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Fähre Gut gelaunt über die Elbe schippern

An der Elbe bei Sandauerholz geht es derzeit hoch her, bei Roland König läuft es aber wie am Schnürchen. Feiertagsdienst, das kennt er.

Von Astrid Mathis 27.12.2017, 00:01

Sandauerholz l Gut gelaunt setzt der Tangermünder die Leute über. Von Hektik ist auf der Fähre keine Spur. Im Gegenteil. Die Gäste fahren runter, wünschen schon mal „Frohe Weihnachten!“ und „Guten Rutsch!“

Zu viert teilen sich die Kollegen den Dienst, nach acht Stunden ist Schichtwechsel. „Man gewöhnt sich an alles“, bemerkt König schmunzelnd. Am meisten ist im Sommer los, teilweise kommen allein 40 Radfahrer am Tag, dann noch die Motorradfahrer. „Weihnachten und Silvester rechnen sich für die Stadt nicht. Meist wollen die Leute ab Mittag übersetzen und nur vereinzelt“, fasst der 62-Jährige zusammen, „aber die Fähre fährt dann eben aus Kulanz.“

Seit drei Jahren ist Roland König fest auf der Sandauer Fähre anzutreffen. Zuvor war er dort oder in Räbel oft eingesprungen. Schon lange wollte er in Wohnortnähe arbeiten.

Für ihn lag schon als kleiner Junge auf der Hand, dass er auf dem Wasser tätig sein wollte, als die großen Schleppzüge in Tangermünde an ihm vorbeischipperten. „Das machst du auch mal, wenn du groß bist“, hatte er sich gesagt. Und genauso war es gekommen. 1972 Ausbildung in der Schifffahrtsschule in Schönebeck. 1976 machte er seinen Schiffsführer. Jahrelang war Roland König in der Binnenreederei unterwegs, tourte durch Deutschland, Tschechien, Polen.

1990 begann er im Fährbetrieb. Er wollte es ruhiger angehen lassen. Anfangs traf man ihn regelmäßig auf der Fähre Arneburg an. Zwischen 2002 und 2003 wurde der Altmärker auch schon in Sandau eingesetzt, aber erst vor drei Jahren hieß es für ihn endgültig: Sandau. Dazwischen half er in Räbel und Sandau zeitweise aus, unter anderem 2013 während des Hochwassers. Im Bereich Fahrgastschifffahrt sammelte er an der Havel, am Kanal in Magdeburg, an der Elbe und Grieben-Ferchland Erfahrungen. Täglich andere Gesichter.

Jetzt ist das anders. Er kennt die Leute. Morgens um 5 Uhr warten schon die Verkäufer, die in Havelberg um 6 Uhr mit ihrem Dienst beginnen, und auch der Mitarbeiter, der in Iden die Kälber versorgt, die Schichtarbeiter... Zwischen 15 und 17 Uhr ist der Ansturm wieder groß, der Feierabend ist ran, und die Fähre pendelt ohne Pause.

50 Firmen nutzen den Transfer und sind farblich in Heftern geordnet. „ALBA hat gelb“, bemerkt Sven Lanks, der für seine kranken Kollegen eingesprungen ist und von Seehausen nach Havelberg muss. Zwei Mal in der Woche setzen in der Regel die Mitarbeiter von ALBA über, „aber wenn OST Bau was baut, ist so ein Abrechnungshefter schon nach zwei, drei Tagen voll“, gibt König zu bedenken.

Doch nicht nur große Firmen sind dankbar für die Zeitersparnis. Susanne Figueiredo vom Naturerlebnishof Vielbaum war nämlich in heller Aufregung, weil die Räbeler Fähre nicht fuhr, an der Wolfgang Schröder ihr vom Gülper See/Brandenburg für ihre Weihnachtsgäste frischen Fisch zukommen lassen wollte. Wegen des Hydraulikschadens disponierte Schröder um und fand in dem Sandauer Fährmann einen guten Ersatz. „Das machen die Fährmänner toll“, lobte Susanne Figueiredo und schnappte ihre Kiste voller Zander und Flussbarsche. Produkte aus der Region hat sich der Erlebnishof schließlich auf die Fahne geschrieben, und so spart sie Zeit und Überfahrt. „Ja, wir übernehmen auch gern Botengänge. Warum nicht?“ kommentiert König.

Die Handgriffe sitzen: Winde und Schranke bedienen, Auffahrrampe, Beleuchtung aktivieren, dazwischen Abkassieren, Botengänge erledigen. Wenn Zeit ist, beißt der 62-Jährige in die Stulle. Ente oder Gans gibt es Weihnachten zu Hause, da schleppt er nichts mit. Auch am Neujahrstag, wenn er wieder Feiertagsdienst hat, wird der Heringssalat zu Hause gegessen. Krank wird er selten, man braucht ja nur die richtige Kleidung und darf nicht aus Zucker sein.

Schiffsreisen kommen für ihn im Urlaub übrigens nicht in Frage, lieber fliegt er bei Schietwetter in Deutschland in den Süden. In Rente will er vor dem 65. Geburtstag nicht gehen. Der Tangermünder ist gern unter Leuten. „Zu Hause fällt einem doch nur die Decke auf den Kopf“, sagt er. Hobbys? Angeln! Natürlich an der Elbe.