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Hochwasser Elbanrainer schlagen Alarm

Neue Deiche schützen Elbanrainer vor Hochwassern. Aber nicht alle. Für Werder und Scharpenlohe ist die Überflutungsgefahr größer geworden.

Von Ralf Franke 04.05.2018, 16:44

Beuster l Nach den jüngsten Jahrhundertfluten an der Elbe und ihren Nebenflüssen ist das Land Sachsen-Anhalt mit seinen Hausaufgaben zum Hochwasserschutz weitgehend auf dem Laufenden. Auch im Landkreis Stendal wurden im Flussbereich Osterburg auf der östlichen Seite der Elbe neue Deiche aufgeschüttet, alte ertüchtigt, Schleusen gebaut, Überflutungsgebiete und anderes mehr geschaffen. Doch nicht alle Anrainer profitieren von den Maßnahmen.

In den Beusteraner Ortsteilen Werder und Scharpenlohe ist die Gefahr für Häuser, Leib und Leben jetzt sogar größer. Denn die Deiche, die Beuster und andere Orte im Einzugsgebiet schützen, sind so mächtig geworden, dass alle Häuser in Werder und Scharpenlohe tiefer liegen als erreichbare Pegelstände und damit bei jedem Hochwasser in Gefahr laufen, überflutet zu werden. Das ist keine Vermutung, sondern seit 2013 bittere Realität.

Dabei lebten die Einwohner in Sichtweite zur Elbe lange recht entspannt mit den wechselnden Pegeln des Stroms, weil die Gehöfte auf Erhebungen stehen, um die das Wasser immer seinen Weg suchte, ohne Häuser, Ställe und Scheunen zu erreichen. Das funktionierte über Jahrhunderte. Die ersten Siedler – ihres Zeichens Fischer – hatten die Lage mit Bedacht ausgewählt. Dass die neue Elbe Werder inzwischen nicht mehr südlich, sondern nördlich passiert und dass die Siedlungen einmal zwischen einem Deich und dem drittlängsten Strom Deutschlands liegen würde, war im 13. Jahrhundert kaum vorhersehbar.

Was die Sache noch schlimmer macht: Versicherungen werden inzwischen nur noch zu kaum finanzierbaren Konditionen angeboten. Und das Land hat angekündigt, keine Mittel mehr für Flutopfer bereitzustellen. Womit Leute, die bewusst in von Fluten gefährdeten Gebieten wohnen wollen und Leute, die erst durch den Hochwasserschutz in eine Gefahrenlage gekommen sind, auf eine Stufe gestellt werden.

Kein Wunder, dass die Einwohner beunruhigt sind. Schließlich ist es keine Frage, ob das nächste Hochwasser kommt, sondern wann. Außerdem monieren die Betroffenen, dass ihnen im Hochwasserfall zusätzlich das Leben schwer gemacht wird, weil sie mit ihren Booten nicht mehr am Deich anlegen sollen und die Parkmöglichkeiten für ihre Autos eingeschränkt würden, was das tägliche Pendeln und die Versorgung mit Waren des täglichen Bedarfes bei Flut zusätzlich erschwere.

Pfarrerin i. R. Veronika Be­necke aus Beuster, als Ex-Stadträtin auch mit kommunalpolitischen Belangen vertraut, stellte Kontakt zum Seehäuser Verbandsgemeindebürgermeister her. Rüdiger Kloth holte für einen Vor-Ort-Termin mit Betroffenen am Donnerstagnachmittag in Werder den Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) sowie die Wasserwehr mit ins Boot.

Die Runde endete erwartungsgemäß ergebnisoffen. Aber der gemeinsame Gedankenaustausch wurde nichtsdestotrotz wohlwollend wahrgenommen, auch wenn LHW-Flussbereichsleiter Hans-Jörg Steingraf keine zeitnahen Zusagen für Schutzmaßnahmen machen konnte. Zumindest ließ er durchblicken, dass es Pläne gebe, Werder und Scharpenlohe mit einem eigenen Deich zu schützen – was allerdings seinen Preis hat. Bis 2020 genießen auch deshalb erst einmal andere Projekte Vorrang. Und zu Papier ist für Werder sowie Scharpenlohe auch noch nichts gebracht.

Rüdiger Kloth konnte zumindest vermelden, dass die Wasserwehr in diesem und im kommenden Jahr kräftig aufgerüstet wird. Insbesondere das kürzlich angeschaffte große Landungsboot kann und wird im Katastrophenfall wertvolle Dienste vor Ort leisten.

Im Übrigen trennte sich die Runde in der Absicht, zweigleisig beim Land wegen des drohenden Notstandes Druck zu machen. Wobei die Betroffenen dem Rat von Wasserwehrleiter Horst Sandmann folgen wollen, sich über ihren Forderungskatalog zu einigen, um mit einer Stimme dafür um so kräftiger zu sprechen.

Eine erste Petition werden die Anwohner Ministerpräsident Reiner Haseloff in die Hand drücken, wenn er im Sommer zu einem Konzert in die Nikolauskirche kommt. Kloth will sich inzwischen dafür stark machen, dass der Landesvater vielleicht genug Zeit mitbringt, um sich über die Situation in Werder und Scharpenlohe zu informieren.