Stützen finden“, ist sich Bewos-Projektleiterin Simone Siemann sicher.

Entscheidend für die künftige Gestaltung und Nutzung des ehemaligen Foyers, welches inzwischen mit dem ursprünglich vorhandenen Glasdach von 1843 versehen ist, und anderer Räume im Untergeschoss des historischen Bahnhofsgebäudes, ist die Frage, ob am ehemaligen Bahnhof eine neue Schwimmhalle gebaut wird und wie diese an das historische Gebäude „angedockt“ wird. Ist das Bahnhofsfoyer einmal der Eingang zur neuen Schwimmhalle? Die rechts und links an das Foyer angrenzenden Räume seien bereits vermietet.

„Mal abgesehen davon, dass sicher auch der Denkmalschutz noch eine gewisse Zeit der Prüfung braucht, sollte der Stadtrat bald zu einer Entscheidung kommen, ob und wo Oschersleben eine neue Schwimmhalle bekommt. Wir kommen sonst mit unseren Planungen nicht weiter“, macht Bewos-Geschäftsführer Thomas Harborth deutlich.

Nach der Sanierung der Oschersleber Burg tastet sich die Bewos nun an die Wiederbelebung des historischen Bahnhofs heran. „Das ist hier sogar noch ein Stück weit spannender“, berichtet begeistert Thomas Harborth.