1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Osterburg
  6. >
  7. Stadträte nehmen Wolf ins Visier

Diskussion Stadträte nehmen Wolf ins Visier

Die Einheitsgemeinde Osterburg nimmt den Wolf ins Visier. Sie erhebt gegenüber der Landesregierung klare Forderungen.

Von Nico Maß 02.06.2017, 09:00

Osterburg l Die vermehrte Ausbreitung des Raubtiers und Vorfälle wie das Eindringen in ein Wildgehege bei Walsleben im August 2016 sowie in ein Gehege am Wolterslager Dorfrand im März 2017 haben im Osterburger Rathaus längst die Alarmglocken klingeln lassen. Aus Sorge, dass der Wolf Jogger, Spaziergänger oder Pilzsammler vom Gang in die Natur abhält und die Lebensqualität der Landbevölkerung beeinträchtigt, macht die Einheitsgemeinde jetzt mobil. Im Zusammenspiel zwischen Bürgermeister Nico Schulz und Ordnungsamtsleiter Matthias Frank entstand der Entwurf einer Stellungnahme.

In diesem Papier warnen die Verfasser davor, dass sich eine Raubtierart, die in Deutschland keine natürlichen Feinde habe, vom Menschen unter einen besonderen Schutzstatus gestellt wurde, unkontrolliert und unplanbar vermehren könne und so letztlich zur Gefahr für den Menschen avanciere. „Werden die Futterressourcen für den Wolf knapp, so wird dieser immer dichter die Ortschaften bestreifen, um Futter zu finden. Zumal der Wolf ja gelernt hat, dass er vor dem Menschen keine Angst zu haben braucht“, heißt es in dem Entwurf. Bürgermeister und Ordnungsamt verweisen in diesem Zusammenhang auf die Haltung europäischer Länder wie Schweden, Norwegen und Frankreich, die für das Vorkommen von Raubtieren wie Bären oder Wölfe bekannt seien. Obwohl in sämtlichen dieser Länder die Besatzdichte des Wolfs schon jetzt deutlich geringer ausfällt als in Deutschland, sei in diesen Ländern seit 2015 bzw. 2017 ein kontrollierter Abschuss des Raubtiers vorgesehen.

Ein weiteres Problem, dass die Osterburger ausmachen: Reißt der Wolf Nutztiere, entstehen den Tierhaltern enorme Kosten. Der Betroffene müsse daraufhin den Nachweis erbringen, dass tatsächlich ein Wolfsriss vorliegt. Erst mit diesem Nachweis könne der Tierhalter gegenüber dem Land eine Entschädigung einfordern. Alles in allem handele es sich um ein zeit- und kostenaufwändiges Prozedere, blickt die Einheitsgemeinde kritisch auf die Regelung.

Der Entwurf der Stellungnahme endet mit sechs Forderungen an die Landesregierung. Sie soll die maximale Besatzdichte des Wolfs in Sachsen-Anhalt ermitteln lassen und ebenso prüfen, ob im Bundesland Wolfsreservate eingerichtet werden könnten. Eine Ausbreitung des Raubtiers außerhalb dieser Territorien sei dann konsequent zu verhindern. Weiterhin wird die Landesregierung aufgefordert, sich auf Ebene der Europäischen Union für eine Gesetzesänderung einzusetzen, um den Wolf ins Jagdrecht aufnehmen zu können.

Bei Schadensfällen, die durch Wölfe verursacht wurden, sei betroffenen Personen und Betrieben eine auskömmliche Entschädigung zu zahlen. Gleichfalls seien Schäden, die durch Wolfsrudel im Ackerbau entstehen und derzeit vom Jagdpächter erstattet werden müssen, vollständig zu ersetzen. Schließlich fordert die Einheitsgemeinde von der Regierung, die von ihr vorgebrachten Hinweise in den vom Landwirtschaftsministerium erarbeiteten Entwurf der sogenannten Leitlinie Wolf einzuarbeiten.

Ob sich die Politiker der Einheitsgemeinde hinter den Forderungskatalog aus dem Rathaus stellen, entscheidet sich in den nächsten Tagen. Gestern Abend befasste sich der Ordnungs- und Sozialausschuss mit dem Entwurf, am 8. Juni wird er im Hauptausschuss zum Thema. Stimmt der den Aussagen in dem Papier zu, könnte die Stellungnahme am 15. Juni vom Stadtrat beschlossen werden.