1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Osterburg
  6. >
  7. So viel Arbeit und so wenig Zeit

Bahnstrecke So viel Arbeit und so wenig Zeit

Wenn die NebenbahnstreckeSalzwedel - Geestgottberg nicht schnell online ist, droht ihr das Aus. Doch die Bahnfreunde geben noch nicht auf.

Von Ralf Franke 06.04.2017, 19:00

Groß Garz l Die Deutsche Regio­nal-Eisenbahn (DRE) betreibt in sechs Bundesländern mittlerweile 34 Strecken. Als 2004 der letzte Zug über die sogenannte Nebenstrecke Salzwedel - Gestgottberg rollte, weil die Verbindung der Deutschen Bahn AG nicht mehr rentabel genug erschien, pachtete die DRE die rund 43 Kilometer lange Strecke, um ein weiteres Stück Infrastruktur auf Gleisen in Deutschland vor dem endgültigen Aus zu bewahren.

Mittlerweile kommen die DRE und der Deutsche Bahnkundenverband (DBV), die in dem Fall an einem Strang ziehen, aber in Zugzwang. Die Aufsichtsbehörden drängen nach vielen Jahren des Stillstandes auf eine Inbetriebnahme der Strecke. Was nicht heißt, dass dort demnächst ICE-Züge durchrauschen sollen. Vielmehr müssen Gleise und Nebenanlagen so hergerichtet sein, dass dort neben DBV-Ausflugsdraisinen oder DRE-Zügen auch die Schienenfahrzeuge Dritter rollen könnten. Aus dem Grund forcierten die Eisenbahnfreunde, die auch schon die Stecke Salzwedel - Klötze aus dem Dornröschenschlaf geholt haben, Anfang des Jahres die Anstrengungen in der östlichen Altmark. Und organisierten zwei Freischneideaktionen bei Groß Garz. Doch so erfreut die Initiatoren über die Resonanz waren, sind diese für die Lösung des Gesamtproblems eher ein Tropfen auf den heißen Stein. Das wurde auch bei einem Treffen deutlich, zu dem DBV und DRE kürzlich alle potenziellen Unterstützer des Vorhabens in die Groß Garzer Gaststätte Schulz eingeladen hatten. Ziel der Veranstaltung: Eine Bürgerbahn ins Leben rufen, deren Mitstreiter sich bei der Instandsetzung und Instandhaltung der Strecke sowie beim späteren Betrieb einbringen sollen.

Ohne ehrenamtliches Engagement dürften die Pläne zum Scheitern verurteilt sein, war den Ausführungen von Roger Behn aus Diesdorf zu entnehmen, der sich seit Jahren im DBV engagiert und um die Fallstricke weiß, die Bewirtschaftung, aber auch die öffentliche Hand bereithalten. Womit er zum Beispiel kritisierte, dass Politik, Fördermittelgeber und die Organisatoren des Öffentlichen Personen-Nahverkehrs Projekte wie dieses sprich- und wortwörtlich aufs Abstellgleis drängen. Wenn die Zuschüsse in die Bahnstrecken so fließen würden wie in den Straßenbau, würde einiges anders aussehen, so Behn, der der Nebenstrecke beim richtigen Preis-Leistungs-Verhältnis nicht nur eine touristische, sondern auch eine wirtschaftliche Bedeutung attestiert.

Wie sehr die Zeit drängt, machte DRE-Geschäftsführer Gerhard Curth an dem Abend deutlich. Demnach lassen die Aufsichtsbehörden der Regio­nalbahn nur noch bis zum Ende des dritten Quartals 2017 Zeit, um Ergebnisse vorzuweisen. Dass die mindest notwendigen Arbeiten an der Strecke aufgrund des Umfanges und der Kosten bis dahin erledigt sind, darf zumindest angezweifelt werden.

Vorsichtige Schätzungen gehen davon aus, dass rund 250 000 Euro in die Hand genommen werden müssten, um das Nötigste zu erledigen. Das ist unter anderem das Befestigen eines Stück Bahndammes bei Arendsee, der von Nässe geschädigt ist. Dazu sind bei Harpe ein paar hundert Meter Gleise zu ersetzen, die Opfer von Schrottdieben wurden. Größter Einzelposten ist indes die Alandbrücke, deren Reparatur allein mit etwa 80 000 Euro zu Buche schlagen würde. Wobei der Radweg an der Brücke nicht mitgerechnet ist, weil die Kommune aus finanzieller Sicht nicht helfen kann.

Sowohl die Investitonszahlen – meist Freundschaftsangebote, die in den kommenden Tagen noch genauer unterlegt werden sollen – als auch die knappe Frist überraschten offenbar selbst DRE- und DBV-Leute in der Runde. Daran, den Kopf in den Sand zu stecken, denkt derzeit aber niemand.

Und wie geht es nun weiter? Man werde erst einmal beim Umweltamt ausloten, ob das Freischneiden der Gleise auf dem Bahndamm in Richtung Geestgottberg weiter gehen kann und dann gegebenenfalls neue Gemeinschaftsaktionen anberaumen. Außerdem muss für die Bürgerbahn nicht unbedingt ein neuer Verein mit all dem damit verbundenem Prozedere ins Leben gerufen werden, weil es schon „Die Bahn bleibt“ in der Altmark gibt. Der vielen unbekannte Verein würde mit dem Vorhaben auch wieder eine Bedeutung bekommen

Und wenn die Reaktivierung der Strecke nicht zum letzten Quartal dieses Jahres gelingt? Auch dann wären die Messen laut Roger Behn noch nicht gesungen. Der Stecke würde erst einmal die Stilllegung, aber noch nicht die Entwidmung drohen. Dann bräuchten zum Beispiel Straßenbaulastträger keine Rücksicht mehr auf Bahnübergänge nehmen. Die Trasse selbst würde noch Bestandsschutz genießen.

Aber auch wenn die genannten Hindernisse umschifft sein sollten, ist ein Ende der Klippen nicht in Sicht. Ab 2022 müssten zum Beispiel alle Ein- und Aussteigepunkte behindertengerecht ausgestattet sein. Bei allem Enthusiasmus der Bahnfreunde – etwas Hilfe von Vater Staat würde nicht ungelegen kommen.

So ist Roger Behn zu erreichen: Tel./Fax: 03902/93 94 51, E-Mail: Lokalus@t-online.de.