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Gasthaus-Abriss Nach 145 Jahren kommt das Ende

In Rossau verabschiedet sich die frühere Gaststätte aus dem Dorfbild. Das Gebäude wird abgerissen.

Von Nico Maß 18.09.2015, 16:25

Rossau l Am 6. März 1870 nahmen die Carl Friedrich Wilhelm Seifert und seine Ehefrau Maria Dorothea Seifert ihre Gastwirtschaft in Besitz, 145 Jahre später krallen sich die Klauen schwerer Abrisstechnik in das Mauerwerk. Vor wenigen Tagen haben Mitarbeiter einer Stendaler Firma mit dem Rückbau der früheren Gaststätte begonnen. Und schon ist ein Giebel weg, liegen einstige Innenwände frei.

Bernd Drong schaut regelmäßig an der Abrissstelle vorbei. Der Ortsbürgermeister verfolgt mit, wie sich die Hausruine zuerst zum Trümmerhaufen wandelt, bevor sie in den kommenden Tagen ganz von der Bildfläche verschwindet. Dabei kommt auch Wehmut auf, bestätigt Drong. „Ich habe schließlich selbst noch unten an der Bar gesessen“, erzählt er. Durch seine Ehefrau, einer gebürtigen Rossauerin, hatte der heutige Ortsbürgermeister die Gastwirtschaft noch zu ihren belebten Zeiten in DDR-Tagen kennengelernt. Als die Familie Drong Mitte der 90-er Jahre nach Rossau zog, war die Gaststätte dann schon geschlossen. „Aber ich kann nachvollziehen, dass jetzt bei vielen Einwohnern Wehmut aufkommt, weil sie mit der Gaststätte schöne Erlebnisse verbinden.“

Kritik komme aber nicht wirklich auf, mit dem Abriss hadere niemand ernsthaft, glaubt der Bürgermeister. Schließlich war der Zustand des alten Gasthauses nach jahrelangem Leerstand längst baufällig. Schon bevor die Abrisspläne konkret und durch ein Förderprogramm umsetzbar wurden, bestand eigentlich keine Perspektive mehr.

Der Anfang vom Ende der Gaststätte wurde schon kurz nach der Wende eingeläutet, blickt Bernd Drong zurück. „Zuerst befand es sich damals im Eigentum der Treuhand. Erst als die keinen Käufer fanden, ging es an die Gemeinde. Es mag sein, dass der damalige Rat anfangs vielleicht noch ein bisschen zu viel verlangt hat. Jedenfalls kam es nicht zum Verkauf“, erzählt der Bürgermeister. Im Lauf der Zeit setzte der Leerstand der alten Gastwirtschaft immer mehr zu, gleichzeitig ging der Verkaufspreis in den Keller. Zuletztwaren die Rossauer sogar bereit, die Immobilie für einen Symbolpreis abzugeben. „Doch Interessenten, die sich sporadisch bei uns meldeten, haben spätestens dann abgewunken, als sie die Gaststätte selbst gesehen und besichtigt haben“, erinnert sich Drong. Und Pläne, das Gebäude mit seinem großen Saal selbst und für eigene Zwecke herzurichten, landeten spätestens im Papierkorb, als sich die Gemeindepolitiker zum Ausbau des Gemeinschaftshauses an der Stapeler Straße entschlossen. „Das war für die alte Gaststätte ganz sicher das endgültige Aus“, ist der Bürgermeister überzeugt.

Nachdem schon einmal um die Jahrtausendwende Abrissgedanken erwogen wurden und seitdem nie wieder völlig verstummten, kam das Thema mit der Erarbeitung der Investitions-Prioritätenliste für die Einheitsgemeinde Osterburg wieder auf. „Wir haben es auf die Liste setzen lassen“. Ursprünglich habe der Rückbau weit unten gestanden. Doch nachdem Vorhaben verwirklicht wurden und andere Projekte platzten, „rutschte der Abriss immer weiter nach oben.“ Nicht zuletzt dürfte schließlich eine Förderzusage für die Abrissarbeiten den Ausschlag dafür gegeben haben, dass der Rückbau in diesem Jahr über die Bühne geht.

Ist die Gaststätte dem Erdboden gleichgemacht, dürfte Gras über den Standort der früheren Begegnungsstätte wachsen. „Denn es ist Auflage des Förderprogramms, dass das Grundstück für einen Zeitraum von 15 Jahren eine Brache bleibt“, erklärt Bernd Drong. Ein bisschen Begrünung dürfte aber wohl in jedem Fall drin sein. Möglich scheint auch, dass das auf dem gegenüberliegenden Areal befindliche „Schachbrett“ dort einen neuen Platz findet. Selbst potenzielle Häuslebauer müssen das Grundstück nicht aus ihren Gedankenspielen streichen. Denn gibt es ernsthaftes Interesse an der Fläche, hat die Kommune durchaus Optionen, den Grund und Boden vorzeitig aus dem verordneten „Dornröschenschlaf“ zu wecken.