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Eschensterben Gegen den Pilz ist kein Kraut gewachsen

In einem großen Waldstück bei Priemern in der Altmark sorgt ein Pilz für das Sterben von Eschen.

Von Ralf Franke 24.12.2016, 00:01

Priemern l  Dass einheimische Arten Konkurrenz bekommen, ist die harmlose Variante. Mitunter droht durch die biologische Invasion der Totalverlust bei den Alteingesessenen. So wie beim Falschen weißen Stengelberchen, bei dem es sich um einen aus Asien eingewanderten Pilz handelt, der für das sogenannte Eschentriebsterben verantwortlich ist. Der ungebetene Gast wurde vor knapp zehn Jahren das erste Mal in Süddeutschland registriert und ist vor ein paar Jahren in der Altmark angekommen. Ein Kraut ist gegen den Schädling, der auf dem Luftweg übertragen wird, noch nicht gewachsen. Es gibt allenfalls vereinzelt ein paar Bäume, die eine Resistenz entwickelt haben. Von Eschen-Neupflanzung raten Experten deshalb momentan ab.

Im Revier Bretsch sorgt der Pilz derzeit für besondere Aufmerksamkeit. Nachdem aus einem rund 20 Hektar großen Waldstück bei Priemern vor zwei Jahren schon einmal befallene Bäume (rund 200 Festmeter) entfernt wurden, lässt Förster Matthias Thiede in Abstimmung mit dem Waldbesitzer jetzt alle Eschen aus dem Flurstück – es dürften um die 800 Festmeter zusammenkommen – entfernen, weil eine Rettung für die Bäume nicht in Sicht ist und das Hartholz mit fortschreitendem Befall immer mehr an Wert verliert.

Auch wenn Otto-Normalverbraucher eine Esche in der Natur vielleicht nicht auf Anhieb erkennt, hat sie doch fast jeder schon im wahrsten Sinn des Wortes in den Händen gehalten. Nämlich als Gerätestiel von Werkzeugen für Garten, Bau und Werkstatt oder auch als Teil eines Spiel- und Sportgerätes. Ihre Elastizität, Stabilität und Vielseitigkeit machte die Esche dazu über Jahrhunderte für den Bau von Möbeln, Dielen sowie Treppen oder als Industrieholz für Spanplatten unentbehrlich, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Für die energetische Verwertung ist das Holz eigentlich zu schade. Aber auch das ist bei fortschreitendem Befall nicht auszuschließen.

Um den Wertverlust in Grenzen zu halten und weil die Revierförster ihre Augen nicht überall haben können und noch auf viele andere Schädling und Krankheiten achten müssen, nimmt Thiede deshalb auch die Waldbauern mit in die Pflicht, damit sie nach verdächtigen Eschen Ausschau halten. Das gelingt vor allem mit einem Blick gen Himmel. Denn, wie es die Krankheit schon sagt, sind die ersten Anzeichen an den jungen Trieben zu erkennen. Heißt mit der Zunahme an absterbenden Zweigen wird die Krone immer lichter. Wenn sich der Pilz weiter ausbreitet, der Stamm die typisch rötliche Färbung angenommen hat, die Esche immer weiter geschwächt wird und sich nicht mehr gegen andere Krankheiten oder Fraßgemeinschaften wehren kann, sind die Messen sozusagen gesungen. Dann bekommt der Waldbesitzer den Schaden auch schmerzlich zwischen Daumen und Zeigefinger zu spüren.

Bei dem befallenen Waldstück gibt es trotzdem Positives zu vermelden. Obwohl sich die Eschenstämme auf der benachbarten Wiese zwischenzeitlich bergeweise auftürmten, droht der Fläche kein Kahlschlag. Der Boden im Überschwemmungsgebiet es Zehrengrabens ist von guter Qualität, der Baumbestand mit anderen Laubhölzern von Naturverjüngung bis zum Altbaum gut durchmischt, so dass keine waldbaulichen Maßnahmen nötig sind. Und wer weiß, vielleicht entwickelt sich in den Reihen der Sämlinge doch noch eine Eschen-Generation, die dem Pilz aus Asien Paroli bieten kann.