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Theater Der Burgsommer kann kommen

Die diesjährigen Theaterstücke der Laienspielgruppen in Ummendorf und Wormsdorf sind fertig. Die Aufführungstermine stehen fest.

Von Ronny Schoof 10.03.2019, 09:00

Ummendorf l „Die Figuren sollen nicht nur was sagen, sondern was Sinnvolles sagen“, legt Gunther Hirschligau seinen Anspruch ans Stückeschreiben dar. Den Winter hat der Ummendorfer Ruhestandspfarrer einmal mehr genutzt, um dem gerecht zu werden. Das Publikum darf sich auf ein ambitioniertes Stück vor der Kulisse der Napoleonischen Kriege (Ummendorfer Burgtheater) sowie auf eine klassische Schicksalsgeschichte auf dem beschaulichen Bördelande (Wormsdorfer Pfarrhoftheater) freuen.

„Ich bin erstmal bei der Westfalenzeit geblieben“, erklärt Hirschligau, dass beide Stücke Anfang des 19. Jahrhunderts spielen und historisch somit nur wenig später als die Ummendorfer „Tausendundzweite Nacht“ des Vorjahres angesiedelt sind. Freilich nehmen die Geschichten auch wieder Bezug auf schriftlich überlieferte Begebenheiten dieser Zeit. „Dornige Wege“, so der Titel des Ummendorfer Stücks basiert auf einem Brief, den der Belsdorfer Andreas Barheine 1812 aus Moskau an seinen Vater in die Heimat geschickt hat.

„Jener Barheine zieht als so genannter Einsteher in den Krieg, also als Ersatzmann für einen reichen Einberufenen, der sich auf diese Weise damals vom Frontdienst freikaufen konnte“, umschreibt Gunther Hirschligau das Handlungsgerüst. „In Russland wird Barheine schwer verletzt und lernt während der langen Genesung das russische Leben kennen und schätzen, hegt und erfüllt sich letztlich aber doch den Wunsch der Rückkehr. Dabei trifft er in Schlesien noch einmal auf besondere Umstände und Leute und – wie könnte es anders sein – auf die große Liebe.“ Das Ende der „Dornigen Wege“ – er verrät es natürlich noch nicht – dürfte nach Hirschligaus Einschätzung überraschen. Es sei „diesmal ziemlich offen und visionär“ gehalten.

Einen etwas anderen Dreh gibt der Autor seinem Stück auch hinsichtlich des dramaturgischen Aufbaus, der als Dreiakter konzipiert ist: „Teil eins spielt in Belsdorf und stellt die Situation des Hauptakteurs sowie die Errungenschaften der napoleonischen Zeit, die ja trotz der Diktatur ein gutes Stück Freiheit und Demokratie atmete, vor. Der zweite Part ist dann eng an Schilderungen aus Tolstois ‚Krieg und Frieden‘ angelehnt und soll also ein Bild der russischen Volksseele einfangen, dazu die Integration Barheines. Und schließlich finden wir uns in einem jüdischen Dorf in Polen wieder, wo wir unter anderem auch Wilhelm von Humboldt und seinem Humanismus begegnen.“

Die Figur Barheine – gespielt voraussichtlich von Mathias Barrabas – sei somit die einzige Konstante im Stück vor wechselndem Hintergrund. „Das hatten wir in der Form noch nicht“, so Hirschligau, „und hat auch mit der Herausforderung zu tun, 40 Darsteller in Rollen und Handlungsabläufen unterzubringen.“ Die strikte Beschränkung beziehungsweise Einteilung auf drei in sich geschlossene Plots erleichtere diese Aufgabe sehr.

Er selber sei von der Thematik „sehr angetan“, sagt Gunther Hirschligau, „der Stoff vom Zusammenleben der Kulturen interessiert mich zunehmend und hat ja auch einen starken aktuellen Bezug, den ich immer gern einbaue – diesmal, indem ich ein Gegenbild zum Nationalismus setze.“ Er bleibe seiner Linie treu, nicht nur Klamauk auf die Bühne zu bringen, sondern auch Nachdenkliches, „ohne dabei den Leuten mit Übermoral und gehobenem Zeigefinger beizukommen, denn das Letzte, was ich möchte, ist, auf der Bühne anfangen zu predigen.“

Weniger weitläufig und experimentell lässt Hischligau die „Herbstliebe“ in Wormsdorf erblühen: „Hier erzähle ich im Grunde nach, was wirklich passiert ist, eine wahre Wormsdorfer Geschichte nach dem großen Feuer von 1807, als das halbe Dorf abgebrannt war.“ Hintenraus nehme er sich allerdings wieder die Freiheit des Autoren, ins Schicksal der Figuren einzugreifen. Dergestalt, dass das eigentlich tragische zu einem glücklichen Ende umgeformt wird. Im Zentrum des Geschehens steht der verwitwete Pastor Bötticher, dessen zweite Ehe mit einer deutlich jüngeren Frau zwar von inniger gegenseitiger Liebe, jedoch auch von Missgunst, Anfeindungen und Verleumdungen geprägt war. Gunther Hirschligau meint: „Das wird gewiss ein amüsantes Stück der Ortsgeschichte, so wie es die Wormsdorfer mögen.“

Und während das Pfarrhoftheater vorerst auf dem Storchenhof vebleibt, weiß das Ummendorfer Ensemble noch nicht so recht, wo es die „Dornigen Wege“ beschreiten wird. „Der Burghof steht uns aufgrund der angedachten Sanierung des Börde-Museums womöglich nicht zur Verfügung“, erklärt Hirschligau, „und die Theaterscheune ist ein Traum, der noch weit weg ist. Voraussichtlich spielen wir also auf dem Schulhof.“