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Bibliothek Lieber blättern als wischen

Die Lust aufs Lesen ist immer da. Das spürt die Stadt- und Kreisbibliothek Osterburg auch im Sommer.

Von Jana Henning 02.08.2016, 23:01

Osterburg l Ein Urlauber stöbert im Material der Tourist­info gleich links neben dem Eingang. Nelly legt zwei DVD’s für die Rückgabe aufs Pult und bahnt sich den Weg zu Cousine Laura. Die beiden Grundschülerinnen sind sich schnell einig: „Die wilden Hühner“ sollen es dieses Mal werden. Aber welcher Teil? Auf jeden Fall wieder ein Film, aber „bei den Büchern gucken wir nachher noch“, versichern die beiden Mädchen und machen Platz für Carlo, der freudig hopsend aus der Kinderecke kommt. „Er ist im Dinosaurier-Fieber“, hält seine Mutter die Ausbeute des Vierjährigen im Arm, lotst ihn und die beiden Töchter zur Ausgabe. Ja, der Besuch am Großen Markt lohne sich immer. Findet auch eine Lehrerin am Osterburger Gymnasium und will „die noch verbleibenden Ferientage mit einem guten Buch zubringen“. Bevor der Trubel im Gemäuer gegenüber bald wieder losgehe, erzählt sie Danuta Ahrends, die hinterm Tresen der Stadt- und Kreisbibliothek routiniert alles im Blick hat; einscannt, austrägt, berät und einfach gerne da ist.

Man kennt sich. Man schätzt sich. Die Bibliothek als Ort des Austauschs. Des Austauschs weit über das reine Ausleihen von Büchern, Filmen und Musik hinaus. Ein Ort persönlicher Worte im direkten Kontakt mit dem Mitarbeiter als Navigator in Zeiten des medialen und digitalen Überflusses. Vielleicht so? Zumindest dieser Eindruck entsteht an diesem ganz normalen Donnerstag, 10.30 Uhr, mitten in den Ferien. Von Sommerloch keine Spur.

Die Lust aufs Lesen sei immer da. Querbeet. Doch insbesondere um die Bücher von Jojo Moyes sei seit der Kinoverfilmung von „Ein ganzes halbes Jahr“ quasi ein regelrechter Kampf ausgebrochen. „Die Bücher sind immer weit im Voraus bestellt“, berichtet die im Club Altmärkischer Autoren Aktive auf den aktuellen Ausleihschlager angesprochen, „und die Liste ist lang“. Krimis und Thriller seien ebenfalls in den Top 10 zu finden - geschlechterübergreifend. „Biografien allerdings werden deutlich mehr von Männern mitgenommen“, stellt Danuta Ahrends immer wieder fest und sei selbst eher in die skandinavische Krimiecke zu anzutreffen.

Dass sie damit in guter Gesellschaft ist – zumindest bei Anhängern elektronischer Bücher – zeigt die neueste Statistik der Onleihe, dem kostenfreien digitalen Zusatzangebot unabhängig von Öffnungszeiten. Der Kriminalroman „Die Verschwundenen von Jakobsberg“ von der Stockholmerin Tove Alsterdal stand im Juni unter den E-Books am höchsten im Kurs. „Auch verschiedene Bücher mit Agatha Raisin laufen super im Internet“, blickt Anette Bütow auf die jüngste Statistik des vom Land Sachsen-Anhalt unterstützten Projektes biblio24.de. „Wir waren im Dezember 2013 das 28. Mitglied“, weiß die Bibliotheksleiterin auf Anhieb. Inzwischen umfasst das Netzwerk elf lokale Institutionen mehr und stellt seinen insgesamt knapp 8700 Nutzern 40250 E-Medien zur Verfügung. „Wir haben von Anfang an inklusive Fahrbücherei die 100 angepeilt, sind aber noch nicht ganz am Ziel angelangt“. Bütow selbst bevorzuge meist noch das gedruckte Werk und den Nutzern ihres Hauses geht es offenbar genauso.

Von den 900 registrierten Lesern (2000 inklusive Fahrbücherei) griffen im vergangenen Jahr gerade einmal 85 zu Tablet oder E-Book-Reader. Die Kurve zeigt derzeit leicht nach oben: nach sechs Monaten in diesem Jahr haben bereits 70 lieber über den Bildschirm gewischt als Seiten geblättert. Doch bei unter zehn Prozent Online-Lesern kann mit dem Extra-Service von hausgemachtem Kannibalismus absolut keine Rede sein. Es gehe bei der Onleihe Hand in Hand, und nicht nach einem Entweder-Oder-Prinzip. „Ja genau, das Maskottchen für die Lalita zeigt genau das“, bestätigt Bütow im Gespräch. Das witzige E-Book mit Stift und Buch in der Hand vereine alte und neue Medien. Und apropos Landesliteraturtage: „In der zweiten Augustwoche werden wir das komplette Programm herausgeben“, müssen sich Interessierte noch etwas in Geduld. Die Spannung zum großen Lesefest vom 19. September bis 2. Oktober in Osterburg und Umgebung steigt.

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