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Baumfällen 2.0 Ein Königstiger durchforstet die Wälder

Handarbeit ist bei den Waldbauernzwar noch an der Tagesordnung. Aber moderne Technik übernimmt immer öfter die Aufgaben ganzer Brigaden.

Von Ralf Franke 27.10.2015, 19:00

Drüsedau l Zwischen Drüsedau und Polkern ist in diesen Tagen im Auftrag der Forst-Betriebs-Gemeinschaft Osterburg (FBG)beziehungsweise des Betreuungsforstamtes „Nordöstliche Altmark“ ein neuer Harvester (Vollernter) im Einsatz, den die Konstrukteure der Firma Impex nicht umsonst Königstiger T 30 getauft haben.

Der 40-Tonnen-Kollos, der ebenso wie seine kleineren Verwandten vor allem für das Fällen von Nadelholz konstruiert wurde, entwickelt seine Stärken besonders in alten Beständen mit gut entwickeltem Unterwuchs, der bei Baumfällarbeiten immer in Gefahr läuft, geschädigt zu werden. Klassisches Beispiel in der Region sind frühere Monokulturen, die nach der Wende ausgedünnt und im Schatten der verbliebenen Bäume mit heimischem Laubholz aufgewertet wurden.

Während kleinere Harvester von einer Schneise aus nur acht bis neun Meter in den Bestand greifen können, die Bäume fallen lassen müssen, bevor sie herausgezogen und nach Fraktionen sortiert auf Länge gesägt werden, überbrückt der T 30 bis zu 15 Meter Entfernung. Heißt, dass ihm Schneisen im 30-Meter-Abständen genügen. Und: Der Königstiger lässt die Stämme auch nicht umfallen, sondern hebt sie so aufrecht, wie sie vor dem Absägen standen, aus dem Wald, um sie dann vergleichsweise vorsichtig abzulegen, schwärmt Revierförster Matthias Thiede von der Technik, für die er nicht nur in seinem Revier auf der „Höhe“ noch viele Einsatzmöglichkeiten sieht. Der auffällig leise Königstiger, bei dem nahezu alle Werkzeuge von den Greifern bis zur Kettensäge über Hydraulikmotoren angetrieben werden, ist sozusagen ein Multitasking-Talent, das Bäume fällt, entastet, auf Länge sägt, Stämme bewegt, sortiert ablegt und dabei automatisch Länge sowie Umfang und damit auch die geernteten Festmeter erfasst, die durch seine Zangen beziehungsweise Sensoren gegangen sind. Damit der Fahrer selbst in schwierigem Gelände und am Hang immer den richtigen Durch- und Überblick behält und so senkrecht agieren kann, wie die Stämme vor dem Fällen stehen, kann der Drehturm über den Raupenketten in der Neigung verstellt und die ergonomisch ausgefeilte Komfortkabine angehoben werden.

Dank der Computer gesteuerten Dokumentation wusste der Bändiger des Königstigers, Enrico Fichtner, dass der schwerste Stamm, den er bislang in die „Finger“ bekommen hat, 3,6 Festmeter maß und damit einiges über drei Tonnen auf die Wage gebracht hätte. Glaubt man dem Hersteller, soll der Harvester selbst in Vollauslage noch drei Tonnen tragen können. Fichtner, der seine Brötchen bei der Anhaltinischen Forst-Service GmbH verdient, ist offenbar der richtige Mann auf dem fast eine Million Euro teuren Spezial-Bagger – sowohl in Sachen Erfahrung, als auch in Sachen Besonnenheit. Für hektische Choleriker ist das kein Job.

An seinen Rekordstamm reichen die oft gut 25 Meter hohen Kiefern, die Fichtner in dieser Woche bei Drüsedau fällt nicht, aber bei einigen könnte beim Geburtsjahr vorne noch eine 18 stehen. Probleme gibt es indes nicht. An den maximal möglichen Stammdurchmesser von 75 Zentimetern dürfte kein Exemplar heranreichen.

Ohne gleich von Nachteilen zu sprechen, will der Einsatz des T 30 von Förstern und Waldbesitzern aber auch genau überlegt sein. Mit den schweren Raupenketten aus Stahl ist der Köngigstiger nicht straßentauglich, sondern muss immer mit einem Tieflader umgesetzt werden. Außerdem braucht es für die große Reichweite sowie die schonende und selektive Arbeit der stählernen Raubkatze etwas mehr Zeit. Enrico Fichtner bringt es in acht Stunden auf 120 bis 150 Festmeter. Ein kleiner Harvester kann in derselben Zeit bis zu 180 Festmeter schaffen.