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Designernachwuchs Elbe statt Ostsee, Mode-Label statt Praktika

Die Serie "Auf eine Tasse Kaffee" widmet sich heut Gerda-Luise Tetzlaff.

Von Ralf Franke 21.12.2018, 19:00

Seehausen l Manche Frau, die auf der Suche nach einem neuen Kleidungsstück war, aber nicht fündig wurde, dürfte sich insgeheim schon mal gewünscht haben, selbst kreativ zu werden. Gerda-Luise Tetzlaff hat sich diesen Wunsch erfüllt und erfüllt ihn inzwischen auch anderen. Die gebürtige Pasewalkerin, die in Greifswald aufgewachsen ist, folgte im März ihrer Zwillingsschwester an den Aland. Zur Erinnerung: Sophie-Charlotte Tetzlaff übernahm vor gut drei Jahren die vakante Kantorenstelle in Seehausen und hat sich längst in der Altmark eingelebt.

Eigentlich war die frisch studierte Modedesignerin (Burg Giebichenstein), die sich mit 15 Jahren das Nähen beibrachte und nach dem Abitur das handwerkliche Einmaleins als Industrieschneiderin in Leipzig von der Pike auf lernte, auf der Suche nach einer Anstellung. Da sie mit 27 Lenzen aber noch keine 20 Jahre Berufserfahrung vorweisen konnte, und es sich von unbezahlten Praktika schwer leben lässt, folgte sie dem Rat und den Beispielen im schnell gewachsenen Freundeskreis und machte sich selbstständig. Inzwischen lebt und arbeitet sie sozusagen unter dem Dach der evangelischen Kirche als Mieterin im Gemeindehaus am Seehäuser Kirchplatz.

In ihrem Atelier widmet sie sich insbesondere dem sogenannten Upcycling, um aus gebrauchten Textilien, die zu schade für die Tonne sind, neue Kleidungsstücke, Accessoires und dekorative Artikel entstehen zu lassen. Was für Nachhaltigkeit ebenso wie für alltagstaugliche Textilien steht, die eins aber immer gemeinsam haben: Es sind Unikate. Und unter „Tetzlove“ hat sie sogar schon ein eigenes Model-Label gegründet, in dem sie im Internet für ihre Stücke, aber auch für ihr handwerkliches Know-how und inzwischen auch für Nähkurse wirbt.

Auch wenn manche Kunden lieber anfassen und anprobieren, als am Computer auf Einkaufstour zu gehen, strebt die junge Frau keinen eigenen Laden an. Sie will vielmehr versuchen, Boutiquen zu gewinnen, ihre Waren mit ins Angebot zu nehmen. Denkbar wäre indes auch eine Ladenkooperative, wie das „Kunststück“, das in der Vorweihnachtszeit für vier Wochen am Markt seine Türen öffnete. Ein Projekt, das sie mit anderen Damen der Region aus der Taufe gehoben hat und gern weiterentwickeln würde.

Derzeit sieht alles danach aus, als ob sie nach Seehausen gekommen ist, um zu bleiben. Zumal sie sehr gut aufgenommen wurde und viel Hilfsbereitschaft erfahren hat. Nur die Ostsee fehlt der Designerin manchmal. Aber dafür gibt es hier ja die Elbe, meint sie mit einem ansteckendem Lachen.

Und in ihrer Freizeit? Da malt sie gerne. Aber keine Kleider, sondern Menschen. Und – wen wunderte es in einer Familie, wo der Vater Pfarrer und die Mutter Kirchenmusikerin ist – sie spielt Cello. Der eine oder andere wird sie als Musikerin in der Petri-Kirche schon einmal kennengelernt haben.