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Zugvögel Nilgänse lassen Storch nicht ins Nest

Zwar ist in Gröningen jetzt der erste Storch eingetroffen, aber er hat noch kein Zuhause. Denn in seinem Nest haben sich Nilgänse eingerichtet.

Von René Döring 09.03.2018, 00:01

Gröningen l Das war für den Storch schon ein großer Schock, als er am Dienstag in Gröningen eintraf. Mehr als 3 000 Kilometer hatte er in den Flügeln und wollte nun endlich ausruhen. Also steuerte er sofort sein Nest auf der alten Brauerei an. Doch was musste er da sehen? Das Nest war besetzt. Zwei Nilgänse schlummerten hier. „Das kriegen wir schon“, wird sich Adebar gesagt haben und wollte die Gänse aus dem Nest vertreiben. Doch das ging schief. Die Gänse setzten sich mit vereinten Kräften zur Wehr und bissen den Storch weg. Auch ein zweiter und ein dritter Versuch blieb erfolglos.

Beobachtet hat das Ganze Jana Günther, die nicht nur ganz in der Nähe wohnt, sondern die auch Störche sehr mag. Vor allem die, die Jahr für Jahr nach Gröningen kommen. „Ich kann mich nicht erinnern, dass das Storchennest auf diesem Schornstein schon einmal leer geblieben ist“, sagt die gebürtige Gröningerin. Wie sie sich auch nicht erinnern kann, dass das Nest jemals von anderen Vögeln beansprucht worden ist, wie jetzt von den Nilgänsen.

Worüber sich Jana Günther genauso ärgert wie ihr Vater Friedrich Günther. „Die Nilgänse gehören doch ursprünglich gar nicht hier her. Und deshalb verstehe ich auch nicht, warum sie in Sachsen-Anhalt nicht wie in anderen Bundesländern gejagt werden dürfen“, sagt Friedrich Günther.

Jana und Friedrich Günther hatten schon Anfang des Jahres ein ungutes Gefühl, als sie gesehen haben, wie sich die beiden Nilgänse, die sich ansonsten das Jahr über mit einigen Artgenossen vor allem hinter dem Sportplatz an der Bode aufhalten, im Storchennest eingerichtet haben. „Uns war klar, dass die Gänse auf dem Schornstein brüten wollen. Und wir gehen fest davon aus, dass sie genau das jetzt tun.“

Weshalb ihrer Meinung nach die beiden Gänse auch äußerst aggressiv reagiert und den Storch vom Nest ferngehalten haben. „Für ihre Aggressivität in der Brutzeit sind Nilgänse ja bekannt“, sagen Jana und Friedrich Günther, die sich aber mit der jetzigen Situation nicht abfinden wollen. Weshalb sie auch gleich beim Storchenhof in Loburg und bei der Naturschutzbehörde des Landkreises angerufen und gefragt haben, was denn dagegen unternommen werden könne. „So richtig zufrieden waren wir nicht mit dem, was wir da gehört haben. Denn eigentlich ist da nicht viel möglich“, sagen Jana und Friedrich Günther, die vor allem nicht nachvollziehen können, dass die Nilgans in Sachsen-Anhalt nicht gejagt werden darf.

„Das könnte sich aber bald ändern“, sagt Wolfgang Nicolai. Dem Storchenbeauftragten des Landkreises Börde sei bekannt, dass im Landtag derzeit die Vorbereitungen für solch eine gesetzliche Regelung getroffen werde. Was den konkreten Fall in Gröningen angehe, so sei Nicolai jedoch schon etwas überrascht. Die Gröninger Störche seien ja schon gestandene Tiere und er habe nicht gedacht, dass es ihnen genauso ergehen werde, wie im vergangenen Jahr einem Storchenpaar im benachbarten Adersleben. „Aber vielleicht ändert sich die Situation ja, wenn der zweite Gröninger Storch eintrifft.“

Und es seien auch noch andere Lösungen denkbar. „Wenn die Jungen der Nilgänse geschlüpft sind, dann verlassen sie sofort das Nest“, sagt Wolfgang Nicolai. Was auch von hoch oben kein Problem sei, weil der Knochenbau der jungen Gänse noch so elastisch sei, dass sie sich beim Sprung in die Tiefe nicht verletzten würden. Und mit den Jungen würden dann auch die Gänse-Eltern das Nest wieder freigeben.

„Nilgänse sind ja ohnehin nur während ihrer Brutzeit besonders aggressiv“, sagt Wolfgang Nicolai, der in Gröningen wohnt und die Entwicklung im Auge behalten werde. Dabei geht der Storchenkenner fest davon aus, dass die Gröninger Störche nicht das Weite suchen werden, egal was passiert. „Sie wissen, dass sie hier Nahrung finden und gut brüten können.“ Und deshalb werden sie hier gegebenenfalls nach einer anderen Nistmöglichkeit Ausschau halten, sich also an einem geeigneten Platz ein neues Nest bauen, wenn sie ihr eigentliches Zuhause nicht rechtzeitig zurückbekommen.