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Gymnasium Unterricht im virtuellen Klassenzimmer

Trotz verschlossener Tore ist der Unterrichtsbetrieb des Osterburger Markgraf-Albrecht-Gymnasiums nicht stillgelegt

Von Astrid Mathis 27.03.2020, 20:00

Osterburg l „Unsere Schüler sind sehr motiviert“, lobt Schulleiterin Elke Hein. Am meisten freute sie sich letzte Woche über die Nachricht eines Schülers der 7. Klasse. Dieser schrieb: „Danke an alle Lehrer von uns hier zuhaus, für ihre ganze Arbeit, Mühe und Hilfe. Wir alle haben das Potential, anderen Menschen eine Freude zu machen. Meist genügt schon ein Lächeln. Das schicken wir Ihnen und hoffen, es kommt an.“

In der Tat bedeutete die Vorbereitung der Hausarbeit am Gymnasium einen immensen Aufwand. Mathias Fritze suchte schon 2017 eine Möglichkeit, wie Schüler parallel arbeiten können, und wurde bei Google fündig. Für seinen Kurs „Wirtschaftslehre“ hatte er das System Google Education/Google Drive seitdem benutzt und auch in Sozialkunde und Informatik eingebunden. Auf der Dienstkonferenz am Montag nach Freitag, 13. März, schlug er vor, alle Fächer einzubeziehen und somit allen ein virtuelles Klassenzimmer zu ermöglichen. Eine neue Art der Aufgabenverteilung. Der Fahrplan war schnell klar: Alle Schüler sollten Montag über die Internetseite des Gymnasiums ihre E-Mail-Adresse angeben. Am selben Tag schulte Mathias Fritze sämtliche Kollegen im Umgang mit der Aufgabenverwaltung auf der Internetseite und am Mittwoch mit dem System des virtuellen Klassenzimmers. Bis Montagabend 20 Uhr waren über 600 Rückmeldungen durch die Schüler erfolgt. Mit einem Dutzend Kollegen machte sich der Informatiklehrer am Dienstag zwölf Stunden an die Arbeit, die Adressen der Schülerinnen und Schüler ab der 5. Klasse in besagtes System einzupflegen. Da sie aber erst ab 7. Klasse umfassend den Umgang mit dem Computer lernen, sollen nur die Schüler ab Klasse 8 mit diesem System arbeiten. Die Jüngeren entnehmen ihre Aufgaben der Homepage.

„Die Quote der aktiven Teilnehmer ist sehr gut. Unter 10 Prozent der Schüler haben sich allerdings noch nicht eingeloggt“, berichtete Mathias Fritze. „Ich kann mir vorstellen, manche denken, dass sie unter den Radar fallen, aber ich sehe alles.“

Auch Schulleiterin Elke Hein äußert sich verdutzt über das Verhalten einiger Schüler: „Ich verstehe nicht, warum sie sich noch nicht angemeldet haben, aber ich hoffe, dass wir die fehlenden Schäfchen in den nächsten Tagen einfangen.“ Im Gegensatz dazu hatten andere Schüler schon an dem Montag ungeduldig gefragt, wo die Aufgaben bleiben, da waren noch nicht einmal die 56 Lehrkräfte geschult. Gerade für die Älteren im Schuldienst entspricht das System Neuland. „Der Einsatz der Kollegen, gerade der jüngeren, der Referendare, ist hoch zu loben. Bei uns herrscht wirklich eine positive Grundstimmung, und das macht mich stolz“, bemerkt Elke Hein anerkennend. Lehrer kommunizieren mit Schülern über E-Mail und kontrollieren die Aufgaben auf neuen Wegen.

Mathias Fritze weiß allerdings auch, was er an seinem Service-Team hat: „Allein wäre das nicht zu schaffen! Meine Kollegen zeigen unermüdlichen Einsatz.“ Täglich fragen Schülerinnen und Schüler nach, wie etwas funktioniert, und finden Unterstützung. Vier bis fünf Lehrer sind immer online für sie da und arbeiten die Fragen ab. In den ersten Tagen kam es noch oft zu Problemen wie falsch geschriebenen Namen oder wie man das Passwort zurücksetzt. Schließlich sind nicht alle PC-Profis. Mittlerweile ist es ruhiger.

Damit es nicht zu ruhig für ihn wird, kündigte Mathias Fritze schon den ersten Live-Klassenunterricht per Internet in seinem Wirtschaftslehre-Kurs an. 90 Minuten. „Ich bin guten Mutes, dass das klappt. Ich müsste in meiner 12. Klasse ja auch noch Vorträge anhören und bewerten“, sagte er vorher. Fünf Kurse und etliche Vorträge später war sein Fazit: „Es klappt! Ein Schüler hat seinen Vortrag sogar im Auto gehalten, weil er zur Kurszeit einen Arzttermin hatte. Es ging um eine Umfrage zur A 14 und lief sehr gut für ihn.“

Von Anfang an hielt Schulleiterin Elke Hein an den Abiturprüfungen fest. In Hessen sind die ersten Prüfungen schon geschrieben, Sicherheitsabstände inbegriffen. Zwei Hamburger Gymnasiasten forderten indessen via Petition ein Umdenken und die Absage aller Abi-Prüfungen. Ihr Vorschlag: den Durchschnitt aus allen Halbjahren der Qualifikationsphase zu bilden. Das ist vom Tisch.

„Der Prüfungszeitraum ist verschoben“, stellt Elke Hein klar. „Es wird zwei Terminreihen für die vier schriftlichen Prüfungen geben.“ Genügend Abstand in Aula und Mensa und Aufsichten für die 64 Abiturienten durch das Personal seien kein Problem.

„Wir sind alle im Lernprozess. Hinweise von Eltern und Schülern werden gern angenommen und umgesetzt“, beruhigt die Schulleiterin.