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Gottesdienst Wie die Hirten auf dem Felde

In Osterburg feierten viele Gläubige am 24. Dezember coronabedingt an der frischen Luft.

Von Astrid Mathis 28.12.2020, 00:01

Osterburg l Ein bisschen Stallgeruch war für Pfarrer Gordon Sethge auf dem Anhänger vor dem Großen Markt in Osterburg auch dabei, gab er zu. Familie Ohnesorge sei Dank, dass selbst die Nicolaibläser einen eigenen Wagen bekamen, um die weihnachtlichen Weisen vor prächtiger Kulisse entsprechend zur Geltung zu bringen.

Mit Maske und Abstand, dazu gesichert von Kirchengliedern in orangefarbener Weste, so sah sich Osterburgs evangelischer Pfarrer am Donnerstagnachmittag der Gemeinde gegenüber. „Ja, es ist ein ganz anderes Weihnachten, als wir es kennen. Fehlt nur noch der Glühwein“, bemerkte Sethge schmunzelnd, um der Situation mit Humor beizukommen. Ein anstrengendes, kräftezehrendes Jahr liege hinter uns, „dennoch begehen wir das Fest, weil wir Hoffnung brauchen. Gerade dieser Tage sind viele wütend oder traurig, verängstigt oder besorgt“, sprach Gordon Sethge weiter. „Aber Weihnachten ist das Fest der Hoffnung, der Wärme und Zuversicht, ein Aufatmen.“ Auch Jesus wurde in einer ungewissen Zeit geboren, es war kalt in dem Stall und bei den Hirten auf dem Feld. Für einen Moment wird es still, es erscheint ein Engel mit einer göttlichen Botschaft.

Wie oft hatte Johanna Lessing Maria gespielt, Hirte oder Engel! Jetzt las sie die Weissagung, den Abendhimmel und die Nicolaikirche im Rücken. Ein Krippenspiel gab es „nur“ am vierten Advent. Nicht wie sonst mit zwei Christvespern und Spielen der Christenlehrekinder und der Jungen Gemeinde wurde die Gemeinde weihnachtlich gestimmt - es waren die Nicolaibläser um Kreiskantor Friedemann Lessing, die in die Atmosphäre eintauchen ließen. Mit Liedern wie „Es ist ein Ros entsprungen“ und Stille Nacht“. „Und wer möchte, Mitsummen unter der Maske ist erlaubt“, fügte Sethge hinzu. „Nicht alle Kriege seien beendet, nicht alle Kranken geheilt. Ich wünsche uns allen, dass wir inneren und äußeren Frieden finden.“

In seiner Fürbitte gedachte der Gottesmann vor allem denjenigen, die gerade wenig von Weihnachten spüren, den Kranken und Einsamen, aber auch den Mitarbeitern im Krankenhaus und der Polizei, die zum Schutze aller handeln.

Besonderer Dank galt Familie Ohnesorge für die Anhänger, der Stadt Osterburg für das problemlose Regeln der Formalitäten, den Mitarbeitern, die bei Ab- und Aufbau halfen, Guido Lenzner für Ton und Technik und nicht zuletzt den Nicolaibläsern für die weihnachtlichen Weisen, die noch bis 17 Uhr erklingen sollten. Und schon eilte der Pfarrer zur nächsten Andacht nach Ballerstedt.

So erging es auch Jens Födisch, der sich mit einer Andacht auf dem Erxlebener Friedhof angekündigt hatte. Kirchenälteste Regine Lühe überbrückte die zwanzig Minuten des Wartens. Dann gab es doch noch Krippe und Musik. „Da wir nicht singen, kann ich ihnen meine Lieblingsversion von ,Stille Nacht‘ von Mahalia Jackson vorspielen“, leitete Födisch in Weihnachtsstimmung über.

Vor einigen Tagen bekam er eine Nachricht, in der hieß es: „Wenn wir alle Hygienevorschriften einhalten, kann Weihnachten doch noch gerettet werden. Und ich sage ihnen: Weihnachten muss nicht gerettet werden. Weihnachten ist - so oder so!“