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Hoftheater  Werben führt die Habgier vor

Das Hoftheater Werben ist abermals über sich hinausgewachsen. In dritter und letzter Vorstellung der Komödie "Volpone".

Von Karina Hoppe 14.07.2019, 23:01

Werben l Zweigeteilt das Bühnenbild, rechts hinterm Vorhang Volpone. Ein reicher Bewohner Venedigs, ein Levantiner, der sein Geld noch mehren will und deswegen die Kunde von seinem nahestehenden Tod verbreiten lässt. In genanntem Bühnenbild links neben dem Vorhang Mosca, Volpones Schmarotzerchen, der seinem Herrn hilft, die Lügen zu verbreiten, was herrlich komisch wird. Denn ob der gewissenlose Notarius Voltore (Jochen Hufschmidt), der alte Geizhals Corbaccio (Gerhard Seidel) oder der habgierige Kaufmann Corvino (Margret Zwinzscher) – alle drei lassen sich in Hoffnung auf die alleinige Erbschaft zum Narren halten.

Das Werbener Hoftheater alias „Dilettantengesellschaft Altmärkisches Treibgut“ hat mit Ben Jonsons Komödie „Volpone“ etwas Neues ausprobiert. Insofern, als Jonson ein Zeitgenosse Shakespeares war, das Stück also nicht biedermeierlich ist, zumal sich die Werbener für ihre Proben die Bearbeitung von Stefan Zweig zur Hand nahmen. „Das war mal eine nette Abwechslung“, sagt Anna Radtke, die den Mosca spielte und als solcher den meisten Text für das Zweieinhalb-Stunden-Stück einstudieren musste. Vor dem Hintergrund, dass der Arbeitskreis Werbener Altstadt (AWA) parallel zu den Proben auch noch sein Café Lämpel öffnete, sei dies für AWA-Mitglied Anna Radkte nicht weniger als ein ziemlicher Kraftakt gewesen. Aber ein herrlicher auch, wenn man alleine die ganzen Schimpfwörter betrachtet. Der „stinkende Geilbock“ war ja noch harmlos.

„Er hält nur den für einen Freund, der ihm etwas schenkt“, sagt Mosca im Stück. Und die habgierigen Herren drehen durch: Corvino, obwohl unheimlich eifersüchtig, setzt seine schöne Frau Colomba (Conny Lepert) an Volpones vermeintliches Sterbebett, Corbaggio enterbt gar seinen Sohn Leone (Elisabeth Gellerich), macht Volpone zum Alleinerben, damit dieser davon so gerührt sein möge, dass er wiederum Corbaccio zu seinem Alleinerben macht. Wie gewieft, Volpone würde ja gleich sterben, oder?

Pustekuchen! Es kommt zum Tribunal, denn Volpone, der in Anbetracht der schönen Colomba wieder lebendig wird, treibt es zu weit. Er will Unzucht mit ihr, Leone bemerkt dies und haut dazwischen. Doch weil der Notarius gerissen ist und eine Krähe der anderen kein Auge auskratzt, muss am Ende Leone an den Schandpfahl, ist Volpone qua Gesetz ein ehrenwerter Mann, doch er will mehr. Mehr Böses!

Der Intrigant lässt verbreiten, er sei gestorben, will sich daran ergötzen, wie die anderen bei Testamentsöffnung enttäuscht werden, weil Volpone zum Spaß Mosca als Alleinerben eingesetzt hat. Das funktioniert auch, aber der ganze Schwindel fliegt doch noch auf. Man einigt sich: Alleinerbe Mosca verspricht den Erbschleichern, ihnen mehr als sie Volpone gaben wieder zurückzugeben. Am Ende lacht aber doch nur Mosca, denn er hat Volpone mit dessen vorgetäuschtem Tod in der Hand. Käme heraus, dass er noch lebt – Leone würde ihn aus Rache ermorden. Und das will selbst der Reichste nicht. Da wird er lieber arm. Und Mosca reich. Zwischendrin grätscht die aberwitzige Hure Canina (Iris Lange) und hat auch Kerstin Mellenthin als Diener und Wachtmann Auftritte.

Gregor Richter (12) war beglückt von der Vorstellung. „Sie haben so toll gespielt, so frei. Die waren mindestens genauso gut wie ein Profitheater. Nach der Sommerpause macht sich dieses schon ans nächste Stück: für den Biedermeier-Christmarkt.