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Besuch Ein Afrikaner lernt in Düsedau

Unterricht in der Landwirtschaft erteilt derzeit die Familie Thomsen aus Düsedau. Sie hat einen Studenten aus Westafrika zu Gast.

Von Astrid Mathis 25.07.2016, 19:00

Düsedau l 30 Grad im Schatten, und Wahab Akinrotimi sitzt bei Familie Thomsen mit Pullover am Frühstückstisch. Nicht eine Schweißperle! Er ist andere Temperaturen gewöhnt – er kommt aus Nigeria. Bis zum 11. September will er in Deutschland so viel wie möglich über Kühe und Ackerbau lernen. Eine eigene Kuh ist sein größter Wunsch.

„Der Landesbauernverband arbeitet das zweite Jahr mit der Regierung des Bundeslandes Osun zusammen, die Studenten von Nigeria nach Deutschland schickt, damit sie Hilfe zur Selbsthilfe erhalten“, fasst Constanze Thomsen zusammen. Den Anstoß dafür gab Dr. Billy Olamilekan, der an der Uni-Klinik Magdeburg als Arzt tätig ist und das Austauschprogramm vor drei Jahren mit Medizinern startete. Das gleiche Projekt könnte man auch für Landwirte machen, regte er an. Gar nicht so einfach, acht Betriebe zusammenzubekommen. Jetzt sind 17 Studenten aus Osun im Lande.

Am 2. Juli flog Wahab von Lagos nach Berlin, sechs Stunden. In Wasmerslage verbrachte er bei dem Biobauern Torsten Werner die ersten drei Tage. Dort sind ebenfalls zwei Studenten auf Erkundungstour, in Sachen Ackerbau.An der Universität Olabisi Onabanjo hat der Nigerianer sein Landwirtschaftsstudium abgeschlossen. Zu Hause in seinem Dorf nennt er eine kleine Farm von einem Hektar sein Eigen, wo er unter anderem Mais anbaut. Seine Frau Katayat arbeitet als Verkäuferin und kommt auf 60 Euro im Monat. Um den Lebensunterhalt zu sichern, reicht es gerade mal so aus, was sie zusammen erwirtschaften. Eine Kuh von 160 Euro können sie sich nicht leisten. Wahab Akinrotimi will lernen, aber er vermisst auch seine dreijährigen Zwillingssöhne Ibrahim und Abdullahi und die zwei Monate alte Tochter Lateefat. Täglich telefoniert er. Immer zur Hand das Wörterbuch. Er spricht Englisch und nur wenig Deutsch. Salat, Brot, Reis und Marmelade mag er, aber am liebsten Schokolade. „Wir haben Kakao und exportieren“, erklärt er. Aber es gebe keine Schokolade zum Essen.

Auch Mangos wachsen in seinem Land. „Wahab hat mir erst mal gezeigt, wie man eine Ananas richtig aufschneidet, nämlich erst von außen die Schale. Das macht er sehr schnell“, erzählt Constanze Thomsen, die für das Leben mit dem neuen Hausgast einiges beachten muss. „Wir haben vorher schon die Info bekommen, dass Wahab Moslem ist und kein Schwein isst. Das ist aber eine nur kleine Einschränkung. Reis mit Bohnen und Hühnchen mag er gern“, fügt die Kuh-Expertin hinzu. Die kulturellen Unterschiede und sprachlichen Barrieren seien eben doch eine größere Herausforderung als erwartet.

„Dort Kühe zu halten, ist auch was anderes. Dort kommt man nicht so selbstverständlich an einen Besamer, um die Kuh tragend zu kriegen“, bemerkt Constanze Thomsen. Um einen Einblick in Fleischrinder zu bekommen, steht in den nächsten Tagen ein Besuch bei einem Betrieb dieser Art an.

Wie es im Landwirtschaftlichen Unternehmen Jochen Thomsen läuft, weiß er inzwischen. Er fährt öfters auf dem Mähdrescher mit, hat das Dreschen von Gerste und Roggen miterlebt, und über die Mutterkühe weiß er ebenso Bescheid. „Mit Technik ist er sehr geschickt. Zum Beispiel hat er den Umgang mit dem Milchtaxi schnell gelernt, um die Kälber zu füttern“, stellte Constanze Thomsen fest. Wenn ihre Familie zum Grillen eingeladen ist, kommt er mit. Er sieht gern Fußball und spielt gern mal eine Runde mit ihren Söhnen Jan-Hendrik und Julian. Familienhund Jack macht ihn auf einen der größten Unterschiede zwischen Deutschland und Nigeria aufmerksam: Dort werden Hunde wie Affen als Haustiere gehalten. Und noch etwas: In Deutschland gibt es immer Strom. Manchmal ist in seinem Dorf die Elektrizität für zwei, drei Tage außer Kraft. Eine Person im Dorf hat einen Generator, zur Not wohlbemerkt.

„Das zeigt doch, wie gut wir es hier haben und was wir für selbstverständlich halten“, so Constanze Thomsen. „Für die Kinder gebe ich ihm auf jeden Fall Schokolade mit.“