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Literaturtage Ich war heut‘ im Zaubergarten

Gisela Steineckert und Dirk Michaelis an einem Abend - darauf hatten sich so viele gefreut.

Von Astrid Mathis 13.10.2015, 19:00

Osterburg l In der Lebenshilfe Osterburg erwartete die Altmärker im Rahmen des 20. Altmärkischen Musikfestes am Mittwoch ihr Programm „Als ich fortging...“

An irgendeiner Stelle gab die feinsinnige Lyrikerin und ebenso unterhaltsame Erzählerin zu: „Wir haben gar kein Programm!“ Das war den Zuhörern offensichtlich längst einerlei, sie hingen so oder so an den Lippen der beiden Künstler. Dirk Michaelis bekannte zwischendurch, dass dieser Abend einfach von Überraschungen geprägt sei. Und das, obwohl die Zwei schon gut 30 Jahre befreundet und einiges voneinander gewohnt sind.

Im vergangenen Jahr hatte Gisela Steineckert bereits in Osterburg gelesen, erzählt und begeistert, jetzt bescherte sie den Kulturinteressierten aus der Altmark gleich doppeltes Vergnügen. Denn es war kaum auszumachen, wann ein Gedicht anfing, eine Anekdote ein Lied ablöste. Alles verschmolz, und die Zuhörer schmolzen dahin, lachten auf oder kommentierten, wenn Gisela Steineckert und Dirk Michaelis Akzente setzten.

„Manche haben wir im Sack, die anderen müssen wir noch erobern“, so die Dichterin eingangs. Es war ein leichtes. Dirk Michaelis sang „Eigentlich geht’s uns gut“ und „Feld aus Gold“, wechselte von Gitarre zu Klavier. Gisela Steineckert haute mit ihrer unverblümten Art um, schwärmte von der Landschaft zwischen Berlin und Altmark und sagte: „Ich bin seit 43 Jahren verheiratet. Is’ Liebe.“ Einfach so. Und: „Wenn du jemandem jemand warst in diesem Sommer, dann gehst du in den Herbst ohne Angst.“

Sie wollten aber nicht nur über Liebe reden, stellte die Schriftstellerin klar. Während Dirk Michaelis von seiner 104-jährigen Oma berichtete: „Wenn ich ihr von unseren Veranstaltungen in Güstrow und Osterburg erzähle, sagt sie: du kommst aber ganz schön rum in der Welt“, brachte Gisela Steineckert den Zuhörern Hildi nahe. Hildi wird 100 und will, dass sie was sagt, wenn’s soweit ist. Hildi soll was aus ihrem Leben verraten für später, aber sie will nicht recht. Es gab wohl mal jemanden, aber am liebsten wäre ihr, sie würde nur „Der Mond ist aufgegangen“ singen. Wenn’s soweit ist. Und sie singt und schließt mit: „Manchmal denkt man, man ist mit einer Sache fertig, da hat sie gerade angefangen.“

Schließlich kommt noch die Maultrommel des Musikers zum Einsatz. Er ist ja berühmt, steht im Guinness-Buch der Rekorde, weil er am 1200-Mann starken Maultrommel-Festival teilnahm. Mal davon abgesehen, sie seien ja beide berühmt.

Die Ballade „Als ich fortging“ hatte Dirk Michaelis der Dichterin einst auf Kassette gegeben, 1986, es war der Beginn ihrer Freundschaft. Lange hatte Gisela Steineckert wegen Krankheit in diesem Jahr auf Lesereisen verzichten müssen. Jetzt sagte sie abschließend: „Es war ein wunderbarer Abend. Ich war heut‘ in einem Zaubergarten. Danke!“ Da waren die letzten Worte von Dirk Michaelis’ „Als ich fortging...“ schon verklungen. Von allen Seiten hörten sie aber: „Hauptsache, Sie kommen einmal wieder!“