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Auktion Odyssee von Pferden fast zu Ende

Am 24. Mai will der Landkreis die beschlagnahmten Pferde in Lichterfelde versteigern. Das dürfte für einige Aufmerksamkeit sorgen.

Von Ralf Franke 19.05.2017, 01:01

Lichterfelde/Ballerstedt l Am 7. Dezember 2016 beschlagnahmte der Landkreis Stendal auf Flächen um Osterburg und Arneburg-Goldbeck 77 Pferde wegen nicht artgerechter Haltung, um diese in der ehemaligen Bullenwartestation des Rinderzuchtverbandes Sachsen-Anhalt bei Lichterfelde betreuen und wieder aufpäppeln zu lassen.

Nachdem der mit einem Haltungsverbot belegte Züchter aus Klein Ballerstedt eine erste Versteigerung mit juristischen Mitteln verhindern konnte, soll der in der Altmark bislang einmalige Vorgang in der kommenden Woche, am Mittwoch, 24. Mai, mit Zustimmung des Oberverwaltungsgerichtes Magdeburg ein vorläufiges Ende finden. Die Auktion beginnt 10 Uhr. Die Besichtigung ist ab 8.30 Uhr möglich.

Einige Tiere konnten zwischenzeitlich ihren Besitzern zugeordnet werden, bleiben 71, die einen Tag vor Himmelfahrt an den Mann beziehungsweise die Frau gebracht werden sollen. Vom Shety übers Reitpony, den Araber bis zum Warm- und Kaltblutpferd sind alle Rassen vertreten. Sogar ein Maultier hat in Lichterfelde für fast ein halbes Jahr ein vorläufiges Zuhause gefunden.

Mit dem neuen Versteigerungstermin bleibt dem Landkreis jetzt erspart, die Pferde dezentral unterzubringen, was ihnen auch Auslauf verschaffen sollte (wir berichteten). Ideal sei die derzeitige Unterbringung nicht, räumt Amtstierarzt Dr. Thoralf Schaffer ein. Von nicht artgerechter Haltung könne allerdings keine Rede sein.

Den Pferden stünden große Einzelboxen zur Verfügung. Zumindest zu den Nachbarn seien soziale Kontakte möglich. Außerdem hätten die großen und schweren Rassen im Schnitt 100 bis 150 Kilo mehr auf den Rippen als bei ihrer Beschlagnahmung. Im Vergleich zu Dezember 2016 seien die Tiere dank Betreuung, tierärztlicher Behandlung und Hufpflege im guten bis sehr gutem Zustand, bekräftigt er.

Letzteres ist wichtigster Grund dafür, warum die Auktion im zweiten Anlauf anders ablaufen wird als ursprünglich geplant. Eben, weil die Pferde wieder zu Kräften gekommen sind, haben sich die Verantwortlichen von der üblichen Ringauktion verabschiedet. Man wolle zum Schutz von Pferden, Helfern und Gästen kein Rodeo veranstalten, hieß es auf Nachfrage der Volksstimme.

Die Pferde, die inzwischen auf den Internetseiten des Landkreises katalogisiert sind, können am Tag der Auktion besichtigt werden. Wobei viele Interessenten ins Staunen kommen dürften, weil die meisten Fotos im Dezember 2016 und im Januar 2017 entstanden, als die Tiere noch in einem erbarmungswürdigen Zustand waren.

Die Versteigerung erfolgt sozusagen im kleinen Kreis direkt im Stall vor der Box des jeweiligen Pferdes, über das der Landkreis nach bestem Wissen und Gewissen Auskunft gibt. Weil die meisten Kreaturen ohne Papiere aufgegriffen wurden, kann das nicht viel sein und nur auf den Sichtungen sowie Erfahrungswerten von Dr. Schaffer und seinen Helfern beruhen. Es wird definitiv keine Angaben zum Ausbildungsstand oder irgend welchen Macken geben. Da gilt „gekauft wie gesehen“, betonte der Chef-Veterinär.

Das Mindestgebot sollen die Interessenten erst vor Ort erfahren. Das werde individuell nach Rasse, (geschätztem) Alter, allgemeinem Zustand und ähnlichen Faktoren berechnet.

Das ganze Prozedere sei mit dem Auktionator abgesprochen. Dem Profi, der schon über 1000 derartige Termine absolvierte, ist offenbar auch das Bietergefecht im Stall vertraut. Dr. Schaffer hofft, dass es dort keinen Massenauflauf gibt– vorausgesetzt, dass nur die Leute folgen, die für das jeweilige Tier bieten wollen.

Dass sich viele Pferdfreunde Sorgen darum machen, das Rossschlächter mitbieten, weiß Dr. Schaffer, kann er im Fall der Fälle aber nicht wirklich verhindern. Er wiederholt indes, dass rund drei Viertel der Tiere einen Ersatzpass bekommen haben und nicht geschlachtet werden dürfen, weil unbekannt ist, ob und welche Medikamente sie eventuell bekommen haben.

Bei den anderen Tieren hofft er auf Gebote, die über der Schmerzgrenze der Schlächter liegen. In jedem Fall werde man ein Auge darauf haben, ob sich einschlägig Bekannte der Veterinärämter beider Altmarkkreise unter den Bietern befinden und gegebenenfalls vom Hausrecht Gebrauch machen.

In dem Zusammenhang macht der Amtstierarzt deutlich, dass für ein hohes Aufgebot an Sicherheitsleuten, Ordnern und Helfern gesorgt sei, um die Aufgaben zu stemmen, zu denen neben dem Parken an der Kreisstraße 1019 auch das sofortige Verladen der versteigerten Tiere gehört.

Derweil sind auch Initiativen von Tierschützern zu erwarten, die Pferde eventuell ersteigern wollen, um sie vor dem Schlachter zu retten und vermitteln zu lassen.

Mehr zur Versteigerung und dem ganzen Drumherum auf der Hompage des Landkreis Stendal.