1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Osterburg
  6. >
  7. Und die Jugend kann es doch

In Eigenregie Und die Jugend kann es doch

Bertkower Jugendliche führen ihren kleinen Jugendklub am Sportplatz in Eigenregie.

Von Karina Hoppe 28.03.2016, 04:00

Bertkow l Dafür haben sie gekämpft, die Erwachsenen gaben erst einen Vertrauensvorschuss. Und halfen später immens bei der Sanierung. In der Schwarzwaldhütte sieht es aus wie geleckt. Das liegt vielleicht auch daran, dass die Jugendlichen darin sogar Hausschuhe anziehen. Man hätte es vorher mal sehen sollen. Das Häuschen sah drinnen aus wie draußen. „Einfache Holzwände“, sagt Anne-Christin Zimmermann. Zwei Jahre haben die Jugendlichen so ihre Freizeit verbracht, dann wurde es ihnen doch zu ungemütlich. Sie baten die Bertkower um Hilfe bei der Sanierung und bekamen mehr als sie sich erträumt haben. „Da steckt ganz viel Arbeit drin.“ Jetzt haben die Bertkower nicht nur einen Jugendklub, jetzt haben sie einen schönen Jugendklub. Das war lange nicht so.

„Früher“ gab es in Bertkow mal eine Bleibe für die Jugend. Im Schloss, das wussten die Jugendlichen und das vergrößerte bei ihnen nur den Drang danach, auch mal einen Jugendklub-Schlüssel in Händen zu halten. „Immer nur bei den Eltern sitzen, ist ja auch nicht schön“, sagt Tabea Heinrich. Das sei ja auch ganz normal, aber wohin sollten sie?

Dann wurde das auch Schwarzwaldhütte genannte Holzhaus am Sportplatz frei. Die Alte Herren-Fußballmannschaft spielte nicht mehr und die Jugendlichen witterten ihre Chance. Es hat sie fast ganz automatisch dorthin gezogen. „Wir saßen auf den Bänken vor dem Haus, hatten aber keinen Schlüssel“, erinnert sich Anne-Christin Zimmermann. Die Bertkowerin Annedore Müller, selbst Mitglied des Gemeinderates Goldbeck, gab den Jugendlichen schließlich den Tipp, mal beim Bürgermeister vorzusprechen. Torsten Dobberkau war nicht abgeneigt, betonte aber, dass es einer Hausordnung und erwachsener Verantwortlicher bedarf. „Wir waren ja noch keine 18“, so Anne-Christin Zimmermann. In Annedore Müller war die erste Erwachsene schon gefunden und Christin Heinrich, Tabea Heinrichs Mutter, übernahm auch Verantwortung. Alle unterschrieben einen Vertrag und sie bekamen den Schlüssel.

Die Jugendlichen – von den „Großen“ sind es fünf bis sechs – hielten, was sie versprachen, lieferten keine Eskapaden und initiierten im Sommer 2015 eine große Sanierung. Das Dorf unterstützte dabei. Die Bertkower halfen mit, das Haus zu dämmen und zu fliesen, zogen einen neuen Fußboden ein und auch eine Küche wurde gesponsert. „Die haben wir mit der Schubkarre hierher geholt“, erinnert sich Tabea Heinrich.

Gläser, Bestecke, gemeinschaftsspiele – so Vieles wurde gesponsert. Und Manches kaufte die Jugend auch selbst, zum Beispiel die Plastikablage für nasse Schuhe. Denn im Bertkower Jugendklub herrscht Ordnung! Jeder hat seine Hausschuhe, „bei uns kann man vom Fußboden essen“, sagt Anne-Christin Zimmermann.

Ohne die Hilfe des Dorfes, da sind sich die Jugendlichen sicher, hätten sie das nie geschafft. So viele spaßige Stunden habe ihnen die Schwarzwaldhütte schon beschert. Sie haben darin Geburtstage gefeiert, unendlich oft Spiele gespielt, etwas gekocht, draußen gegrillt oder einfach nur abgehangen. Eine Toilette gibt‘s leider nicht. Aktuell besteht ein Problem mit Dach und Tür. Und die Wärme kommt nur über den Heißlüfter. Aber vom Wetter hätten sich die Jugendlichen noch nicht davon abhalten lassen, in ihren Klub zu fahren. Eher spricht das Erwachsenwerden manchmal dagegen. Tabea Heinrich steckt in den Abi-Vorbereitungen. Anne-Christin Zimmermann, mittlerweile 20, macht in Stendal eine Ausbildung zur Erzieherin. Beide hoffen sehr, dass die nächste Jugend ihre Hütte zu schätzen weiß. „Wir haben die echt lieb gewonnen.“