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Flüchtlinge Das Zusammenleben funktioniert

In Osterburg funktioniert das Zusammenleben mit den Flüchtlingen gut. Davon ist Bürgermeister Nico Schulz überzeugt.

Von Nico Maß 19.02.2016, 00:01

Osterburg l Am 23. September 2015 platzte der Saal des Verwaltungsgebäudes fast aus allen Nähten. Knapp fünf Monate später sind die Sitzreihen im Versammlungsraum wieder gut gefüllt. An den Andrang im Herbst des Vorjahres kommt am Mittwoch die zweite Bürgerrunde zur Flüchtlingsaufnahme aber nicht heran. „Weil sich die Unsicherheit und Aufregung um das Thema ein Stück weit gelegt hat“, glaubt Bürgermeister Nico Schulz.

Tatsächlich fällt auch die Zahl der in Osterburg und Walsleben wohnenden Asylbewerber kleiner aus als damals angekündigt „Im Frühherbst war von 200 bis zum Jahresende die Rede. Stand jetzt sind wir bei 83 Personen“, sagt der Bürgermeister. Schulz hat sie alle persönlich kennengelernt. Die Flüchtlinge, unter ihnen Handwerker, Geschäftsleute, Bauern oder Jugendliche mit dem Wunsch nach einem Studium, habe er als sehr freundlich empfunden. „Sie sind dankbar für unsere Hilfe. Und sie nehmen sie auch an.“ Die Integrationsbemühungen laufen jedenfalls nicht ins Leere.

Das fängt schon bei den Jüngsten an. Flüchtlingskinder besuchen Tagesstätten und Schulen. Und eignen sich schnell deutsche Sprachkenntnisse an. Einige seien bereits so weit, dass sie für ihre Eltern dolmetschen, erzählt Nico Schulz. Gern machen Flüchtlingsfamilien auch von einem Angebot Gebrauch, dass ehrenamtliches Engagement auf die Beine stellt. An zwei Tagen in der Woche vermittelt ihnen eine Lehrerin Grundkenntnisse der deutschen Sprache.

Dass sich Flüchtlinge einbringen und integrieren wollen, war selbst auf Grünanlagen nachzuvollziehen. Drei junge syrische Männer gingen dort Stadtgärtner Ulf Garlipp zur Hand. Die auf drei Monate und 168 Stunden (Lohn: 1,05 Euro pro Stunde) befristete Maßnahme ist jetzt beendet. „Es lief viel besser, als ich erwartet habe“, sagt Ulf Garlipp. Er hat die drei Männer als „freundlich und fleißig“ kennengelernt. Sein Fazit: „Ich würde sie wieder nehmen.“

Die Betreuung der Flüchtlinge ist Sache des Landkreises. „Aber der hat nur einen Sozialarbeiter für 100 Personen. Das kann nicht gehen“, sagt Claudia Kuhn. Die Pfarrerin steht einer siebenköpfigen Familie als Patin zur Seite. „Es sind sehr herzliche Menschen“, erzählt sie unter dem zustimmenden Nicken der Familienpaten Horst Guse und Rainer Moser: „Wie die neuen Bewohner unsere Stadt sehen? Dazu genügen ihnen zwei Worte: Osterburg gut!“

Auch die Walslebener Ortsbürgermeisterin Christine Klooß spricht über ihre Erfahrungen. In ihrem Dorf wohnten bislang fünf Jugendliche und zwei Familien aus Afghanistan. Jetzt zogen drei weitere afghanische Familien in den Ort. Sorgen macht sich Klooß deshalb nicht. Denn das Beispiel der schon länger in Walsleben wohnenden Flüchtlinge stimmt zuversichtlich. Die sieht Klooß wirklich im Dorf angekommen: Einige der Männer helfen seit kurzem im Ort. Und bald sollen drei Kinder die Kita besuchen.

Sowohl in Walsleben als auch in Osterburg erfahren die Asylbewerber von Einwohnern Unterstützung, freut sich der Bürgermeister. „Weitere Helfer sind aber willkommen. Gleiches gilt für Geld- und Sachspenden wie Haushaltsgeräte, Möbel und Ähnliches“, sagt er. Bekleidung werde dagegen nicht benötigt.

Es gibt aber auch Osterburger, die die Aufnahme von Flüchtlingen skeptisch sehen oder sogar ablehnen. Schulz reagiert deshalb am Mittwoch auf die Befürchtung, mit der Unterbringung der Asylbewerber werde die Kriminalität in Osterburg steigen. „Es gibt von Seiten der Flüchtlinge keine Laden- oder Taschendiebstähle, keine Belästigungen in unserem Hallenbad und auch keine Übergriffe auf Frauen“, betont der Bürgermeister. Und er zählt die drei Vorgänge auf, die in Verbindung mit Flüchtlingen bislang bei der Osterburger Polizei aufliefen. Dabei handelte es sich um eine Auseinandersetzung zwischen deutschen und syrischen Jugendlichen, einen Streit um einen Fahrradständer und um die von einem Deutschen ausgehende Nötigung einer syrischen Frau. Nach Schulz ergreift Herbert Guha, Leiter des Osterburger Revierkommissariats, das Wort. Um etwas klarzustellen: Bei der Polizei werde nichts unterdrückt. „Wenn etwas bei uns angezeigt wird, nehmen wir das auch auf!“

Eine Einwohnerin kritisiert, dass Flüchtlinge an einem Ausgabetag der Tafel bevorzugt worden sein sollen. Für sie habe die Tafel früher geöffnet. Schulz kennt den Vorfall nicht. „Nach meiner Meinung sollten aber alle gleich behandelt werden“, macht er deutlich.