1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Osterburg
  6. >
  7. Konter auf künstlerisch

EIL

Biber-Motive Konter auf künstlerisch

Als der Biber ihre Eiche fällt, hatte Michela Herbst (50) die Faxen dicke. Sie schützte ihre Bäume - und begann, den Rüpel zu zeichnen.

Von Karina Hoppe 06.07.2020, 17:00

Goldbeck l Erst hatte Michaela Herbst ihren Sohn Jasper in Verdacht. Als sie im September 2019 morgens zum Bäcker fahren will, sieht sie, dass irgendetwas mit dem Pfirsichbaum nicht stimmt. „Gibt‘s doch nicht, jetzt ist der Bengel schon 17 Jahre alt und haut dir noch die Äste ab“, dachte sie und sah bei näherer Betrachtung, dass sich die Sache doch ganz anders verhält. Denn der Biber hatte das Holz in typischer Manier angespitzt. „Ich hab‘s mir dann bestätigen lassen, tatsächlich, ein Biber.“

Ja, das Grundstück liegt an der Uchte, aber Michaela Herbst wuchs dort auf „und hier gab es noch nie einen Biber“. Wie sich herausstellte, hatte dieser bereits einen weiteren Pfirsichbaum umgelegt und hier und da geknabbert. Alles war noch gut zu verkraften, bis sich der Bursche eines Tages oder Nachts die rund zweieinhalb Meter hohe Eiche vornahm und sie nur nicht wegziehen konnte, weil an ihr Rankeldraht befestigt war. „Ich bin wirklich tierlieb, aber da war ich echt sauer.“ Auch der Augustapfel-Baum fiel den Nagezähnen zum Opfer. Nervenprobe in Goldbeck! Kaninchendraht schützt seither die Bäume, vor allem aber hat Michaela Herbst einen kreativen Umgang mit ihrem eifrigen Gärtner gefunden – sie begann, ihn zu zeichnen.

Seit 1994 befasst sich die Goldbeckerin intensiv mit großformatiger Acrylmalerei, aber auch mit dem Zeichnen. Der süße Igel Franz entstand aus ihrer Feder, begleitet sie seit Jahren, zuletzt zeichnete Michaela Herbst Schafe in allen Lebenslagen zur Illustration des im Mai erschienenen Kolumnen-Buchs „Darf ich dir das Sie anbieten?“ von Volksstimme-Redakteurin Nora Knappe. Und nun also der Biber! Michaela Herbst zeichnete, wie er mit dickem Bauch stolz vor der gefällten Eiche steht, wie er Holz wegschleppt oder bei Nachbars im Garten badet. Das hat er nämlich getan, „und wenn ich sowas höre, entsteht ein Bild in meinem Kopf, das muss ich dann festhalten“.

Einmal nachts ertappte Michaela Herbst den Biber gar beim Wirtschaften auf ihrem Grundstück. „Dieses dicke Hinterteil, herrlich.“ Längst hat die 50-Jährige den noch Namenlosen also in ihr Herz geschlossen „und auch die Nachbarschaft sagt, der soll ruhig bleiben“. Der Bursche hat auf mehreren Grundstücken seine Spuren hinterlassen, „aber eine Biberburg haben wir nicht gefunden, mein Sohn lief die Uchte hoch und runter, da war nichts“. In letzter Zeit hörte Michaela Herbst nichts mehr vom Biber. Ob er noch da ist? Sohn Jasper hat bereits Bäume nachgepflanzt. „Wir wollen mal sehen, vielleicht freut er sich schon darauf.“ Vielleicht wartet er holzhungrig in seinem Versteck – wenn das kein Motiv ist.