Sanierung Zwischen Kunst und Putz

In der ehemaligen Malzfabrik in Hadmersleben wird gerade hart gearbeitet. Mit Helfern aus ganz Deutschland findet dort ein Baucamp statt.

Von André Ziegenmeyer 14.10.2020, 01:01

Hadmersleben l Historische Gebäude haben ihren Charme. Aber um ihnen auch die alte Schönheit wiederzugeben, ist manchmal Einsatz gefordert. Acht Menschen sind gerade in der ehemaligen Malzfabrik (Meika) zu Gast, um diesem Ziel ein bisschen näher zu kommen. Es handelt sich um die Teilnehmer des zweiten Baucamps. Die Hälfte ihres zweiwöchigen Aufenthalts ist schon rum.

Vor mehr als zwei Jahren haben der Bildhauer Krystof Marchewicz und seine Frau Beate die alte Fabrik gekauft, die vorher leerstand. Sie wollen daraus einen Ort der Begegnung und Kultur machen. Dafür haben sie den Verein „Kunst- & Kulturfabrik Hadmersleben“ gegründet. Unter anderem sollen Ausstellungen, Konzerte und Theatervorführungen stattfinden. Doch noch ist reichlich zu tun.

„Das erste Baucamp hat Ende August stattgefunden“, berichtet Beate Marchewicz. Eigentlich hätte es in diesem Jahr schon mehrere Veranstaltungen dieser Art geben sollen. Doch Corona funkte dazwischen. Wie Beate Marchewicz informiert, gibt es Baucamps auf der ganzen Welt. Dahinter steht der Internationale Bauorden. Laut dessen Internetseite handelt es sich um einen gemeinnützigen Verein. Er unterstützt soziale und gemeinnützige Einrichtungen durch Bau- und Renovierungsarbeiten. „Der Bauorden bringt diejenigen, die Hilfe brauchen, mit denen zusammen, die helfen können“, veranschaulicht Beate Marchewicz. Der Kontakt sei durch den Architekturstudenten Adrian Spengler hergestellt worden, der aus Hadmersleben stammt und die Idee hatte, dass auch dort Baucamps stattfinden könnten.

Die meisten der aktuellen Teilnehmer sind Studenten. Ihr Vorteil: Wer Architektur studiert oder angehender Bauingenieur ist, kann sich den Aufenthalt als Praktikum anrechnen lassen. Von dieser Möglichkeit machen zum Beispiel Finn Kratz und Annika Nuss Gebrauch. Beide studieren an der Hochschule Darmstadt (HDA) - er Architektur, sie Innenarchitektur. In beiden Fällen gehören zehn Wochen Praktikum verpflichtend dazu.

„Die HDA unterstützt den Bauorden sehr“, berichtet Finn Kratz. „Auf der Internetseite der Hochschule wird direkt empfohlen, sich die Projekte anzuschauen“, ergänzt Annika Nuss. Von ihrem Aufenthalt in Hadmersleben zeigen sich beide begeistert. „Die Location ist mega, die Leute sind mega und es ist super, mit Beate und Krystof zu arbeiten. Sie wissen extrem viel“, erklärt Finn Kratz.

Als Ergänzung zu ihrem Studium können die jungen Leute in der Meika praktische Erfahrungen sammeln. Aber man muss kein Student sein, um an einem Baucamp teilzunehmen: „Von Jugendlichen bis hin zu Älteren können alle mitmachen“, betont Beate Marchewicz. Spannenderweise komme dieses Mal die Mehrzahl der Teilnehmer aus Darmstadt - auch wenn sie sich vorher teilweise nicht gekannt hätten. Mit dabei sind auch zwei Unterstützer aus Indonesien, die ebenfalls in Darmstadt studieren.

Zu tun gibt es auf jeden Fall eine Menge. Der Fokus liegt derzeit auf dem Wohnhaus, das zur Meika gehört. Dort widmen sie die Teilnehmer vor allem vorbereitenden Arbeiten. Wie Krystof Marchewicz berichtet waren die historischen Holzdielen unter bis zu sieben Lagen Teppich und Linoleum verborgen, die entfernt werden mussten. An den Wänden klebten bis zu neun Schichten Tapete übereinander. Außerdem haben die Teilnehmer abgehängte Decken beseitigt und beispielsweise Schlitze für eine spätere Elektroinstallation geklopft. „Ein Architekt steht uns dabei zur Seite“, so Beate Marchewicz. Auch ihr Mann verfüge über umfangreiche Erfahrung hinsichtlich der Sanierung denkmalgeschützter Gebäude. Wie Krystof Marchewicz ergänzt, soll das Wohnhaus auf seinen ursprünglichen Zustand zurückgeführt werden. Die Zimmer werden laut Beate Marchewicz auch gebraucht. Zum Beispiel als Unterbringung für die Teilnehmer kommender Baucamps oder für Gäste, wenn der Veranstaltungsbetrieb in der Meika läuft.

Durch ihre Mitarbeit können die Helfer auch Teil der Fabrik werden. Die Teilnehmer des ersten Camps haben zum Beispiel eine Flasche mit einem Brief und einem Foto in einer Wand versteckt. Außerdem gibt es einen weiteren Pluspunkt: Denn durch Krystof Marchewicz können die Gäste auch in die Arbeit eines Bildhauers hineinschnuppern. Jeder von ihnen hat Metall und ein Stück Mooreiche bekommen, aus dem sie nach eigenen Vorstellungen Objekte formen können. Darüber hinaus gibt es einen ökologischen Aspekt. Denn die Versorgung ist in vielen Aspekten ausgesprochen bio. Die Milch kommt direkt vom Bauern, daraus wird auch Quark hergestellt. Selbstgemachte Konfitüre kommt ebenfalls auf den Tisch. So soll das Baucamp für alle eine Bereicherung sein.